«Nachhaltigkeit wird grösstenteils sehr oberflächlich behandelt»
Vegetarisch, regional oder saisonal? Bei der Verpflegung auf Events kehrt man aktuell häufig zu Altbekanntem zurück. Wie Foodkonzepte heute gestaltet werden, weiss Jürgen Sperber, Direktor Deutschschweiz der PHAR SA.
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Jürgen Sperber (Foto: zVg)
Innovation ist immer ein grosses Wort: Was ist heutzutage ein innovatives Foodkonzept?
Jürgen Sperber: Die letzten grösseren Innovationen liegen schon eine Zeit zurück, es waren zuletzt die 1990er mit Molekularküche. Am aktuellsten ist das Thema Planted: Planted und Vegan sind derzeit gross im Rennen, sie bedienen aber auch nur eine bisher sehr kleine Nische. Innovativ ist für mich heute das Zusammenspiel aus zeitgemässem Auftritt und der dazugehörenden Dienstleistung, sowie die «Special Interest's» zu berücksichtigen und wertzuschätzen.
Diese können vorab bei den Teilnehmenden abgefragt werden, oder man notiert diese Interessen schon im Vorfeld aufgrund der persönlichen Kenntnisse. Bei Buffets ist das natürlich einfacher zu bewerkstelligen, bei Menüs sollten die Gäste nicht befragt werden, sondern diskret ihre korrekte Menüwahl ohne weitere Kommunikation erhalten. Also farbliche Punkte am Stuhlrücken, Namenslisten für den Service usw. Vor allem sollten diese Ausnahmen vollwertig und kreativ sein, nicht eine lästige Zusatzaufgabe.
Wie lässt sich Nachhaltigkeit konkret in ein Foodkonzept integrieren?
Nachhaltigkeit ist ein sehr grosses Wort, was insbesondere in der Gastronomie noch grössenteils sehr oberflächlich behandelt wird. Es ist also nicht nachhaltig, wenn ich mit regionalen Lieferanten werbe, aber die Waren dort nur Handelswaren sind, welche über dieselben Wege kommen wie im Cash & Carry. Man bewirbt Nachhaltigkeit, legt dann aber den Portions-Rahm dazu.
Mein Tipp für ein nachhaltiges Foodkonzept an Ihrer Veranstaltung: Führen Sie ein Gespräch mit dem Gastronom oder der Gastronomin und gehen Sie in die Details. Sie werden schnell merken, wie gut der Betrieb damit umgeht oder welche Möglichkeiten Sie haben.
Welche Rolle spielen Food-Trends wie «Zero Waste» oder «Plant-Based» bei der Planung?
Diese Foodtrends sind sehr stark in den Medien, im Alltag finden sie deutlich weniger statt. Die Themen Nachhaltigkeit, Zero Waste, Planted etc. sind teurer als die Budget-Linie mit hohem Convenience-Grad. Ob der Kunde bereit ist hierfür mehr zu bezahlen ist eher – und leider – die Ausnahme. Sie kennen Ihre Gäste besser als der Veranstalter, daher sollten Sie diese entsprechenden Bedürfnisse analysieren und dementsprechend bei Ihrer Planung einfliessen lassen.
Sollten kulturelle oder lokale Einflüsse bei einem Konzept berücksichtigt werden?
Mein Herzensthema, denn ich finde: auf jeden Fall. Wie oft hatte ich das Erlebnis, in eine Schweizer Region zu fahren die für ihre Spezialitäten bekannt ist und dann Sushi in der Vorspeise zu bekommen und das internationale Irgendwas zum Hauptgang. Die Schweiz ist bekannt für ihre kulinarische Vielfalt und ein Event in Graubünden ohne Capuns oder Pizokel ist für mich nicht vorstellbar. Und zwar eben genau dann, wenn Gäste aus anderen Regionen oder dem Ausland eingeladen sind. Die Religion oder die Überzeugungen beim Essen sollten unbedingt abgefragt und berücksichtigt werden.
Wie kann ein Foodkonzept verschiedene Zielgruppen (Veganer, Karnivoren etc.) gleichzeitig ansprechen?
Hier haben die Köchinnen und Köche wirklich einen deutlich komplexeren Beruf als zu den Zeiten, als ich in die Lehre gegangen bin. Damals gab es keine Ausnahmen, heute eine Vielzahl davon. Bei Buffetts ist dies einfacher als bei einem gesetzten Menü. Mehrere Foodtrucks können die Interessen in Summe auch gut bedienen. Soll es doch ein Menü werden ist eben die Kommunikation im Vorfeld wichtig. Bevor man am Ende zu viel Waste produziert, fragt man seine Gäste individuell ab und kann Sonderwünsche auch namentlich zuordnen.
Welche Foodkonzepte haben sich als besonders erfolgreich erwiesen – und warum?
Bei der Beantwortung dieser Frage tue ich mir schwer. Das Konzept wird durch die Gäste, das Budget und die Location vorgegeben und der Spielraum ist dann das Highlight ihrer Kreativität. Früher beispielsweise gab es keine Foodtrucks; einen grossen Event an einem schönen freien Platz im Sommer als Food Truck Party zu organisieren, hat aber schon etwas für sich. Oder eine Gala mit Live Band – wer leistet sich heutzutage noch so etwas. Falls Sie ein gutes Budget haben überraschen Sie damit. Die Gäste werden es nicht vergessen.
Welche Kostenfaktoren sind bei der Planung eines Foodkonzepts zu beachten?
Zuerst steht das Budget eines Events. Dann die Frage, was ich damit erreichen möchte. Sicherlich ist es ungünstig für eine Live Band ein Vermögen auszugeben und dann Wurst und Pommes zu servieren, ein top Essen ohne Stimmung ist aber genauso falsch. Dem Prinzip «Weniger ist Mehr» in der Auswahl kann man sicherlich folgen. Sind die Hauptausgaben definiert, liegen jedoch in den Details grosse Überraschungen bei der finalen Rechnung: Nachtzuschläge, Hussenzuschlag und andere Punkte, die in die Pauschale nicht eingerechnet werden. Ich selbst habe aktuell den Fall, dass ein Hotelier Tonic Water nicht als Softdrink wertet und nachträglich aus der Pauschale genommen hat. Deshalb ist mein Tipp: Je mehr Sie pauschalieren können, um so besser die Kontrolle bei Budgeteinhaltung.
Mehr zum Thema Foodkonzepte lesen Sie im Artikel aus dem Magazin 1/2025.