«Glück ist kontextabhängig und wandelbar»
Was macht Glück aus und wie findet man es für sich selbst? Diesen Fragen geht Silke Heimes in ihrem neuen Buch auf den Grund. Im Interview mit Miss Moneypenny klärt sie die Definition von Glück.
Silke Heimes (Foto: Christoph Rau)
Glück ist von unserer Einstellung abhängig, zitieren Sie in ihrem Buch Maike van den Boom. Was heisst das konkret?
Silke Heimes: Glück ist ja keine feste Grösse und bedeutet für jeden etwas anderes. Es ist kontextabhängig und wandelbar. Ein gebrochenes Bein mag bei einer Olympiateilnahme ein grosses Unglück sein, wenn man hingegen in den Krieg eingezogen werden soll, ist es vielleicht ein grosses Glück. Oder wenn man seinen Arbeitsplatz verliert, scheint das erst einmal ein Unglück zu sein, aber vielleicht macht es einen auch frei für einen besseren, was dann Glück bedeutet. Ob wir drei Mahlzeiten täglich als selbstverständlich nehmen oder als Glück empfinden, hängt ebenfalls von unserer Einstellung ab.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht: Sind wir Mitteleuropäer im Durchschnitt unglücklicher als andere Kulturkreise? Und: Woran kann das liegen?
Ich denke, Glück hat viel mit Bewusstheit und Dankbarkeit zu tun. Die meisten Mitteleuropäer haben sehr hohe Erwartungen an das Leben und Glück, sodass wir das kleine Glück manchmal verpassen oder nicht würdigen: freier Zugang zu Trinkwasser, ein Dach über dem Kopf und ausreichend zu essen – für die meisten Menschen auf der Welt leider nicht selbstverständlich. Schon, dass wir in einem Land leben, in dem kein Krieg herrscht, empfinde ich als Glück.
Was sind die häufigsten Missverständnisse über das Konzept des Glücks?
Dass das Glück von aussen auf uns zukommt und dauerhaft ist. Dass man es einmal finden muss und dann für immer behält. Dass man des einen ganz grossen Glückes bedarf, statt der vielen kleinen Augenblicke, aus denen es sich zusammensetzen könnte.
Welches Ziel verfolgen Sie mit den Übungen in Ihrem Buch? Welche Schlussfolgerungen wünschen Sie sich für eine Leserin oder einen Leser?
Ich wünsche mir, dass die Leserinnen und Leser sich selbst immer besser kennen und verstehen lernen, erfahren und erleben, was sie glücklich macht. Denn es reicht ja nicht zu sagen, ich wäre gerne glücklich. Ich muss im Gegenteil ganz konkret herausfinden, wie das passieren kann. Was macht mich glücklich? Und weil diese Frage nicht immer leicht zu beantworten ist, nähern wir uns ihr in den Übungen aus unterschiedlichen Richtungen und Perspektiven.
Buchtipp: «Schreib dich zum Glück»
Manchmal ist es gar nicht so einfach, ehrlich auf die Frage «Bin ich glücklich?» zu antworten. Das Buch von Silke Heimes begleitet die Suche nach Antworten. Es lädt ein, sich schreibend den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen zu nähern und so zu erfahren, wie ganz persönliches Glück aussieht. Unterstützt wird der Prozess zusätzlich von einem siebenwöchigen Tagebuch.
«Schreib dich zum Glück»
Silke HeimesVandenhoeck & Ruprecht, 2024
192 Seiten