«Wir brauchen Krisen im Leben»

In Ihrem neuen Buch geht es darum, mit Umbrüchen und Disruptionen fertig zu werden. Wie gelingt das?

Die wichtigste Kompetenz unserer Zeit ist der Fähigkeit zum Umgang mit dem Überraschenden. Wir müssen uns darauf einlassen, dass es immer wieder anders kommt als geplant und dennoch erfolgreich damit umgehen. Das fällt vielen Menschen schwer. Veränderung ist den meisten dann sympathisch, wenn sie die anderen betrifft. Sie selbst wollen ihr möglichst aus dem Weg gehen oder sie aus dem Weg schaffen, denn sie kann anstrengend sein und macht nur Ärger. 

Das ist ja menschlich verständlich. Wie gelingt es, dennoch konstruktiv damit umzugehen?

Je heftiger der Umbruch, desto wichtiger der Perspektivenwechsel: Nicht die Krisen, Umbrüche und Herausforderungen diktieren unser Leben, sondern wie wir darauf reagieren. Es geht darum, meine Wahrnehmung zu schärfen. Viele unserer Reaktionen scheinen automatisch durch andere Menschen oder Umstände ausgelöst zu werden, haben ihren Ursprung aber in uns selbst. Deshalb sollten wir uns einer sehr wichtigen Sache bewusst werden: Was uns widerfährt, können wir oftmals nicht wählen. Wie wir darauf reagieren, schon. Das ist die Botschaft. 

Wie setze ich das um?

Alles beginnt mit Bewusstheit. Das ist eine echte Superkraft. Bewusstheit und sich Zeit für die Kontemplation und Stille nehmen. Genau das hat Seltenheitswert in unserer Welt des überspannten Sofortismus. Das korrespondiert mit einer weiteren Superkraft: Eigenmacht - also Verantwortung für das eigene Tun und Unterlassen zu übernehmen. Das schmeckt nicht jedem, aber Eigenmacht gehört zum Erwachsensein, genauso wie die Superkraft der Entschiedenheit. Das aus Entschiedenheit geborene Ja und Nein als Kompass für den eigenen Weg ist ungeheuer kraftvoll. 

Haben Sie konkrete Tipps, wie man den kleinen und grossen Umbrüchen mit Gelassenheit begegnet und sich dabei selbst weiterentwickelt?

So paradox es klingt, aber wir brauchen Krisen im Leben. Sie haben eine Entkalkungsfunktion. Sie zwingen uns zum Lernen und zur Weiterentwicklung. Ein echter Gamechanger in diesem Zusammenhang ist die Superkraft der radikalen Akzeptanz. Wer diese Superkraft in seinem Leben zulässt, öffnet die Tür zum gelasseneren Umgang mit der Situation und befördert zudem die eigene Entwicklung. Es war ein Befreiungsschlag, als ich in der Zeit des tiefen Umbruchs in meinem Leben die Erwartungshaltung abgelegt habe, wie die Situation sein sollte. Das hat mich von meinem inneren Widerstand befreit, der nur runterzieht und überhaupt nichts an der Situation ändert. 

Was wird in zehn Jahren noch von Ihrem Buch in Erinnerung sein?

Warte nicht auf das Ende des Sturms der Veränderung, sondern lerne, im Sturm zu tanzen! Das ist die Voraussetzung, um für eine Zukunft voller Unwägbarkeiten gerüstet zu sein.