Über die Zeitzonen hinweg
Wer als Assistenz in einem international tätigen Unternehmen arbeitet, auf den warten ganz eigene Herausforderungen – aber auch unbezahlbare Erfahrungen. Aus dem Leben einer internationalen Assistenz berichten Franziska Damrau, Executive Assistant bei der Agco International GmbH, und Fabienne Urech, Executive Assistant CEO und CFO bei Beyond Gravity.
Fabienne Urech (li.) und Franziska Damrau (Fotos: zVg)
Was reizte Sie an Ihrer Assistenztätigkeit in einem international tätigen Unternehmen?
Fabienne Urech: Dass mein Alltag Unvorhersehbares bereithält. Wenn ich mit Arbeitskolleginnen und -kollegen in einem anderen Land tätig bin, bringt das ganz eigene Herausforderungen mit sich.
Franziska Damrau: Dass ich mit Menschen aus der ganzen Welt kommunizieren kann. Da meine Eltern vor meiner Geburt als Gastarbeitende nach Deutschland kamen, wuchs ich dreisprachig auf und erkannte schon früh, wie spannend mehrsprachige Kommunikation ist.
Wie muss man sich einen Tag in Ihrem Berufsleben vorstellen?
Urech: Für mich ist es ganz wichtig, jeden Morgen als Erstes die Kalender meiner Vorgesetzten zu prüfen und ihren Tagesablauf nochmals zu kontrollieren – wurde über Nacht ein Meeting verschoben oder muss ein Flug umgebucht werden? Sobald die kommenden Stunden abgesichert sind, kann ich mich meinen täglichen Aufgaben widmen. Ich habe viele sich wiederholende Tasks wie beispielsweise Sitzungsvor- und -nachbereitungen, Reiseplanungen, Protokolle und das Abarbeiten verschiedener Mailboxen, aber auch sehr viel Unvorhergesehenes, was mich jeden Tag vor Herausforderungen stellt.
Damrau: Da meine Vorgesetzten und meine Kolleginnen und Kollegen oft international unterwegs sind, plane ich internationale Treffen – von den Reisen über die Buchung von Hotels und Besprechungsräumen bis hin zur Organisation von Restaurants und Transfers. Nebst jenen vor Ort bin ich auch für die Organisation von Onlinekonferenzen via Teams zuständig. Da ist es nicht immer leicht, einen Termin zu finden, der allen internationalen Teilnehmenden gerecht wird. Weiter helfe ich bei der Vorbereitung und der Fertigstellung von Unterlagen und Vorträgen, beim Erstellen von Videobotschaften und bei der internen Kommunikation. Da ich zudem IT-affin bin und gerne mein Wissen teile, werde ich auch häufig um Unterstützung gebeten, wenn es Probleme mit der Konferenztechnik gibt.
Sind Sie selbst auch international unterwegs oder nur vor Ort in der Schweiz tätig?
Urech: Ich bin ausschliesslich in der Schweiz tätig.
Damrau: Sofern ich vor Ort im Ausland behilflich sein kann, reise ich mit, hauptsächlich jedoch innereuropäisch.
Welche spezifischen Fähigkeiten braucht eine international tätige Assistenz?
Urech: Ein grosses Durchsetzungsvermögen, Geduld und räumliches Denken – manchmal ist es gar nicht so leicht, über die verschiedenen Zeitzonen hinweg zu planen, vor allem, wenn viele Personen aus verschiedenen Ländern involviert sind. Auch die sprachliche Barriere kann manchmal eine Herausforderung sein. Wichtig ist, sich selbst zu helfen zu wissen.
Damrau: Es braucht ein Interesse für Menschen und die Fähigkeit, sich auf diese einzustellen. Zudem ist es wichtig, gut vernetzt zu sein. Gerade auch international sind gute Kontakte vor Ort wertvoll, die gegebenenfalls behilflich sind, wenn beispielsweise Flüge in einer weiter entfernten Zeitzone storniert werden. Darüber hinaus hilft es, nebst Englisch noch eine weitere Fremdsprache zu beherrschen.
Wie konnten Sie sich auf Ihre Arbeit als internationale Assistenz vorbereiten?
Urech: Der grösste Teil waren Learning by Doing und ein enger Austausch mit Assistenzkolleginnen und -kollegen. Meiner Meinung nach kann in unserem Beruf so viel Unvorhergesehenes auf einen zukommen, dass man sich nie auf alles vorbereiten kann. Nur nie die Nerven verlieren und vorausschauend denken.
Damrau: Ich erwarb meine Fertigkeiten sowohl via Learning by Doing als auch durch konstante Weiterbildung.
Welche Trends beobachten Sie bezüglich des Assistenzberufs in den verschiedenen Ländern, in denen Sie tätig sind?
Urech: Wenn man die Veränderung der letzten Jahre betrachtet, von der Vorzimmerdame zur selbstständigen Assistenz, sind diese schon sehr massiv, und der Beruf wird sich sicherlich noch weiter verändern. Trotzdem kann ich mir kaum vorstellen, dass eine komplett KI-gesteuerte oder virtuelle Assistenz jemals die Bedürfnisse eines CEO abdecken kann.
Damrau: Interkulturelle Kompetenz und die Fähigkeit, mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zu kommunizieren und zu arbeiten, werden immer wichtiger. Zudem wird KI weltweit den Arbeitsalltag beeinflussen und Remote-Arbeit sowie virtuelle Assistenzen werden zunehmen. Um uns von Letzteren abzuheben, könnten sich Assistenzen künftig stärker auf spezialisierte Bereiche wie Rechtsberatung, Marketing oder Buchhaltung konzentrieren, um eine höhere Wertschöpfung zu erzielen.
Welche technologischen Tools nutzen Sie und wie stark ist KI ein Thema?
Urech: Mein Unternehmen versucht, technologisch stets auf dem neusten Stand zu sein. Unsere Büros sind modern eingerichtet, die Sitzungszimmer für Videokonferenzen und Calls sind technisch auf dem neusten Stand. Fortschrittliche Technologie und KI bergen aber auch Risiken, allein wenn es um den Datenschutz und die Sicherheit geht. Zudem ist ihr Entwicklungsstadium noch zu wenig ausgereift, um sich komplett darauf verlassen zu können.
Damrau: Ich bin sehr an KI interessiert, hatte jedoch aus zeitlichen Gründen noch nicht viele Möglichkeiten, mich damit zu beschäftigen. Das werde ich aber in Kürze noch nachholen.
Wenn Sie heute nochmals den Job wechseln würden: Wäre es immer noch eine internationale Tätigkeit?
Urech: Mir gefällt die Mischung aus beidem. Ich sitze lokal am Hauptsitz und habe viel Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort wie auch mit jenen aus dem Ausland. Spannend sind dabei die kulturellen Aspekte, andere Gepflogenheiten und die ganze Hektik, die ein internationaler Austausch mit sich bringen kann. Ich würde somit nochmals den gleichen Weg einschlagen.
Damrau: Ich wäre immer noch international tätig, da mein Interesse an Sprachen und Kulturen nicht geringer geworden ist. Im Gegenteil: Ich sehe vieles, das ich noch lernen kann.