
«Mit Essen Emotionen wecken»
Die Kulinarik ist das Sahnehäubchen eines Events. Wie innovative Food-Konzepte aussehen können und welche Herausforderungen bei deren Umsetzung auftreten, erklären zwei Fachleute.

Foto: Tamanna Rumee / Unsplash
«Essen ist bei Events der wichtigste Erinnerungsfaktor», sagt Reto Leder, CEO der Trafo Baden Betriebs AG. Es diene nicht nur als Katalysator für Kommunikation und Interaktion, sondern hinterlasse einen bleibenden Eindruck, der eine Veranstaltung unvergesslich mache. Doch was ist aktuell kulinarisch gefragt, und was genau versteht man unter innovativen Food-Konzepten?
«Food-Innovationen bei Events unterscheiden sich deutlich von denen in der klassischen Gastronomie», erklärt Leder. Im Veranstaltungskontext gehe es darum, ein möglichst breites Geschmacksspektrum abzudecken und gleichzeitig kreative Neuinterpretationen anzubieten. Klassiker dürfen dabei gerne aufgepeppt werden, um die Gäste kulinarisch zu überraschen. Ein simples Beispiel? «Ein Käseküchlein mit einem Hauch Trüffelmayonnaise oder ein Schinkengipfeli verfeinert mit einer würzigen Pfeffercrème – so wird aus einem einfachen Häppchen ein kleines Geschmackserlebnis.»
Food-Innovation kann aber noch viel weiter gehen, «beispielsweise mit Live-Cooking-Stationen oder eine ‹Do-it-yourself›-Stationen, an denen die Gäste ihren Taco oder Superfood-Bowl selbst zusammenstellen können», erzählt Isabel Wirth, Geschäftsführerin der «iwents GmbH». Besonders spannend seien auch Virtual- oder Augmented-Reality-Erlebnisse. «Warum nicht einen Smart Food Table einsetzen, auf dessen Oberfläche Menü-Informationen, Nährwerte und sogar Kochvideos projiziert werden?» Aber klar, nicht jede Idee sei für jede Zielgruppe geeignet, betont Wirth. Entscheidend sei daher, die Zielgruppe und den roten Faden in der Konzeptentwicklung im Blick zu behalten – «und die ist nicht immer progressiv eingestellt».
Eine Beobachtung, die auch Reto Leder gemacht hat. So sei eine der grössten Herausforderungen bei der Umsetzung eines innovativen Food-Konzepts, dass die meisten Veranstaltenden, oder deren Vorgesetzte, bei der Auswahl des Caterings nach wie vor eher konservativ seien. «Es braucht noch viel Überzeugungsarbeit, um neue Trends und Food-Innovationen bei Events populär und massentauglich zu machen», sagt Leder.
Doch nicht nur auf Seiten der Veranstalterinnen und Veranstalter gibt es Hürden. Auch die Küchencrews scheuen sich manchmal vor Innovationen, wie Isabel Wirth beobachtet hat. «Innovative Konzepte bedeuten häufig zusätzlichen Aufwand. Wenn in der Eventorganisation eines der Zahnräder nicht bereit ist, Innovationen zu unterstützen, kann das den gesamten Prozess hemmen.» Deshalb seien Flexibilität und Offenheit auf allen Seiten unverzichtbar, um Food-Innovationen erfolgreich umzusetzen.
Karnivoren und Veganer
Flexibilität ist das A und O, wenn es um Food-Konzepte geht. Vor allem, weil diese die unterschiedlichen Zielgruppen gleichzeitig ansprechen müssen. Buffets und Food Festivals bieten hierfür eine ideale Plattform, findet Reto Leder. Doch solche Konzepte haben auch ihre Schattenseiten: «Die Gefahr von Food Waste steigt, da es schwer vorherzusehen ist, welche Buffetstationen bei den Gästen besonders beliebt sein werden.»
Isabel Wirth stimmt dem zu und ergänzt: «Bei einem Food-Truck-Happening mit einer grossen Auswahl an Food & Beverage findet jede und jeder etwas Passendes – von der Smoothie-Bar über Gourmet-Burger bis hin zu veganen oder exotischen Speisen.» Dennoch sei es auch hier entscheidend, stets die Zielgruppe und den Charakter des Events im Blick zu behalten.
Ein Networking-Lunch beispielsweise erfordere eine andere Herangehensweise als ein Networking-Dinner. «Beim Lunch ist das Zeitfenster enger, und das Essen sollte unkompliziert sein. Das Ziel ist es, Gespräche zu fördern, ohne dass man sich Gedanken über Flecken auf dem Hemd machen muss», erklärt Wirth.
Besonders erfolgreich seien Konzepte, bei denen Speisen mundgerecht und mit einer Hand oder einer Gabel essbar sind. Ergänzend empfiehlt sie einen Flying Service, um lange Warteschlangen vor den Buffets zu vermeiden und den Gästen schon beim Anstehen den ersten Hunger zu nehmen. Auf diese Weise werden interessante Gespräche nicht unterbrochen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor sei die visuelle Präsentation der Speisen, denn, so betont Reto Leder, «das Auge isst mit. Das war schon immer so und wird auch so bleiben.» Isabel Wirth ergänzt: «Nicht nur die Optik, sondern auch die Haptik, der Geruch und sogar Geräusche spielen eine entscheidende Rolle für das Gesamterlebnis einer Veranstaltung.»
Nachhaltigkeit ja, aber realistisch
Wenn von Food-Innovation die Rede ist, spielt auch Nachhaltigkeit häufig eine Rolle. «Wichtig ist es jedoch, realistisch zu bleiben», sagt Reto Leder. «Der einzige wirklich grüne Event ist einer, der gar nicht stattfindet.» Trotzdem seien nachhaltige Ansätze und Trends erkennbar. So werde beispielsweise zunehmend von PET-Wasserflaschen auf grosse Wasserspender oder wiederverwendbare Glasflaschen umgestellt.
Auch beim Thema vegetarische und vegane Optionen plädiert Leder für Augenmass: «Weder Caterer noch Locations oder Veranstalter sollten sich zum Ziel setzen, zu missionieren. So wie man niemanden zwingen kann, Fleisch zu essen, sollte man Gäste auch nicht verpflichten, darauf zu verzichten. Eine ausgewogene Menüauswahl ist der Schlüssel.»
Ein weiterer nachhaltiger Ansatz für Isabel Wirth ist das Konzept «Nose to Tail», bei dem möglichst alle Teile der Zutaten verwendet werden – sei es bei Gemüse oder Fleisch. Auch Regionalität und Saisonalität sollten verstärkt in den Fokus rücken. «Lebensmittel mit kurzen Lieferwegen unterstützen nicht nur lokale Produzenten, sondern entsprechen auch den wachsenden Bedürfnissen nach Nachhaltigkeit», erklärt Wirth.
Das Konzept «Zero Waste» indes sei zwar erstrebenswert, in der Praxis des Eventcaterings aber oft schwer umsetzbar. «Während gut organisierte Küchen versuchen, Überschüsse strikt zu vermeiden, haben sie keine Kontrolle über den Appetit der Gäste oder die Anzahl der No-Shows», sagt Leder. Insbesondere letzteres sei ein Problem: Bis zu 30 Prozent der Gäste erscheinen heutzutage nicht zu Veranstaltungen. Zwar könne das Verrechnen von No-Shows eine Lösung sein, das Problem des Food Waste löse es jedoch nicht vollständig.
Von den Kosten
Wie sieht es eigentlich mit den Kosten bei Food-Konzepten aus? «Verschiedene Cateringunternehmen haben unterschiedliche Ansätze bei der Preisgestaltung», erklärt Reto Leder. «Im Trafo Baden arbeiten wir mit Pro-Person-Pauschalen, die Raummiete, Mitarbeitende und Mehrwertsteuer bereits beinhalten.» Dieses Modell habe sich in den vergangenen Jahren als effektiv erwiesen.
Ein bedeutender Kostenfaktor in der Food-Zubereitung sei das Fleisch. «Hier lohnt es sich, Alternativen zu teuren Edelstücken wie Entrecôte oder Rindsfilet in Betracht zu ziehen», sagt Leder. Schmorgerichte mit preisgünstigeren Fleischstücken könnten die Menükosten deutlich senken, ohne dabei an Qualität einzubüssen.
Die Wahl zwischen Buffet und Tellerservice sollte hingegen keinen allzu grossen Unterschied in den Gesamtkosten machen. «Während die Kalkulation beim Tellerservice präziser möglich ist, treiben die höheren Personalkosten für das Serviceteam die Gesamtausgaben in die Höhe. Ein Buffet hingegen spart Personal, lässt aber mehr Spielraum für unvorhergesehenen Verbrauch.»