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Arbeiten im Pensionsalter

Die Erwerbstätigkeit im Pensionsalter gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gründe dafür sind unter anderem eine höhere Lebenserwartung, die gute gesundheitliche Verfassung vieler älterer Menschen sowie der Wunsch nach sozialer Teilhabe oder finanzieller Absicherung.

Mit der Entscheidung, im Referenzalter weiterhin einer bezahlten Arbeit nachzugehen, stellen sich unter anderem verschiedene sozialversicherungsrechtliche Fragen. Diese betreffen insbesondere die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die berufliche Vorsorge (BVG) und weitere sozialversicherungsrechtliche Aspekte. 

Rechtlicher Rahmen 

Das Referenzalter liegt derzeit bei 65 Jahren für Männer respektive 64 Jahren und 3 Monaten für Frauen. Diese Altersgrenze markiert zwar den regulären Zeitpunkt für den Bezug der Altersrente, stellt jedoch kein Erwerbsverbot dar. Wer möchte und kann, darf auch darüber hinaus einer Erwerbstätigkeit nachgehen – sei es im bisherigen Umfang, reduziert oder in neuer Funktion. Dabei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: 

Weiterarbeit nach Rentenbeginn: 

Personen beziehen ihre Altersrente und arbeiten gleichzeitig weiter. In diesem Fall stellt sich insbesondere die Frage, welche Sozialversicherungsbeiträge weiterhin geschuldet sind und wie sich das Erwerbseinkommen auf die Besteuerung und auf andere Leistungen auswirkt.

Aufschub der Altersrente: 

Statt die Rente beim Erreichen des Referenzalters zu beziehen, kann der Rentenbezug freiwillig aufgeschoben werden – für mindestens ein Jahr und maximal fünf Jahre. Während des Aufschubs wird keine AHV-Rente ausbezahlt, dafür erhöht sich die spätere Rente dank eines prozentualen Zuschlags.   

Arbeitsrechtlich bestehen keine besonderen Regelungen für Arbeitnehmende im Referenzalter. Die Bestimmungen des Obligationenrechts, etwa in Bezug auf Kündigungsfristen oder Lohnfortzahlung bei Krankheit, gelten unverändert.  

Die Ausgestaltung der Weiterarbeit erfolgt im Einvernehmen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Es bestehen zwar keine gesetzlichen Verpflichtungen zur Weiterbeschäftigung im Referenzalter, flexible Modelle sind aber zunehmend verbreitet – wie befristete Verträge oder reduzierte Pensen. 

Auswirkungen auf die AHV 

Auch nach Erreichen des Referenzalters unterliegt das Erwerbseinkommen grundsätzlich der AHV-Beitragspflicht. Für Personen im Referenzalter gilt jedoch ein monatlicher Freibetrag von 1400 Franken pro Arbeitgeber. Nur der darüber hinausgehende Lohn ist beitragspflichtig. Bei mehreren Arbeitgebenden wird der Freibetrag je Arbeitsverhältnis berücksichtigt. Seit der Inkraftsetzung der Regelungen der Reform AHV 21 kann die betreffende Person auf diesen Freibetrag auch verzichten und auf den vollen Lohn entsprechende Beiträge abliefern. 

Eine Kombination von Rentenbezug und Erwerbstätigkeit ist denkbar. Es bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich der Höhe des Erwerbseinkommens, was sich auch nicht auf die Höhe der AHV-Altersrente auswirkt. 

Wer hingegen den AHV-Rentenbezug aufschiebt, erhält bei späterem Bezug einen Zuschlag auf die ordentliche Rente. Dieser Rentenaufschub muss aktiv gegenüber der AHV-Ausgleichskasse kommuniziert werden und ist zwischen einem und fünf Jahren möglich. Der Zuschlag beträgt je nach Dauer des Aufschubs zwischen 5,2 Prozent (ein Jahr) und maximal rund 31,5 Prozent (fünf Jahre).  

Auswirkungen auf die berufliche Vorsorge 

Die Weiterführung der beruflichen Vorsorge im Referenzalter ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Das BVG sieht vor, dass versicherte Personen den Bezug der Altersleistungen bis maximal zum 70. Lebensjahr aufschieben können – sofern sie weiterhin erwerbstätig sind und die Pensionskasse eine entsprechende Regelung vorsieht. 

In der Praxis sind die Gestaltungsmöglichkeiten stark vom jeweiligen Reglement der Pensionskasse abhängig. Viele Pensionskassen erlauben eine freiwillige Weiterversicherung, andere sehen eine automatische Beendigung der Versicherung mit Erreichen des Rentenalters vor.   

Ein Aufschub der Pensionskassenrente kann zu höheren Leistungen führen, da sich das Altersguthaben weiter verzinst und allenfalls weitere Beiträge eingezahlt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, den Altersguthabenbezug teilweise oder gestaffelt vorzunehmen, beispielsweise bei schrittweiser Reduktion des Arbeitspensums.  

Der Bezug der Pensionskassenleistungen kann entweder in Form einer Rente oder als Kapitalauszahlung erfolgen – beides ist grundsätzlich auch im höheren Alter möglich, sofern die Pensionskasse das vorsieht. Steuerliche und persönliche Überlegungen spielen bei dieser Entscheidung eine zentrale Rolle. 

Auswirkungen auf andere Sozialversicherungen 

Die Weiterarbeit im Referenzalter hat auch Auswirkungen auf andere Sozialversicherungen, insbesondere auf die Unfall-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung wie auch auf die Krankentaggeldversicherung.

Unfallversicherung (UVG): In der Unfallversicherung sind erwerbstätige Personen obligatorisch versichert. Der Versicherungsschutz bleibt bestehen, solange ein Arbeitsverhältnis besteht. Deswegen sind auch erwerbstätige Rentnerinnen und Rentner durch den Arbeitgeber UVG-versichert.  

Invalidenversicherung (IV): Eine Neuanmeldung bei der IV ist im Referenzalter nicht mehr möglich. Laufende IV-Renten werden im Referenzalter in AHV-Renten überführt. Wer im Referenzalter invalid wird, fällt somit nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der IV, sondern allenfalls der Kranken- oder Unfallversicherung. 

Arbeitslosenversicherung (ALV): Im Referenzalter besteht kein Anspruch mehr auf Leistungen der ALV, selbst bei vollständigem Verlust des Arbeitsplatzes. Diese Regelung ist für weiterarbeitende Personen besonders relevant, da sie im Falle einer Kündigung oder eines Stellenverlusts keine Arbeitslosenentschädigung geltend machen können. 

Krankentaggeldversicherung: Sofern der Arbeitgeber für die Arbeitnehmenden eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen hat, gelten bezüglich der Versicherungsdeckung die Regelungen der allgemeinen Vertragsbedingungen. In der Praxis zeigt sich, dass Arbeitnehmende im Referenzalter zwar noch einen Schutz über die Krankentaggeldversicherung des Arbeitgebers besitzen; dieser Schutz ist aber vielfach auf maximal 180 Tage beschränkt. Arbeitnehmende, die älter als 70 Jahre sind, sind hingegen üblicherweise nicht mehr in der Krankentaggeldversicherung versichert. 

Fazit 

Die Erwerbstätigkeit im Referenzalter ist in der Schweiz rechtlich zulässig und sozialversicherungsrechtlich klar geregelt. Dennoch erfordert sie eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den Folgen für die AHV, die berufliche Vorsorge sowie andere Sozialversicherungen. Je nach individueller Situation ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen auf Beiträge, Leistungen und Steuern – insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Weiterarbeit und der gewählten Rentenbezugsform.  

Deshalb sind für Personen, die im Referenzalter erwerbstätig sein möchten, sowohl eine frühzeitige und fundierte Planung als auch ein frühes Verständigen mit dem Arbeitgeber sehr wichtig.

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Marco Riedi ist Sozialversicherungsfachmann und Ausbilder mit eidg. Fachausweis, ­Dozent für Sozialversicherungsrecht an diversen Weiterbildungsinstitutionen sowie Gründer und Geschäftsführer der Bedra GmbH in Chur. bedra.ch

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