Wie erreichbar müssen wir sein?
Aufgrund der Häufigkeit, mit welcher ein Telefongerät am Arbeitsplatz verwendet wird, stellen sich verschiedene Fragen. Nicht in Bezug auf alle davon sind bereits höchstrichterliche Urteile ergangen.
Immer öfter wird die ständige Erreichbarkeit per Telefon oder aber auch per E-Mail verlangt. Dies allerdings nicht nur bei Personal von Blaulichtorganisationen, sondern auch bei anderen Berufen. Auch in Bezug auf die Benützung des Telefons während der Arbeitszeit stellen sich verschiedene Fragen, auf die nachfolgend eingegangen werden soll.
Ständige telefonische Erreichbarkeit
Im Zusammenhang mit der ständigen Erreichbarkeit stellen sich verschiedene Fragen: Eine ständige Erreichbarkeit kann zu psychischen und physischen Belastungen führen und sich daher als unrechtmässig erweisen. Denn im schweizerischen Recht gibt es verschiedene Normen, die den Arbeitgeber verpflichten, für das Wohl seiner Arbeitnehmer zu sorgen und übermässige Belastungen zu vermeiden. Im Zentrum steht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR). Gemäss Art. 328 Abs. 2 OR muss der Arbeitgeber im betrieblichen Alltag die erforderlichen und technisch sowie finanziell zumutbaren Massnahmen treffen, damit das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer keinen Schaden erleiden. Art. 6 des Arbeitsgesetzes sieht zudem vor, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebs angemessen sind. Ob jeweils die zulässigen Grenzen überschritten sind, ist im Einzelfall zu beurteilen. Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber aber haftet, sollte es aufgrund der übermässigen Belastung zur Erkrankung des Arbeitnehmers kommen.
Eine der wichtigsten Fragen, die sich im Zusammenhang mit der ständigen Erreichbarkeit stellen ist, ob die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer zur Verfügung zu halten hat bzw. erreichbar sein muss, als Arbeitszeit gilt uns somit grundsätzlich zu entschädigen ist. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz hält fest, dass als Arbeitszeit diejenige Zeit gilt, während der sich ein Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers halten muss. Aus dieser Regel werden die folgenden Punkte abgeleitet:
- Die Zeit, während der ein Arbeitnehmer telefoniert, ist zu entlöhnen;
- Wird ein Arbeitnehmer so oft in seiner Freizeit telefonisch gestört, dass die Zwischenzeit zwischen den Telefonaten nicht mehr sinnvoll als Freizeit betrachtet werden kann, ist die ganze Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren;
- Die reine Rufbereitschaft ist zu entlöhnen, allerdings kann ein tieferer Satz als für die Hauptarbeit vergütet werden.
Ähnliche Grundsätze gelten für die Ferien. Muss der Arbeitnehmer während der Ferien immer telefonisch erreichbar sein, dürfte dies nicht mehr als Ferienbezug gelten, da der Erholungszweck vereitelt wird, ausser es handelt sich nur um (seltene) Notfallanrufe.
Entschädigung der Telefonkosten
Der Arbeitnehmer hat Anspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen ersetzt. Der Spesenersatz ist zwingend geschuldet. Eine Abgeltung durch eine Spesenpauschale ist möglich, wenn die durchschnittlichen, effektiven Auslagen tatsächlich gedeckt werden. Muss der Arbeitnehmer ein Mobiltelefon aufgrund der Weisung des Arbeitgebers oder mit Wissen des Arbeitgebers erwerben und einen entsprechenden Vertag abschliessen, so hat der Arbeitgeber die Kosten hierfür jeweils zu tragen.
Telefonnutzung am Arbeitsplatz
Ob ein Arbeitnehmer das Geschäftstelefon auch privat nutzen darf, hängt in erster Linie vom Nutzungsreglement und den Weisungen des Arbeitgebers ab. Zu beachten ist aber, dass auch bei einem Verbot eingehende private Anrufe nicht verhindert werden können. Die private Nutzung kann auf verschiedene Weise eingeschränkt werden. So können internationale Anrufe etwa technisch ganz unterbunden oder auch verschiedene Anrufnummern gesperrt werden. Oft übernehmen Arbeitgeber die Kosten für private Anrufe bis zu einem bestimmten Betrag.
Will der Arbeitgeber die Nutzung des Telefonverkehrs überwachen, hat er dies transparent zu kommunizieren und dabei insbesondere über das Überwachungssystem und über das Überwachungsprozedere zu informieren. Er hat auch grundsätzlich zu informieren, dass die Auswertungsresultate Grundlage einer Sanktionierung sein können, sofern ein Missbrauch oder Weisungsverstoss festgestellt wird. Wichtig ist: Der Inhalt der privaten Telefonate selbst darf nicht überwacht werden, es dürfen nur die Randdaten überprüft werden.
Die Überwachung dient hauptsächlich dazu, sicherzustellen, ob der Arbeitnehmer das Nutzungsreglement einhält und für die Verteilung der mit Privatgesprächen anfallenden Kosten. Verletzt ein Arbeitgeber die Überwachungsvorschriften, stehen dem Arbeitnehmer zivilrechtliche Ansprüche wegen Persönlichkeitsverletzung zu. Gegebenenfalls macht sich ein Arbeitgeber auch strafbar. Aufgrund von Art. 8 DSG hat ein Arbeitnehmer zudem grundsätzlich jederzeit den Anspruch zu erfahren, welche Daten über ihn gesammelt wurden.
GPS-Überwachung des Mobiltelefons
Die Frage der Zulässigkeit der GPS-Überwachung stellt sich insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung von Geschäftsfahrzeugen. Doch auch für die GPS-Überwachung von Geschäftstelefonen gelten m. E. die gleichen Regeln: Soweit solche Systeme aus Sicherheits-, Arbeitsplanungs- oder Arbeitsorganisationsgründen verwendet werden oder wenn es darum geht, die Arbeitszeiten von Mitarbeitenden zu kontrollieren und Missbräuche zu beseitigen, ist der Einsatz solcher Systeme gemäss einem ergangenen Bundesgerichtsentscheid zulässig, wobei es sich nicht um eine totale Überwachung in Echtzeit handelt. Unzulässig wäre demgegenüber die GPS-Überwachung, wenn die Mitarbeitenden das Geschäftstelefon auch in der Freizeit verwenden dürften. Die Freizeit darf durch den Arbeitgeber nicht überwacht werden. Es kann also gesagt werden, dass der Einsatz von GPS-Geräten nur für die sporadische Kontrolle der Arbeitszeit oder zur Verhinderung von Missbräuchen eingesetzt werden darf.
Telefonnummer
Immer wieder stellt sich die Frage, ob ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsvertrags die Telefonnummer behalten darf. Die Frage kann wie folgt beantwortet werden: Handelt es sich um einen geschäftlichen Telefonanschluss, steht die Nummer dem Arbeitgeber zu; handelt es sich um einen privaten Telefonanschluss, steht die Nummer dem Arbeitnehmer zu. Handelt es sich um die Nummer des Arbeitnehmers, die er schon vor dem Arbeitsvertrag besass, wurde diese aber für die Dauer des Arbeitsvertrags zu einem geschäftlichen Anschluss (und somit auf den Arbeitgeber umgeschrieben), ist m. E. der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsvertrags verpflichtet, die Nummer dem Arbeitnehmer zurück zu übertragen. Letztinstanzliche Urteile sind hier aber noch nicht ergangen.