Welches Problem?
Lösungsorientiertes Denken und Handeln kann man lernen. Es lohnt sich, den Fokus weg vom Problem zu lenken und hin zu den Ideen, mit denen sich die Situation verbessern lässt. Wer das beherrscht, geht leichter durchs Leben.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen ins Kino und schauen einen Film. In der Hauptrolle ist eine ziemlich erfolgreiche Frau, die in einer glücklichen Beziehung lebt und in ihrem Traumjob arbeitet. Freunde, Hobbys, gute Figur – hat sie alles. Im Film sieht man, wie gut es ihr geht. Dann ist der Film zu Ende. Ziemlich öde! Sie gehen darum gleich in den nächsten Film: Ein armes Huscheli, das einsam ist, verrichtet tagtäglich im Keller eines Unternehmens einen Job, bei dem es Unmengen von Papier kopieren muss. Es ist so desillusioniert, dass es schon gar nicht mehr versucht, sein Schicksal zu ändern. Auch langweilig!
Und zwar aus einem einfachen Grund: Wir wollen sehen und dabei sein, wenn Menschen Hindernisse überwinden. «Jedes Drehbuch ist so formuliert: Ein Held hat eine Herausforderung und die muss er überwinden. Das macht ein Leben spannend. Uns interessiert, wie jemand seine Probleme bewältigt, denn davon können wir lernen», sagt Norina Peier, die als Coach selbst Menschen begleitet, die vor einem Problem stehen und etwas verändern möchten.
An die Lösung glauben
Bei überschaubaren Problemen schaffen wir das auch ohne professionelle Hilfe. Das Zauberwort heisst lösungsorientiert. «Lösungsorientiert bin ich, wenn ich mir die Chance gebe, dass der Ausgang einer schwierigen Situation positiv ist.» Und das gelingt vor allem Menschen, die davon ausgehen, dass sie durch ihren Einsatz tatsächlich etwas verändern können. Im Volksmund nennen wir solche Menschen gern Optimisten. «Sie richten ihre Energie auf jene Bereiche, in denen sie etwas ausrichten können ,und erleben sich dann als selbstwirksam», erklärt Peier. Und das kann jeder üben.
Wer die neun Tipps und die Lösungswege-Grafik der Expertin beherzigt, ist auf jeden Fall auf einem guten Weg. «Entscheidend ist dabei gar nicht, auf Teufel komm raus eine Lösung zu finden. Viel wichtiger sind Ideen, denn Ideen eröffnen Spielräume», so Peier. Das alles gilt natürlich nur bei Problemen, die wirklich welche sind. Denn ganz ehrlich, manchmal machen wir es uns auch selbst schwer. Kommt Norina Peier in eine solche Situation, sagt sie sich: «Bevor ich mich jetzt aufrege, ist es mir lieber egal.» Und schwupps ist das Problem im Keim erstickt.
Am Glücksregler drehen
Wenn Sie nur einen Punkt aus unserer Liste lesen, dann sollte es dieser sein. Lange hat sich die Vorstellung gehalten, dass man bloss seine Probleme lösen muss und dann automatisch zufrieden ist. So als seien Glück und Leid über den gleichen Regler zu beeinflussen – nach dem Prinzip eines Heizkörpers, der entweder warm oder kalt ist. Doch so läuft es nicht. Vielmehr haben wir zwei Heizkörper und jeder davon kann voll aufgedreht sein und powern. Es ist also nur die halbe Wahrheit, wenn wir versuchen den Problem-Heizkörper abzudrehen. Wenn wir unser Leid mindern, sind wir deswegen noch nicht glücklicher, wir leiden einfach weniger. Stattdessen müssen wir gleichzeitig versuchen den Glücks-Heizkörper auf Vollgas laufen zu lassen. So nehmen wir nämlich den Fokus weg vom Problem und lenken ihn hin zur Lösung. Ausserdem lässt sich die Lösungsseite viel einfacher beeinflussen.
Das Gute sich selbst zuschreiben
Dahinter verbirgt sich das leicht sperrige Wort Attribution, auf gut deutsch: Zuschreibung. Oft suchen wir zwar gern die Schuld für negative Ergebnisse bei uns, doch bei den Er-folgen glauben wir, bloss Glück gehabt zu haben. Das ist Quatsch. Selbstbewusste -Menschen machen das umgekehrt. Sie inter-nalisieren die positiven Dinge und externalisieren die Negativen. Ist ja auch logischer, denn wenn wir die Schuld den Umständen geben, bleiben wir handlungsfähig und nehmen es weniger persönlich. Darum: Wenn beim nächsten Event nur die Hälfte der angemeldeten Leute kommt, liegt das nicht daran, dass Sie eine schlechte Assistentin sind oder der Event schlecht organisiert war. Die anderen hatten einfach andere Prioritäten. Abhaken und weitermachen.
Immer schön danke sagen
Wer dankbar ist, ist zufriedener. Das zumindest hat die Forschung herausgefunden. Am besten wirkt das, wenn Sie jeden Tag drei neue Dinge finden, für die Sie genau dankbar sind, und diese aufschreiben. Das dürfen übrigens auch Sachen sein, auf die Sie stolz sind.
Einen Zaun um das Problem bauen
Nehmen wir mal an, Sie haben einen grossen Streit mit einer Arbeitskollegin, der Sie sehr belastet. Es läuft im Büro also einiges schief. Jetzt gibt es Menschen, die sagen: «Mein Leben ist so schlimm.» Besser dran sind aber jene, die sagen: «Im Geschäft ist es gerade schlimm.» Denn letztere haben erkannt, dass das Geschäft nur ein einziger Bereich im Leben ist. Daneben gibt es viele weitere Bereiche, in denen (hoffentlich) alles rund läuft. Wer das Problem aus einem Bereich überschwappen lässt, bläht es unnötig auf. Darum: Zaun drum und das Problem dort behalten, wo es hingehört.
Energie gezielt investieren
Natürlich ist es ein Problem, wenn Ihre Chefin, mit der Sie ein gutes Verhältnis hatten, kün-digt und natürlich können Sie sich darüber beklagen. Hilft aber nix. Der Nachfolger wird kommen, ob Sie wollen oder nicht. Und wie die Beziehung zu dieser Person aussieht, bestimmen Sie entscheidend mit. Lösungsorientierte Menschen wissen das und lenken ihren Fokus auf die Bereiche, in denen sie etwas verändern oder gestalten können, und verlieren keine Zeit damit, sich dem zu widmen, was nicht (mehr) beeinflussbar ist.
Niederlagen akzeptieren
Wer beim Lesen bisher zum Eindruck gelangt ist, er solle das Negative ausblenden, dem sei gesagt: Das bringt nichts. Wer Lösungen will, muss zuerst die Situation akzeptieren. «Das ist jetzt zwar doof, aber ich pack das», lautet das Motto. Wer hingegen das Gefühl hat: «Das dürfte jetzt nicht so sein wie es ist», hadert mit sich und kommt nicht ins Handeln.
Den inneren Richter abstellen
Ideensuche ist wie Brainstorming. Dort wird auch erst gesammelt und dann bewertet. Wer all seine Ideen sofort totredet, wird zu keiner Lösung kommen. Besser ist es, die Idee sich mal setzen zu lassen und sie zu Ende zu denken. Wer weiss, vielleicht führt sie ja doch zu etwas.
Nichts persönlich nehmen
Ja, dieser Titel verlangt sehr viel auf einmal. Aber das sollte das Ziel sein. Stellen Sie sich vor, Sie schreiben für Ihren Chef einen Brief und er legt Ihnen das Dokument hin und sagt: «Da hat es einen Fehler.» Jetzt haben Sie die Wahl, was Sie aus diesem Satz hören:
a) «Da hat es einen Fehler.»
b) «Immer machst du Fehler.»
c) «Ich entdecke jeden Fehler.»
d) «Mach den Fehler weg!»
Entscheiden Sie sich für a) oder c). Unabhängig vom Ton des Chefs. Wer sich nicht von allem gleich persönlich betroffen fühlt, geht leichter durchs Leben. Wirklich!
Stärken stärken
Ach, was gäbe es nicht alles zu optimieren! Die Versuchung, sich auf die eigenen Schwächen zu stürzen und diese auszumerzen, ist immer da. In den meisten Fällen ist das pure Zeitverschwendung. Viel mehr bringt es, seinen Fokus auf die eigenen Stärken zu richten und sich zu überlegen, wo die zum Tragen kommen und wo man sie gezielt einsetzen kann. Denn dann erleben wir Spass, und Spass heisst Entwicklung. Das kennt jeder noch aus der Schule: Angst ist der Killer des Lernens. Ihre Stärken können Sie unter charakterstaerken.org herausfinden.