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Vom Recht aufs Arbeitszeugnis

Auch wenn sich die Diskussionen über den Nutzen und die Notwendigkeit eines Arbeitszeugnisses häufen, es besteht ein Recht auf ein Arbeitszeugnis. Mehr noch: Das Zeugnis soll dem beruflichen Weiterkommen des Arbeitnehmenden zugutekommen und deshalb wahrheitsgetreu, vollständig und wohlwollend formuliert sein.

Gemäss Art. 330a Abs. 1 OR können Arbeitnehmende jederzeit von Arbeitgebenden ein Zeugnis verlangen, das die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie die Leistungen und das Verhalten dokumentiert. Der Zweck des Arbeitszeugnisses besteht einerseits darin, das berufliche Fortkommen der Arbeitnehmenden zu fördern. Andererseits soll es künftigen Arbeitgebenden ein möglichst getreues Abbild von Tätigkeit, Leistung und Verhalten des Arbeitnehmenden geben.

Inhalt des Zeugnisses

Das Arbeitszeugnis hat vollständig zu sein, es muss sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmenden äussern. Sodann spricht sich das Zeugnis in der Regel auch über eine Gesamtbeurteilung aus. Der Leistungsbeurteilung ist im Rahmen der Bewertung von Arbeitsmenge, Arbeitsgüte und Arbeitsbereitschaft ein objektiver Massstab zugrunde zu legen. Auf Verlangen des Arbeitnehmenden können auch Einzelleistungen aufgenommen werden. Im Rahmen der Beurteilung des Verhaltens wird die Interaktion mit Vorgesetzten und Kolleginnen und Kollegen sowie gegenüber Kunden und weiteren Dritten beurteilt.

Die wichtigen Funktionen, die Arbeitnehmende ausgeübt haben, sind in das Arbeitszeugnis aufzunehmen. Dabei ist auf die tatsächlich ausgeführte Tätigkeit und nicht die vertraglich vereinbarte Tätigkeit einzugehen. Einem Dritten soll ermöglicht werden, sich ein insgesamt zutreffendes Bild vom Arbeitnehmenden zu machen. Die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens beinhaltet naturgemäss Werturteile. Hier haben Arbeitgebende nach pflichtgemässem Ermessen vorzugehen.

Bedauernsbekundungen

Sehr oft finden sich am Ende eines Arbeitszeugnisses sogenannte Bedauernsbekundungen. Diese sind etwa wie folgt formuliert: «Frau X. verlässt uns auf eigenen Wunsch, was wir sehr bedauern.»

Einen klagbaren Anspruch auf Bedauernsbekundungen über den Austritt und Dankesworte gibt es gemäss Rechtsprechung nicht. Arbeitgebende können nicht gegen ihren Willen dazu verpflichtet werden, Bedauern und Dank zu bescheinigen.

Frei von Codierung

Zum Teil wird von Arbeitnehmenden die Bestätigung verlangt, das Zeugnis sei frei von Codierungen. Dieser Anspruch wird von der Rechtsprechung abgelehnt, obgleich in der Praxis häufig Zeugnisse anzutreffen sind, welche solche Formeln enthalten.

Die Beurteilung der Leistung beinhaltet naturgemäss Werturteile.

Haftung bei unwahren Zeugnissen

Bei unwahren Arbeitszeugnissen können Arbeitgebende gegenüber Dritten haftbar gemacht werden. Die Haftung setzt voraus, dass dem Dritten ein Schaden entstanden ist, der widerrechtlich und schuldhaft verursacht wurde und in einem adäquaten Kausalzusammenhang zu dem schädigenden Ereignis steht. Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit einem Arbeitszeugnis können etwa gegeben sein, wenn das Arbeitszeugnis geeignet war, den neuen Arbeitgebenden zu veranlassen, den (ungeeigneten) Arbeitnehmenden einzustellen.

Will der neue Arbeitgebende den alten Arbeitgebenden in Anspruch nehmen, muss er beweisen, dass ihm ein Schaden entstanden ist und dass die Einstellung gestützt auf das Arbeitszeugnis erfolgte. Ein Schaden kann insbesondere dadurch entstehen, dass man den Arbeitnehmenden wieder entlassen muss und Kosten für die Suche nach einem neuen Mitarbeitenden, wie Insertionskosten oder Kosten für einen Headhunter, ein zweites Mal entstehen. Haftungsstreitigkeit im Zusammenhang mit falschen Arbeitszeugnissen sind aber äusserst selten.

Zeugnis-Unterzeichnung

Immer wieder streitig ist, ob ausgestellte Arbeitszeugnisse richtig unterzeichnet sind. Oft wollen Arbeitnehmende, dass gewisse Personen das Zeugnis unterzeichnen oder gerade nicht unterzeichnen.

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmende haben keinen Anspruch, dass ihr Zeugnis von einer bestimmten Person unterzeichnet wird. Zudem gilt, dass Arbeitnehmende keinen Anspruch darauf haben, dass eine Person das Arbeitszeugnis nicht unterzeichnet. Immerhin gilt für die Unterzeichnung des Arbeitszeugnisses das Folgende:

Das Arbeitszeugnis ist rechtsgenügend zu unterzeichnen, wobei eine eigenhändige Unterschrift (in Schriftform) gefordert wird. Unterzeichnende müssen zudem identifiziert werden können. Das Arbeitszeugnis ist auf dem Geschäftspapier mit Namen bzw. Firma des Arbeitgebenden auszustellen. Bei Kollektivunterschriften ist demnach eine Zeichnung durch zwei Personen erforderlich, bei Einzelunterschrift genügt eine Unterschrift.

Sodann ist das Zeugnis durch hierarchisch übergeordnete Personen zu unterzeichnen. Als Vertreter des Arbeitgebenden (sofern es sich bei diesem um eine juristische Person handelt) kommen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nur Vorgesetzte in leitender Stellung in Betracht. Wird die Ausstellung an die Personalabteilung delegiert, hat zumindest eine hierarchisch übergeordnete Person zu unterzeichnen. Ist der Arbeitgebende eine natürliche Person, hat diese in jedem Fall selbst zu unterzeichnen. Nicht zulässig ist, dass das Arbeitszeugnis von einer Drittperson (so z. B. externes Personalbüro) ausgestellt und unterzeichnet wird.

Einfaches Zeugnis oder Arbeitsbestätigung

Nach Art. 330a Abs. 2 OR können Arbeitnehmende ein Zeugnis verlangen, das sich auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken hat. Man spricht hier von einem einfachen Zeugnis oder einer Arbeitsbestätigung.

Die Arbeitnehmenden haben die Wahl zwischen Arbeitszeugnis und Arbeitsbestätigung. Sie können auch beides verlangen. Die Bestimmungen sind zwingender Natur. Für die Unterzeichnung der Arbeitsbestätigung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Unterzeichnung von qualifizierten Zeugnissen.

Der Zweck des Arbeitszeugnisses liegt darin, den Arbeitnehmenden das wirtschaftliche Fortkommen zu erleichtern. Darauf basiert auch die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, etwa bei Aussicht auf ein negativ qualifizierendes Zeugnis lediglich eine Arbeitsbestätigung verlangen zu können. Zudem werden Arbeitsbestätigungen auch oft bei kurzen oder unregelmässigen Arbeitsverhältnissen ausgestellt. Ein weiterer Anwendungsbereich von Arbeitsbestätigungen ist der Tätigkeitsnachweis für Schulen und Prüfungen.

Die Arbeitsbestätigung enthält im Gegensatz zum qualifizierten Zeugnis keine Qualifikationen. Eine Arbeitsbestätigung dokumentiert daher nur, dass Arbeitnehmende während einer gewissen Dauer beim Arbeitgebenden angestellt waren. Festgehalten werden die Personalien sowie die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses. Es werden Aussagen zu Leistungen und Verhalten des Arbeitnehmenden gemacht. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht genannt.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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