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Urlaub, nicht Ferien!

Ferien oder Urlaub – beides das Gleiche, mögen Sie vielleicht denken. Doch weit gefehlt. In der Schweiz wird zwischen den mindestens vier arbeitsfreien Wochen, also Ferien, und -Arbeitsabwesenheiten aufgrund besonderer Umstände, also Urlaub, unterschieden. Über die gesetzliche Regelung von Urlauben handelt dieser Artikel. 

Neben den Ferien und dem Jugendurlaub sieht das Obligationenrecht eine ganze Reihe von verschiedenen Urlauben vor. Die einen waren politisch umstritten, während die anderen ohne Aufsehen eingeführt wurden. Am 1. Januar 2023 treten zudem die Bestimmungen zum Adoptionsurlaub in Kraft. Noch nicht geplant für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse ist ein Menstruationsurlaub, wie ihn etwa Spanien einführen will und wie er in Japan bereits existiert.

Mutterschaftsurlaub

Nach der Niederkunft haben Arbeitnehmerinnen Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub (Art. 329f OR). Die Entschädigung ist im EOG geregelt. Angestellte und selbstständig erwerbende Frauen haben Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung: Die Arbeitnehmerin muss während der 9 Monate unmittelbar vor der Niederkunft obligatorisch AHV-versichert sein. Die in einem EU- oder EFTA-Staat zurückgelegten Versicherungszeiten werden dabei uneingeschränkt berücksichtigt. Von diesen 9 Monaten muss die Frau mindestens 5 Monate erwerbstätig gewesen sein, unabhängig von der Höhe des Arbeitspensums. Zum Zeitpunkt der Geburt muss die Arbeitnehmerin in einem gültigen Arbeitsverhältnis stehen, als Selbstständigerwerbende gelten oder im Betrieb bzw. auf dem Bauernhof des Ehemannes für einen Lohn mitarbeiten. Nicht nötig ist dagegen, dass die Erwerbstätigkeit nach dem Mutterschaftsurlaub wieder aufgenommen wird.

Die Höhe der Entschädigung beträgt 80% des Erwerbseinkommens, das durchschnittlich vor der Niederkunft erzielt wurde. Die Entschädigung wird in Form eines AHV-pflichtigen Taggelds ausbezahlt, wobei das maximale Taggeld von Selbstständigerwerbenden bei CHF 196 pro Tag bzw. CHF 5880 pro Monat liegt. Das maximale Taggeld wird bei einem Monatseinkommen von CHF 7350 (Jahreseinkommen von CHF 88 200) erreicht. Arbeitgeber können freiwillig oder vertraglich über diese Leistungen hinausgehen.

Bei einer Hospitalisierung des Neugeborenen verlängert sich der Mutterschaftsurlaub um die verlängerte Dauer der Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung (Art. 329f Abs. 2 OR). Diese kann bis maximal 56 Tage verlängert werden. Die Mutter muss nachweisen, dass sie zum Zeitpunkt der Niederkunft bereits beschlossen hatte, nach Ende des Mutterschaftsurlaubs wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, denn es soll ein Erwerbsausfall entschädigt werden.

Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter?

Wenn die Mutter kurz nach der Geburt des Kindes stirbt, gibt es derzeit keinen spezifischen Urlaub zur Betreuung des Neugeborenen. Nach einem solchen Schicksalsschlag sind die Kinder aber besonders schutzbedürftig und das Interesse des Neugeborenen muss in dieser Situation Vorrang haben. Für den Bundesrat besteht Handlungsbedarf. Er schlägt vor, dem überlebenden Elternteil einen Urlaub zu gewähren. Im Falle des Todes der Mutter kurz nach der Geburt des Kindes soll der überlebende Vater Anspruch auf 14 Urlaubswochen erhalten, die er ab dem Folgetag des Todes der Mutter am Stück beziehen muss. Die Vorlage muss nun vom Parlament behandelt werden.

Beim Betreuungsurlaub gilt eine jährliche Urlaubsobergrenze von zehn Tagen.

Vaterschaftsurlaub

Am 27. September 2020 hat die Schweiz im Rahmen eines Referendums über die Einführung einer Vaterschaftsentschädigung sowie eines Vaterschaftsurlaubs abgestimmt und der Einführung des Vaterschaftsurlaubs zugestimmt. Dieser ist nun in Art. 329g OR geregelt.

Damit ein Arbeitnehmer in den Genuss des Vaterschaftsurlaubs gemäss Obligationenrecht kommt, muss er nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Geburt der rechtliche Vater des Kindes ist, sei es kraft der Ehe oder durch eine Vaterschaftsanerkennung.

Gemäss der gesetzlichen Regelung hat ein Arbeitnehmer, der Vater eines Kindes wird, das Recht, einen Vaterschaftsurlaub von 2 Wochen (10 Arbeitstage bei einem 100%-Pensum) zu beziehen. Bezieht er diesen Urlaub nicht innerhalb von 6 Monaten (auch weil die Vaterschaft noch nicht feststeht), so verfällt der Anspruch.

Betreuungsurlaub

Neu wurde per 1. Januar 2021 eine Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers für kurzzeitige Abwesenheiten von maximal 3 Tagen für die Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung eingeführt.

Um eine zu hohe Anzahl Urlaubsfälle zu verhindern, wurde ausserdem eine jährliche Obergrenze von 10 Tagen eingeführt: Eine Person kann sich demnach zum Beispiel um ein krankes Kind, den Vater, den Bruder oder ein anderes krankes Kind kümmern, sofern die anderen Voraussetzungen erfüllt sind und alle Abwesenheiten zusammen nicht mehr als 10 Tage ergeben. Ausschlaggebendes Jahr ist jeweils das Dienstjahr. 

Zudem wurde per 1. Juli 2021 ein Betreuungsurlaub eingeführt, für den Fall, dass ein Kind des Arbeitnehmers wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist. Der Urlaub ist auf 14 Wochen beschränkt und daran gekoppelt, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16i–16m EOG hat. Anknüpfungspunkt für das Eltern-Kind-Verhältnis bildet dabei das Kindesverhältnis nach Art. 252 ZGB. Ein Kind gilt als gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wenn: a. eine einschneidende Veränderung seines körperlichen oder psychischen Zustandes eingetreten ist; b. der Verlauf oder der Ausgang dieser Veränderung schwer vorhersehbar ist oder mit einer bleibenden oder zunehmenden Beeinträchtigung oder dem Tod zu rechnen ist; c. ein erhöhter Bedarf an Betreuung durch die Eltern besteht; und d. mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen muss.

Adoptionsurlaub

Per 1. Januar 2023 wird zudem ein Betreuungsurlaub eingeführt. Nach der neuen Regelung haben erwerbstätige Eltern, die ein Kind unter vier Jahren zur Adoption aufnehmen, Anspruch auf einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub, sofern die Voraussetzungen für die Adoptionsentschädigung gemäss EOG gegeben sind. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Adoptionsentschädigung sind die gleichen wie für die Mutter- und Vaterschaftsentschädigung: Personen, die einen Anspruch geltend machen, müssen zum Zeitpunkt, in dem sie das Kind aufnehmen, arbeitnehmend oder selbstständigerwerbend sein; sie müssen in den letzten neun Monaten vor Aufnahme des Kindes bei der AHV versichert gewesen sein und in dieser Zeit während mindestens fünf Monaten eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Bei einer gemeinschaftlichen Adoption sind die vorstehenden Voraussetzungen von beiden Adoptierenden zu erfüllen.

Die Adoptiveltern können bei einer gemeinschaftlichen Adoption wählen, wer von ihnen den Adoptionsurlaub in Anspruch nimmt, können diesen allerdings nur einmal beziehen. Sie können den Urlaub auch untereinander aufteilen, ihn aber nicht gleichzeitig beziehen. Der 14-tägige Adoptionsurlaub muss innerhalb des ersten Jahres nach der Aufnahme des Kindes entweder tage- oder wochenweise bezogen werden. Bei der Stiefkindadoption besteht kein Anspruch auf die Adoptionsentschädigung und den entsprechenden Adoptionsurlaub.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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