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Teilzeitarbeit – aufgepasst bei den Sozialversicherungen

Teilzeitarbeit ist in der Schweiz beliebt – jede dritte Person arbeitet in einem -Teilzeit-Arbeitsverhältnis. Das Konzept ermöglicht, sich neben der Erwerbstätigkeit auch anderweitig zu engagieren. Die Kehrseite der Medaille jedoch ist, dass Teilzeit-erwerbende oft schlechter sozial abgesichert sind.

74% aller Teilzeiterwerbstätigen in der Schweiz waren 2021 Frauen, so das Bundesamt für Statistik. Als Hauptgründe für diese Arbeitsform werden Kinderbetreuung und andere familiäre Verpflichtungen genannt. Wer mit dem Gedanken spielt, das Arbeits­pensum zu reduzieren, sollte sich auch mit anderen Fragen auseinandersetzen. Sie ahnen vielleicht schon, es geht wieder einmal um die Sozialversicherungen …

AHV

Auf kurzfristige Sicht wirkt sich ein reduziertes Arbeitspensum mit dementsprechend reduziertem Lohn auf die Höhe der Beiträge gegenüber der AHV/IV/EO und der Arbeitslosenversicherung aus. Längerfristig hingegen kann eine Reduktion des Einkommens aber einen grossen Einfluss auf die Höhe der AHV-Rente haben. Diese Rente wird u. a. dadurch errechnet, dass der Durchschnitt des erzielten Erwerbseinkommens während der Beitragsjahre herangezogen wird. Je nachdem, wie sich also das Einkommen in den vergangenen Jahren entwickelt hat und wie der Einkommensverlauf in den kommenden Jahren sein könnte, kann dies zu einer tieferen AHV-Rente führen.

Pensionskasse

Wer mindestens CHF 21 510 pro Jahr verdient, ist in der Pensionskasse versichert. Man spricht bei diesem Betrag von der sogenannten Eintrittsschwelle. Weiter gilt in der Pensionskasse, dass die Lohnanteile versichert sind, die über CHF 25 095 liegen. In der Versicherungssprache wird dieser Betrag als Koordinationsabzug bezeichnet. In anderen Worten: Der effektive Jahreslohn wird um den Koordinationsabzug reduziert, was den sogenannten versicherten Verdienst in der Pensionskasse ergibt. Von diesem versicherten Verdienst erfolgen die entsprechenden Beiträge in die Pensionskasse, also auch die Sparbeiträge.

Bei einem geringeren Pensum ist also unter Umständen ein sehr geringer Lohn versichert und dementsprechend erfolgen sehr geringe Beiträge, die wiederum in der Zukunft sehr tiefe Leistungen ergeben. Was das konkret bedeutet, wird in der folgenden Auflistung gezeigt:

 

Vollzeitstelle

Teilzeitpensum

60 Prozent

Teilzeitpensum

30 Prozent

AHV-Jahreslohn

CHF 60 000

CHF 36 000

CHF 18 000

BVG-Koordinationsabzug

CHF 25 095

CHF 25 095

CHF 25 095

Versicherter Lohn im BVG

CHF 34 905

CHF 10 905

CHF 0

 

Würde also gemäss diesem Beispiel bei einem neuen Pensum von 30 Prozent der Lohn noch CHF 18 000 betragen, läge gar keine Unterstellung bei der Pensionskasse mehr vor, weil der Jahresverdienst unter der Eintrittsschwelle von CHF 21 510 liegt. Das bedeutet, dass ohne Pensionskassenunterstellung auch kein Sparprozess für das Alter stattfindet. In einem solchen Fall müssten diese Sparbemühungen anderweitig und vor allem eigenständig umgesetzt werden.

Wer aufgrund einer Pensumsreduktion nicht mehr der Pensionskasse unterstellt ist, muss das bisher angesparte Altersguthaben, auch als Freizügigkeitsleistung bekannt, auf ein Freizügigkeitskonto oder eine Freizügigkeitspolice überweisen lassen. Dies hat den Effekt, dass das bisher erworbene Guthaben erhalten wird. Nachteil dieses Vorgehens ist jedoch, dass – sofern bis zur Pensionierung kein Arbeitsverhältnis mit Pensionskassenunterstellung bestehen würde – zum Zeitpunkt der Pensionierung diese Freizügigkeitsleistung als einmalige Kapitalauszahlung bezogen werden muss und nicht in Rentenform ausbezahlt wird.

Es kann aber durchaus sein, dass eine Pensionskasse weitergehende Leistungen versichert und beispielsweise alle Arbeitnehmenden eines Arbeitgebers versichert sind, egal wie tief deren Löhne sind. Diese Möglichkeit muss jedoch ausdrücklich im Reglement der betreffenden Pensionskasse aufgeführt sein.

Unfallversicherung

Wie bereits in vorangegangenen Artikeln erwähnt, definiert sich der Unfallversicherungsschutz über den Arbeitgeber aufgrund der wöchentlichen Arbeitszeit. Wer mehr als 8 Stunden pro Woche beim gleichen Arbeitgeber tätig ist, ist sowohl gegen Berufsunfälle wie auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. Bei einer Arbeitsdauer von weniger als 8 Stunden pro Woche beim gleichen Arbeitgeber besteht über die Unfallversicherung des Arbeitgebers lediglich der Schutz gegen Berufsunfälle. Wichtig zu wissen: Das vertraglich vereinbarte Pensum spielt bei der Beurteilung über die Unfalldeckung keine Rolle. Massgebend sind die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden pro Woche bei einem Arbeitgeber.

Personen, die also in einem geringen Pensum arbeiten und dabei weniger als 8 Stunden pro Woche bei einem Arbeitgeber erwerbstätig sind, müssen in der Krankenkasse unbedingt das Unfallrisiko mitversichern. So sind zumindest Heilungskosten versichert, wenn sich ein Freizeitunfall ereignen würde.

Krankentaggeldversicherung

Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kommt leider sehr häufig vor. Glücklich können sich die Arbeitnehmenden schätzen, deren Arbeitgeber eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen hat. Denn die Arbeitgeber sind gesetzlich nicht verpflichtet, eine Krankentaggeldversicherung für ihre Arbeitnehmenden abzuschliessen. Zwar besteht für Arbeitnehmende, die nicht über eine Krankentaggeldversicherung abgesichert sind, ein minimaler Schutz über die Lohnfortzahlungspflicht gemäss Obligationenrecht. Diese Lohnfortzahlungspflicht ist aber eher bescheiden ausgestaltet.

Nun kann es sein, dass bei einer bestehenden Krankentaggeldversicherung Teilzeitbeschäftigte nicht abgedeckt sind. Massgebend sind dabei die Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Versicherungspolice. So existieren teilweise im Kleingedruckten Regelungen, die besagen, dass etwa Aushilfen, die nur eine relativ kurze Zeit in einem Betrieb arbeiten, oder aber Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 8 Arbeitsstunden pro Woche beim Arbeitgeber nicht in der bestehenden Krankentaggeldversicherung des Betriebs versichert sind. Für diese Personengruppen kann eine Versicherungsdeckung aber dann bestehen, wenn sich der Arbeitgeber mit seiner Krankentaggeldversicherung darauf verständigt, dass alle Arbeitnehmenden ungeachtet des Pensums versichert sind und dies in der Police ausdrücklich erwähnt ist.

Bevor Sie Ihr Pensum reduzieren …

Sich ausserhalb des Erwerbs um die Familie kümmern, Freiwilligenarbeit leisten oder ganz einfach seinen Hobbys frönen – das sind allesamt Gründe, die ein reduziertes Arbeitspensum mehr als rechtfertigen. Bei der Reduktion des Arbeitspensums steht meist die Frage im Raum, welcher Monatslohn ausbezahlt wird. Wichtig sind aber auch die folgenden Fragen, die vor der Pensumsreduktion oder vor der Zusage einer neuen Teilzeitstelle gestellt werden sollten:

• Welche Auswirkungen könnte ein reduziertes Pensum mit dementsprechend reduziertem Einkommen auf meine künftigen AHV-Leistungen haben?

• Was bedeutet diese Reduktion für mich bezüglich meiner Pensionskassenleis­tungen?

• Muss ich mich anderweitig gegen Nichtberufsunfälle versichern, wenn ich mein Pensum nach unten setze?

• Wie bin ich im Krankheitsfall über meinen Arbeitgeber geschützt, wenn ich krankheitsbedingt für längere Zeit ausfalle?

• In welchem Ausmass könnte ich allfällige Lücken eigenverantwortlich abdecken und was kostet mich diese Selbstvorsorge?

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Marco Riedi ist Sozialversicherungsfachmann und Ausbilder mit eidg. Fachausweis, ­Dozent für Sozialversicherungsrecht an diversen Weiterbildungsinstitutionen sowie Gründer und Geschäftsführer der Bedra GmbH in Chur. bedra.ch

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