Inneneinrichtung

Störfaktor Lärm

Am 24. April 2019 findet der internationale Tag gegen Lärm statt. Im Fokus stehen in diesem Jahr die Lärmemissionen von Motorfahrzeugen. Doch Lärm ist auch der erste Faktor, der Angestellten einfällt, wenn sie an Störquellen im Büro denken. Zwei Innenarchitekten zeigen, wie der Geräuschpegel stilvoll reduziert wird.

Das Klicken der Computermaus, das Tippgeräusch auf der Tastatur, die summende Klimaanlage und die Kollegin nebenan führt mit lauter Stimme ein Telefongespräch – so klingt der Alltag im Grossraumbüro. Aus Gründen der Kostenersparnis von Einzelbüros auf Grossraumbüros zu setzen, war für Unternehmen einst das Hauptmotiv für einen Innenausbau. Heute steht hinter der Idee von offenen Büroumgebungen das Ziel, die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden zu fördern. Dementsprechend soll der Fokus nicht beim Sparen von Quadratmetern liegen. Bei diesen offenen Büroumgebungen ist auch nicht mehr die Rede von Grossraumbüros, sondern man spricht von Open-Space Offices oder Teambüros. Im Unterschied zu Grossraumbüros werden in Open-Space Offices Bereiche geschaffen, die für unterschiedliche Tätigkeiten und Aufgabenanforderungen genutzt werden können. 

Leistungskiller Lärm

Doch mit dem Wechsel von kleinen Büroeinheiten in Open-Space Offices nimmt auch der Geräuschpegel zu. Der als lästiger Lärm wahrgenommene Geräuschpegel erschwert zum einen das konzentrierte Arbeiten und zum anderen die Verständigung. In der Folge sinkt die Leistungsfähigkeit. Das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Bauphysik ist in einer Studie zum Ergebnis gekommen, dass steigender Lärmpegel am Arbeitsplatz die Leistungen um bis zu 30 Prozent reduziert. «Ist die Akustik in einem Open-Space Office schlecht gelöst, sorgt dies für zusätzlichen Stress bei den Mitarbeitenden», erklärt Thomas Breitschmid, Leiter Workspace Solutions bei Witzig The Office Company. Um rechtzeitig mit der Arbeit fertig zu werden, muss länger gearbeitet werden. Dies wiederum führt zu Unzufriedenheit bis hin zu Erschöpfung.

«Raumteiler bieten Sicht- und keinen Lärmschutz.»

«Die Schallabsorption ist neben Optik, Licht und Luft bei jeder Büroplanung ein wichtiger Bestandteil», sagt Claudia Züst, Innenarchitektin und Inhaberin des Innenarchitekturbüros Lilarosso. Zwar sei eine verbesserte Akus-tik nicht der zentrale Wunsch der Kunden, aber hohe Lärmemissionen beklagen fast alle Auftraggeber. «Mit Raumteilern alleine ist es jedoch nicht getan», meint Züst. «Raumteiler trennen die einzelnen Arbeitsplätze und bieten meist nur einen Sichtschutz, aber keinen Lärmschutz.» Deshalb arbeitet die Innenarchitektin mit verschiedenen Zonen. Zonen für konzentriertes Arbeiten, für Meetings oder für Gespräche.

Mit Stoff und Filz gegen Krach

Bei der Planung achten die Innenarchitekten darauf, dass die harten Oberflächen wie Decke, Boden und Wand mit absorbierenden Elementen und weichen Materialien ausgestattet werden. «Keine Frage, eine Industriedecke ist interessant und ein Holzboden auch meist edel, aber gegen den Lärm bewirken sie nichts. Im Gegenteil, sie erzeugen zusätzlichen Schall», gibt Thomas Breitschmid zu Bedenken. Um Trittgeräusche zu dämmen, sei ein weicher Gehbelag wie Teppichboden unerlässlich. Ebenso sollte eine Industriedecke mit geeigneten Massnahmen zumindest teilweise überdeckt werden.

Wurden Boden und Decke einmal gedämmt, geht’s an die Wanddämmung. «Wände lassen sich mit Stoffelementen wunderbar ausstatten», meint Claudia Züst und nennt die bunten Akustik-Panels Bits Wall von Abstracta. Damit sieht die Wand im Sitzungszimmer wie eine Kunstinstallation aus. Für die räumliche Trennung in Open-Space Offices und zur Schalldämmung setzt Thomas Breitschmid gerne die Deckenvorhänge BuzziFalls von BuzziSpace ein.

«Für konzentriertes Arbeiten braucht es Quiet Areas.»

«Als zweite Massnahme gilt es, den Sprechschall an den Arbeitsplätzen direkt zu verringern», erläutert Breitschmid. Zuerst werde abgeklärt, wer für welche Tätigkeit wo sitzt. Werde viel telefoniert, müssen Panels rund um die Arbeitstische aufgestellt werden. Für Gespräche zwischendurch bieten sich Kommunikationszonen an, die offen gestaltet werden können. «Für konzentriertes Arbeiten und Privatsphäre braucht es schalldichte Quiet Areas. Diese können als Rückzugszonen nahe am Arbeitsplatz oder in Form von Kabinen zur Verfügung gestellt werden.» Bei der Planung von Open-Space Offices muss die Frage nach dem Nutzen der einzelnen Flächen im Vorfeld geklärt werden. Arbeitsplätze, an denen konzentriert gearbeitet wird, sollten von Arbeitsplätzen mit hohem Geräuschpegel wie Telefondiensten räumlich getrennt oder weit entfernt voneinander angeordnet werden.

 «Es spielt keine Rolle, ob es sich um Grossunternehmen oder um ein KMU handelt, bei beiden kommen die gleichen Fragestellungen auf. Einzig die zur Verfügung stehende Fläche macht den Unterschied», so Breitschmid. «Personen, die in Teambüros mit acht bis zehn Mitarbeitenden sitzen, empfinden Geräusche als störender als jemand, der in einem Open-Space Office arbeitet. Auch Klein-unternehmen sollten nicht beim Platz sparen und den Angestellten mindestens einen Raum für Meetings und eine Ruhezone einrichten.»

Gegen Lärmemissionen in Open-Space Offices integriert Witzig - The Office Company, Kabinen wie diejenigen von Ergodata für konzentriertes Arbeiten. 

Attraktives Office = attraktiver Arbeitgeber

Fakt ist, dass bei vielen Firmen die Büroeinrichtung immer noch stiefmütterlich behandelt wird. «90 Prozent des Firmenbudgets werden für Saläre, Versicherungen und Software verwendet. Lediglich zehn Prozent werden für Miete, Infrastruktur und Hardware ausgegeben. Investitionen in ein Raumkonzept, bei dem Akustik, Licht und Optik stimmen, sind eine Frage der Firmenkultur», erklärt Claudia Züst.

In Zeiten von Influencern und Arbeitgeber-Bewertungen zahlt sich Sparkässelidenken nicht mehr aus. «Erfreulicherweise findet bei einigen unserer Kunden diesbezüglich ein Wettrüsten im positiven Sinne statt», meint Thomas Breitschmid. Die Attraktivität des Arbeitgebers soll sich auch in den Räumlichkeiten widerspiegeln. Dies sorgt für eine höhere Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen. «Wer eine Lehrstelle zu vergeben hat, postet die frisch umgebauten Büroräumlichkeiten auf den sozialen Medien und bekommt ein Vielfaches an Bewerbungen», so die Erfahrung des Büroplaners. 

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