premium Finanzen und Co.

Schreckgespenst Inflation

Warum wir uns vor der Inflation fürchten und wie wir damit umgehen können. Eine Handlungsanweisung.

Der Begriff Inflation ist in letzter Zeit häufig zu lesen. Aber was bedeutet er? Inflation bezeichnet den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus von Waren und Dienstleistungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Das bedeutet, dass die Kaufkraft des Geldes abnimmt: Sie können sich für den gleichen Betrag weniger leisten. Synonyme für Inflation sind deshalb auch Kaufkraftminderung oder Geldentwertung. In der Schweiz wird die Inflationsrate über den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) gemessen, der ein wichtiger Anhaltspunkt für die allgemeine Wirtschaftsentwicklung ist. Der Index misst die Preisentwicklung anhand eines sogenannten Warenkorbs, der die wichtigsten von den privaten Haushalten konsumierten Waren und Dienstleistungen misst.

Effekte auf die Wirtschaft

Die Auswirkungen einer Inflation sind divers – von den Kosten und Preisstrategien der Unternehmen bis hin zur Kaufkraft und zum Sparverhalten der Privatpersonen.
Folgendes Nachspiel könnte die Inflation für Ihr Unternehmen haben:

  • Kostensteigerungen: Durch die Inflation steigen die Produktionskosten im Normalfall an. Das kann sich negativ auf die Gewinnmargen auswirken. Unternehmen müssen deshalb ihre Kostenmanagement- und Preisstrategien im Blick behalten beziehungsweise anpassen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
  • Lohn-Preis-Spirale: Steigende Preise können zu höheren Lohnforderungen der Arbeitskräfte führen. Höhere Löhne steigern wie oben erwähnt die Produktionskosten, was wiederum zu weiteren Preiserhöhungen führen kann. Diese Abhängigkeit kann zu einer Lohn- Preis-Spirale führen.
  • Investitionsaufschub: Höhere Inflationsraten können zu Unsicherheiten führen. Ein Unternehmen könnte sich gegen eine Investition aussprechen, weil es unsicher ist, wie sich beispielsweise die Materialkosten entwickeln.

Die Inflation betrifft aber auch Privatpersonen beziehungsweise Haushalte, zum Beispiel:

  • Kaufkraftverlust: Im Normalfall kann man sich weniger für sein Geld leisten. Bleibt das Einkommen konstant, steigen aber die Heiz-, Wohn- und Lebensmittelkosten, so bleibt weniger Geld für andere Ausgaben übrig. Das hat somit direkte Auswirkungen auf das eigene Portemonnaie.
  • Sparverhalten: Sind die Zinssätze für die Sparkonten geringer als die Inflations- rate, so verlieren die Ersparnisse an Wert. Hat eine Person bei- spielsweise 10 000 Franken auf einem Sparkonto mit einem Sparzins von 1 Prozent, aber die Inflationsrate ist 2 Prozent, verliert die Person real an Kaufkraft.

Inflation ist individuell

Inflation ist aber nicht gleich Inflation. Die allgemeine, durchschnittliche Jahresteuerung belief sich 2023 auf 2,1 Prozent. Die Preise der einzelnen Güter beziehungsweise Dienstleistungen steigen jedoch in unterschiedlichem Ausmass an. Die durchschnittliche Jahresteuerung für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke belief sich beispielsweise auf rund 5 Prozent und für Bekleidung und Schuhe auf 2,4 Prozent, während die durchschnittliche Jahresteuerung des Treibstoffs (Benzin, Diesel) um rund 9 Prozent sank.

Bei den genannten Auswirkungen gilt zu beachten, dass Haushalte unterschiedlich von der Inflation betroffen sind. Gibt beispielsweise ein Haushalt einen grösseren Anteil seines Budgets für Nahrungsmittel aus (z. B. 20 Prozent), so leidet dieser stärker unter den steigenden Preisen als Haushalte, die einen geringeren Anteil ihres Einkommens dafür ausgeben (z. B. 10 Prozent). Das kann dazu führen, dass die Inflation oft subjektiv wahrgenommen wird und von den getätigten Ausgaben abhängig ist.

Geldillusion als unsichtbare Falle

Die Wahrnehmung spielt auch bei der Geldillusion eine Rolle. Die Geldillusion beschreibt die Tendenz der Menschen, nominale statt realer Werte zu betrachten. Nominale Werte entsprechen den aktuellen Marktpreisen und sind nicht inflationsbereinigt, während reale Werte inflationsbereinigt sind und ein genaueres Bild über die wahre Kaufkraft geben. Nehmen wir ein Beispiel: Sie erhalten eine Lohnerhöhung von 2 Prozent, aber die Inflationsrate beträgt 3 Prozent. Obwohl Sie mehr Einkommen haben, können Sie sich aber tatsächlich (das heisst in realen und nicht nominalen Werten) weniger leisten als zuvor. Ihre Kaufkraft sinkt trotz Lohnerhöhung: Die Preise für Waren und Dienstleistungen sind im Durchschnitt stärker angestiegen als Ihr Einkommen.

Empfehlungen für den Alltag

Die Inflation bringt Unsicherheiten mit sich. Wenn die Preise unvorhersehbar steigen, wird es schwierig, finanzielle Entscheidungen zu treffen. Inflation muss aber kein Schreckgespenst sein. Mit einem guten Bewusstsein und entsprechenden Strategien lassen sich die negativen Auswirkungen von Inflation vermindern. Hier konkrete Handlungsempfehlungen:

  • Budgetplanung und Konsumverhalten überprüfen: Überprüfen Sie regelmässig Ihre Einnahmen und Ausgaben und passen Sie diese an die aktuellen Preise an. Nehmen Sie auch die Möglichkeit wahr, günstigere Alternativen zu suchen. Je nach Budgetposten sind Sie flexibler (z. B. Freizeitaktivitäten), bei anderen Ausgaben wie den Wohnkosten werden Sie priorisieren müssen und weniger Handlungsspielraum haben.
  • Investieren statt sparen: Ist die Inflationsrate höher als die Sparrate auf Ihrem Konto, so erleiden Sie einen Wertverlust. Investitionen in (inflationsgeschützte) Anlagen können helfen, diesen Wertverlust zu mindern. So bieten Anlagen in «reale» Vermögenswerte wie Aktien oder Immobilien ebenfalls einen gewissen Inflationsschutz. Zudem kann eine Streuung in unterschiedliche Anlagen (Diversifikation) der Inflation entgegenwirken. Prüfen Sie das für Ihre individuelle Situation.
  • Lohnverhandlungen bewusst führen: Berücksichtigen Sie bei Lohnverhandlungen auch immer die Inflationsrate. Rechnen Sie aus, wie viel Ihr Gehalt angepasst werden muss, um die Inflation auszugleichen. Denken Sie aber auch aus Unternehmenssicht: In Zeiten der Deflation, also einer Reduktion des Preisniveaus, werden die Löhne oftmals nicht reduziert, was das Kostenmanagement erschwert. Unternehmen müssen deshalb auch in Zeiten von Inflation strategisch vorgehen, um ihre Kosten zu kontrollieren und gleichzeitig die Motivation und die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden zu erhalten.

Fazit

Inflation ist ein bedeutendes wirtschaftliches Phänomen, das sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen vor Herausforderungen stellt. Unternehmen müssen ihre Kosten- und Preisstrategien anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, während Privatpersonen ihr Budget und Sparverhalten überdenken müssen. Insgesamt erfordert der Umgang mit Inflation ein hohes Mass an Bewusstsein und Anpassungsfähigkeit.

Kommentieren 0 Kommentare

Selina Lehner ist Projektleiterin und Dozentin an der Abteilung Banking, Finance, Insurance der ZHAW School of Management and Law sowie Verwaltungsrätin und Mutter zweier Töchter. Ihr liegt vor allem die Schnittstelle Psychologie und Wirtschaft am Herzen: Durch ein tiefes Verständnis des menschlichen Verhaltens sollen bessere finanzielle Lösungen entwickelt werden, die einen Nutzen stiften. Ihre Mission ist, dass Finanzen nicht mehr als Tabuthema gelten und jedermann/-frau sich mit seinen Finanzen wohl fühlt.

Weitere Artikel von Selina Lehner
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT

Das könnte Sie auch interessieren