Krank im Homeoffice

Menschen, die krank arbeiten, kosten Unternehmen Milliarden

Sich krank zur Arbeit zu schleppen, ist seit Corona verpönt. Sitzen die Kranken jetzt alle im Homeoffice oder kurieren sie sich tatsächlich aus? 

 

Schnell noch eine Email an den Projektleiter, noch zwei, drei Termine verschieben und ein kurzer Anruf beim Lieferanten, um die nächste Bestellung für Büromaterial zu koordinieren. Wer krank zuhause ist, hat oft das Gefühl, hier und da doch noch ein paar Aufgaben erledigen zu können. Sei es, um den Zeitplan für ein Projekt einzuhalten, das Team nicht hängen zu lassen oder einfach weil man sich für unentbehrlich hält. 

Seit es zum Standard gehört, im Homeoffice zu arbeiten, sind die Hürden, dies auch krank zu tun, gesunken. Heisst das nun, dass Arbeitnehmende von dieser Möglichkeit auch vermehrt Gebrauch machen? 

Weniger Präsentismus während Pandemie

Die Gesundheitsförderung Schweiz hat sich das Thema betriebliche Gesundheit auf die Fahne geschrieben. Gerade haben Eric Bürki, Leiter Interventionsbereich Betriebliches Gesundheitsmanagement, und sein Team den «Job Stress Index» erstellt, eine Studie zum Einfluss von arbeitsbedingtem Stress auf die Gesundheit und die Produktivität von Erwerbstätigen. 

Zur Frage, ob nun im Homeoffice mehr Menschen auch krank arbeiten, gibt er Entwarnung: «Unsere Zahlen zeigen, dass der Präsentismus auf dem gleichen Level ist wie vor der Pandemie». Unter Präsentismus sind hier alle Fälle zusammengefasst, in denen Menschen krank arbeiten – sei es im Büro oder zuhause. «Wir haben diese Zahlen vor, während und nach Corona erhoben und festgestellt, dass der Präsentismus während der Pandemie sogar abgenommen hatte.» Die Studie erfasst einen Querschnitt der Bevölkerung, also auch Menschen, die kein Homeoffice machen können, weil sie beispielsweise in der Produktion tätig sind.

«Unsere Vermutung geht in die Richtung, dass Personen, die früher noch krank ins Büro gegangen wären, heute zuhause bleiben und sich auskurieren. Das Businessmodell, sich noch halbtot zur Arbeit zu schleppen, hat seit Corona ausgedient», erläutert Bürki die Erkenntnisse. 

Präsentismus kostet Milliarden

Doch auch wenn sich die Zahlen nicht verschlechtert haben, bleibt Präsentismus ein ernst zu nehmendes Problem. «Die Kosten von Präsentismus liegen in der Schweiz bei fast fünf Milliarden Franken. Das heisst, drei Viertel der Produktivitätsverluste entstehen nicht durch absente Mitarbeiter, sondern durch solche, die nicht ihre volle Leistung erbringen können, weil sie sich nicht gut fühlen.» Dabei sind nicht nur jene gemeint, die trotz einer Erkältung oder Kopfweh weiterarbeiten, sondern auch Personen mit psychischen Problemen: «Besonders diese nehmen im Moment massiv zu», warnt Bürki. 

Doch wie können Unternehmen da gegensteuern? «Die direkten Vorgesetzten haben den grössten Hebel. Sie wissen als Erste, wenn sich jemand nicht gut fühlt und deswegen von zuhause aus arbeitet.» Da sei Führungsqualität gefragt. «Der Vorgesetzte sollte Kontakt aufnehmen und den Mitarbeitenden vermitteln, dass es für alle besser wäre, sich zu erholen», so Bürki. «Die Botschaft sollte immer sein, ‹wer krank ist, ist krank und es ist nicht erwünscht, dass man dann arbeitet›.»

Zum Thema «Krank im Homeoffice» erwartet Sie in der kommenden Ausgabe von Miss Moneypenny ein ausführlicher Beitrag, der auch die rechtliche Seite beleuchtet. 

 

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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