Onboarding

Hilfe, ich bekomme einen neuen Chef

Wenn ein neuer Chef kommt, ist Hurra zumeist nicht die erste Reaktion. Mit dem Vorgänger war man ein eingespieltes Team, was jetzt kommt, ist oft ungewiss. Ganz zentral ist jedoch eins: ein sauber aufgegleistes Onboarding. So macht man sich direkt unentbehrlich. 

Ich selbst habe diese unliebsamen Chefwechsel bereits zweimal erlebt. Meist kommt es völlig unverhofft und passt so gar nicht in die eigene Planung. Aber bekanntlich kann man sich dies nicht immer aussuchen und gerade die Assistenzen, die in der obersten Chefetage sitzen, wissen nur zu gut, dass es manchmal schneller gehen kann, als einem lieb ist.

Der 10-Punkte-Plan für ein erfolgreiches Onboarding

Ob der Chef freiwillig gegangen ist oder nicht, spielt keine Rolle, denn Zeit, um Trübsal zu blasen, gibt es leider nicht. Wie stellt man es also richtig an, die Emotionen auf die Seite zu schieben und sich von jetzt auf gleich gedanklich auf den neuen Vorgesetzten vorbereiten? Gerne teile ich meinen persönlichen 10-Punkte-­Strategieplan und hoffe, er hilft Ihnen ebenso gut wie mir seinerzeit.

1. Aufstehen, Krönchen richten, weitergehen

Natürlich ist es emotional, wenn man seinen Chef verliert. Gerade ist man als Team zusammengewachsen und hat sich aufeinander eingestellt und dann passiert es. Packen Sie die Emotionen beiseite, denn das Business muss weitergehen. Bleiben Sie also professionell, so schwer es auch fallen mag.

2. Zeitnahe Kontaktaufnahme

Melden Sie sich proaktiv und warten Sie nicht darauf, bis der neue Vorgesetzte sich meldet. Es gibt viele Möglichkeiten, Ihren neuen Chef zu kontaktieren. Schreiben Sie ihm z. B. ein E-Mail und begrüssen Sie ihn in seiner neuen Funktion. Geben Sie ihm ein angenehmes Gefühl und teilen Sie ihm mit, dass Sie sich auf die Zusammenarbeit freuen. Versuchen Sie darüber hinaus, so schnell wie möglich einen Telefontermin zu vereinbaren, damit das Onboarding zeitnah starten kann.

3. Fragestunde für den richtigen Einstieg

Ihren neuen Chef kennenzulernen dauert natürlich eine Weile. Beginnen Sie daher von Anfang an damit, so viele Fragen wie möglich zu stellen, um mehr über sein Profil zu erfahren. Fragen Sie ihn in einem ersten Telefonat z. B. zu folgenden Themen und Vorlieben:

Genereller Arbeitsstil

  • Wann startet und endet ein normaler Arbeitstag?
  • Wie viele Meetings pro Tag sind zugelassen?

Meeting-Präferenzen

  • Vorlieben bezüglich Präsenzmeetings, Telefonkonferenzen und Videokonferenzen?
  • Dauer der Meetings, Agendawünsche, Protokollvorgaben?

Postaufbereitung

  • Was dürfen Sie sehen und öffnen?

Reisevorlieben

  • Vielfliegerdaten und Bonusprogramme einfordern
  • Sitzplatzwünsche bei der Bahn sowie beim Fliegen

Wenn es an der ein oder anderen Stelle schon passen sollte, teilen Sie ihm gleichzeitig auch bereits Ihren eigenen Arbeitsstil mit und welche Erwartungen Sie an die Zusammenarbeit haben. Seien Sie mutig, denn in der Zusammenarbeit mit einem neuen Chef ergeben sich tolle neue Möglichkeiten.

4. Persönliche Präferenzen

Klären Sie ebenfalls zu Beginn die persönlichen Anforderungen und Präferenzen, um die ersten Tage so reibungslos wie möglich zu gestalten. Dies könnten folgende Punkte sein:

  • Generelle Notrufnummern
  • Namen und Kontaktdaten relevanter Familienmitglieder
  • Allgemeine private Anforderungen und Wünsche (Reinigung, Arzttermine etc.)
  • Essensallergien
  • Lieblingskaffee und -tees

Geheimwaffe: Finden Sie heraus, welche süssen Sünden Ihr neuer Chef hat – die Lieblingsschokolade im richtigen Moment aus dem Rollcontainer zu ziehen, wird Ihr grösster Joker werden.

5. Informationspaket

Sie können sich vorstellen, wie viele Informationen und Daten Ihr Chef in den ersten Wochen und Monaten lesen und verinnerlichen muss. Beginnen Sie daher frühzeitig damit, einen umfassenden Informationsordner zu erstellen, der ihm hilft, so schnell wie möglich auf Kurs zu kommen. Bestückt sollte der Ordner mit folgenden Dokumenten sein:

  • Organigramme
  • Stellenbeschreibungen
  • Firmenpräsentation
  • Verschiedene Handbücher und Richtlinien
  • Compliance-Leitfaden
  • Reisebestimmungen
  • HR-relevante Daten (Gehälter etc.)
  • Finanzdaten (Berichte, Auswertungen, Übersichten)

Achten Sie zugleich darauf, dass dieser Ordner auch digital zur Verfügung steht. Sie können jetzt noch nicht abschätzen, ob Ihr neuer Chef eher analog oder digital arbeitet, daher sollte beides zu Beginn vorhanden sein.

6. Ansprechpartner und erste Meetings

Richten Sie erste Zusammentreffen mit relevanten Stakeholdern innerhalb des Unternehmens ein. Konzentrieren Sie sich darauf, dass all diejenigen, die direkt an Ihren Chef berichten, und weitere Schlüsselpersonen Vorrang haben. Und am wichtigsten: Vergessen Sie nicht, Ihren eigenen Jour fix mit ihm zu planen. Sind diese einmal im Kalender, dann steht einem regelmässigen Austausch zwischen Ihnen beiden nichts im Wege.

7. Brücken bauen

Arrangieren Sie erste Lunchtermine für Ihren Chef und helfen Sie, die für ihn relevanten Personen des Unternehmens zu treffen. Er sollte nicht nur Namen und Gesicht des Managements kennen, sondern auch die der Rezeptionistin und des Hausmeisters. Die sozialen Verbindungen sind entscheidend für ein erfolgreiches Onboarding. Bauen Sie hier von Anfang an wichtige Brücken für Ihren Chef. Jede Hierarchieebene ist wichtig.

8. Teamwork

Nicht alle Aufgaben können Sie übernehmen, daher beziehen Sie unbedingt relevante Abteilungen wie HR und IT so schnell wie möglich in Ihren Onboardingprozess ein, da sie hilfreiche Unterstützer sein werden. Denken Sie über die folgenden Themen nach, die Sie delegieren können und müssen:

  • Facility/Einkauf: Bestellung eines Firmenwagens (wenn dies Teil seines Vertrags ist)
  • IT-Abteilung: Bestellung von relevanten Geräten
  • Personalabteilung: private und vertrauliche Dokumente wie Versicherungen und Leistungen
  • Reiseabteilung: Reiseprofil einrichten

9. Der erste Arbeitstag

Da ist er also – der erste Arbeitstag. Denken Sie trotz aller Aufregung noch an diese letzten Dinge. Stellen Sie vorab sicher, dass alles eingerichtet ist, das Büro sauber ist, der Schreibtisch vorbereitet ist und alle IT-relevanten Dinge organisiert sind (Computer, Laptop, Handy, Tablet, Headset, Drucker etc.). Organisieren Sie einen Willkommensgruss (Blumen? Hochprozentiges?) und bieten Sie bei seiner Ankunft einen Bürorundgang an. Vereinbaren Sie einen Lunch für ihn – vielleicht sogar direkt mit Ihnen?

10. Benchmarks setzen

Seien Sie stolz auf Ihren Onboardingprozess, den Sie erstellt haben. Teilen Sie ihn mit anderen Assistenzen und gerne auch der Personalabteilung. Geben Sie Ihr Wissen an andere weiter und agieren Sie als wichtiger Mentor. Glückwunsch! Es ist geschafft. Jetzt ist es Zeit, sich zurückzulehnen, zu entspannen und zu sehen, was als nächstes kommt. Ich bin sicher, Sie werden schnell in den Alltag eintauchen und bald mit Ihrer neuen Führungskraft erste spannende Projekte meistern. Und dann wirkt solch ein Onboardingprozess weit weg. Dennoch zeigen die oben genannten Punkte wie wichtig er ist. Sicherlich stimmen Sie mir abschliessend zu, dass Assistenzen bei Onboardings nicht nur der Organisator sind, sondern auch wichtiger Brückenbauer, der dem neuen Chef viele Türen öffnen kann. Und genau diese Rolle mögen wir besonders gerne. Mir ging es zumindest immer so.
 

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Diana Brandl war Senior Executive Assistant auf Topmanagement-Ebene in Unternehmen wie ratiopharm, Sony und Mister Spex. Sie engagiert sich für das Berufsbild der Office Professionals, ist Bestseller-Buchautorin und Podcast Host. Sie gibt Seminare und Workshops und spricht auf nationalen wie internationalen Konferenzen.

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