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Gutes darf schlicht sein

Es ist ganz einfach. Wir müssen klarer kommunizieren, mündlich und schriftlich. Der 5-Sterne-Blick für die Korrespondenz ist eine Hilfe für erfolgreiche E-Mails und Briefe.

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«Was sind die grossen Trends in der Korres­pondenz, worum geht es wirklich?» Solche Fragen mag ich sehr, denn sie leiten in die richtige Richtung. Nach 30 Berufsjahren und ­vielen erfolgreichen, komplizierten, kurzen und langfristigen Projekten beschränke ich mich auf fünf Trends und nenne sie den 5-Sterne-Blick. Wenn wir an die Hotellerie denken, bedeuten 5 Sterne ein gehöriges Mass an Luxus. Können wir uns diesen ­leisten? Wollen wir so viel für etwas ausgeben? Und brauchen wir Luxus? Der 5-Sterne-Blick in der Korrespondenz meint jedoch nicht Überfluss, sondern Fokus und Einfachheit. Gutes darf schlicht sein.

Der erste Stern – der richtige Kurvenblick

Mein Motorrad-Fahrlehrer korrigierte oft ­meine Blickrichtung, besonders beim Kurvenfahren. «Wo schaust du denn hin?!», war sein Ausruf auf dem Soziussitz. Denn wenn ich auf den Baum, auf das Hindernis schaue, endet meine Fahrt nicht gut. So ist es auch in der Kommunikation, in der Korrespondenz. Gedanklich und später in der Formulierung befassen wir uns mit dem Problem und nicht mit dem «Kurvenausgang», also mit dem, was wir erreichen möchten. Ein simples Beispiel: Jemand hat ­etwas nicht bezahlt oder geschickt. Wir ­informieren die Person und setzen eine neue Frist. In vielen Schreiben dienen die ersten ­Zeilen dem Problem – wir steuern darauf zu.

Tipp: Das Problem sehen und den Blick viel stärker auf die Lösung, den Ausweg richten. «Wir möchten ... so schnell wie möglich für Sie ... und bitten Sie um ... (siehe unser E-Mail vom ...).»

Wirkung: Wir informieren und verzichten auf den Vorwurf, was sowieso ätzend ist. «Leider wurde es unterlassen ...».

Vorteil: Der richtige Kurvenblick beeinflusst unser Denken positiv. Dieses Umdenken ist die Grundlage erfolgreicher E-Mails und Briefe. 

Der zweite Stern – das Thema richtig benennen

Fachleute wissen viel und neigen zu ­Komplexität. Hinzu kommt unsere Erfahrung, die ein Thema zusätzlich belastet. In vielen Schreiben versuchen Expertinnen und ­Experten ein Thema mit möglichst vielen ­Details auszuschmücken, um möglichst alles abzufangen, was sein und geschehen könnte. Hauptmerkmal dieser Schreibenden ist die Textfülle ohne viel Nährwert.

Tipp: Immer nur das sagen, was aus Sicht der Leserin, des Lesers wichtig ist. Was ist das Kernthema? Die Vogelperspektive hilft, ein Thema von oben zu betrachten. Das Kernthema mit maximal drei Details oder Vertiefungen auslegen.

Wirkung: Wir sind klar und informieren nützlich, was immer gut ankommt.

Vorteil: Wir bleiben in der Gegenwart und neigen weniger dazu, Erfahrungen aus der Vergangenheit oder Künftiges einzubeziehen. 

Der dritte Stern – die positive Wortwahl

Das führt uns wieder zum Kurvenblick. ­Unsere Wortwahl sagt etwas über unsere innere Blickrichtung aus. Wie denken wir über unsere Kundinnen und Kunden? Welche Begriffe verwenden wir und sind diese positiv im Sinne von angenehm erlebbar? Diese Frage ist wichtig, weil Kommunikation mit einem guten Kontakt erfolgreicher ist als mit einer gestörten Beziehung. Kürzlich begegnete mir da ein alter Klassiker. «Für Ihren wohlverdienten Ruhestand werden Sie ­künftig Altersleistungen beziehen.»

Tipp: Für das Leben schreiben. «Wenn Sie in Pension gehen, erhalten Sie künftig ­Leistungen von ...»

Wirkung: Menschen fühlen sich wahrgenommen in ihrem neuen Lebensabschnitt und nicht zur Ruhe gestellt.

Vorteil: Positiv formulierte Texte wirken frisch, lebendig, zugewandt.

Der vierte Stern – die Struktur

Wir schreiben für unser Gegenüber, nicht für uns selbst. Viele Unternehmen sind zu stark mit sich selbst und ihren Abläufen beschäftigt. Deshalb beginnen Schreibende oft mit Inhalten, die für die Zielgruppe unwichtig sind. Und ohne Interesse ist Kommunikation Schwerstarbeit.

Tipp: Mit der Tarzan-Methode arbeiten. Das bedeutet, wir beginnen Nachrichten, Briefe und E-Mails mitten im Thema, mit der ­wichtigsten Information und verzichten auf Herleitungen. Tarzan schwingt sich – gerne johlt er dabei – mitten in den Dschungel. «Sie möchten ein Haus kaufen und brauchen ­dafür Geld.» Nicht so: «Für die Finanzierung eines Eigenheims wird in der Regel ein ­entsprechendes Darlehen benötigt ...»

Wirkung: Texte kommen mit mehr Energie an, weil im ersten Satz eine wichtige Info, eine Frage oder eine These steht.

Vorteil: «Tarzan-Texte» kommen auf den Punkt. 

Der fünfte Stern – die Archetypen, die Werte

Jedes Unternehmen, jede Organisation folgt einem Auftrag. Was zum Beispiel macht eine Stadtverwaltung? Sie verwaltet. Oder sie sorgt dafür, dass sich Menschen in der Stadt gut aufgehoben und wohl fühlen. Die ­Archetypen sind Urbilder, die Charaktere ­formen. Ein Beispiel ist die Königin, heute die Chefin, Teamleiterin, Führungskraft. Wenn sie sich dieser Rolle mit ihren Stärken und Schwächen bewusst ist, dann geht sie klar auf Menschen zu. Werte sind das innere ­Feuer, unsere Antreiber. Die vier wichtigsten Werte in meiner Arbeit sind die Liebe, die Freiheit, die Gesundheit und der Frieden.

Tipp: Stellen Sie sich die Frage, wie Sie zu Ihren internen und externen Ansprech­personen stehen (Liebe). Fragen Sie sich, ob Sie drohen oder informieren (Freiheit). ­Befassen Sie sich mit der Frische Ihrer ­Wortwahl (Gesundheit). Und prüfen Sie, ob Sie für die Lösung, die Einigung kommunizieren (Frieden).

Wirkung: Texte mit bewusst gelebten Rollen sowie Werten wirken authentisch und menschlich.

Vorteil: Mit der sorgfältigen Sprache erzeugen wir eine gewollte, bewusste Realität.

5 Sterne und ein starker Trend, den wir nie aus den Augen verlieren dürfen: Menschen zuerst. Und die mögen es einfach, klar, freundlich und wertvoll. 

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Angelika Ramer trainiert seit über 15 Jahren Unternehmen in schriftlicher Kommunikation und verfasste zu diesem Thema fünf Sachbücher. Die Kommunikationsberaterin und frühere Journalistin ist Inhaberin der «Identität ist Sprache – Ramer & Partner AG».

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