Familiensache
Bei den Sozialversicherungen geht es nicht nur um das Alter, die Invalidität, die Krankheit, den Unfall oder im schlimmsten Fall den Tod. Innerhalb des Sozialversicherungssystems sind auch Leistungen vorgesehen, die Familien unterstützen sollen.
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Familien- und Betreuungsaufgaben bringen Herausforderungen mit sich. Um diese aus finanzieller Sicht etwas abzumildern, kennen Sozialversicherungen diverse Leistungen – von den Familienzulagen bis hin zu Leistungen in Form von Mutterschafts-, Vaterschafts-, Betreuungs- und seit Anfang 2023 auch Adoptionsentschädigungen.
Familienzulagen
Das Familienzulagen-Gesetz sieht eine Kinderzulage von mindestens 200 Franken pro Monat vor. Ausgerichtet wird sie ab dem Geburtsmonat des Kindes bis und mit jenem Monat, in dem es seinen 16. Geburtstag feiert. Die Ausbildungszulage beträgt danach mindestens 250 Franken pro Monat. Sie wird ab jenem Monat ausbezahlt, in dem das Kind eine nachobligatorische Ausbildung beginnt, jedoch frühestens im Monat, in dem es seinen 15. Geburtstag feiert. Dann wird die zuvor ausgerichtete Kinderzulage durch die Ausbildungszulage abgelöst. Letztere wird bis zum Abschluss der Ausbildung ausgerichtet, längstens aber bis zum Ende des Monats, in dem das Kind das 25. Altersjahr vollendet. Es liegt in der Kompetenz der Kantone, höhere Kinder- und Ausbildungszulagen auszurichten. Ausserdem ist es deren Sache, nebst den Kinder- und Ausbildungszulagen weitere Zulagenarten vorzusehen. So kennen neun Kantone (namentlich FR, GE, JU, LU, NE, SZ, UR, VD und VS) sogenannte Geburtszulagen sowie acht (namentlich FR, GE, JU, LU, NE, UR, VD und VS) auch noch die Leistung in Form der Adoptionszulage.
Mutterschaftsentschädigung
Bringt eine Frau ein Kind zur Welt, kann sie den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung geltend machen. Dieser besteht, wenn die Frau unmittelbar vor der Geburt während mindestens neun Monaten obligatorisch in der AHV versichert gewesen ist, innerhalb dieses Zeitraums während mindestens fünf Monaten erwerbstätig war und zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes entweder Arbeitnehmerin oder Selbständigerwerbende war. Anspruchsberechtigt sind auch Bezügerinnen von Arbeitslosentaggeldern und anderen Taggeldern wie Krankentaggeldern, Unfalltaggeldern oder von Taggeldern der IV.
Mit anderen Worten: Hat eine Frau vor der Geburt keine Erwerbsarbeit ausgeübt und steht zum Geburtszeitpunkt in keinem Arbeitsverhältnis, wird sie keine Mutterschaftsentschädigung erhalten. Die Entschädigung wird während maximal 14 Wochen ausbezahlt, beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen vorgeburtlichen Einkommens, höchstens aber 220 Franken pro Tag. Nimmt eine Mutter nach Ablauf des achtwöchigen Arbeitsverbots nach der Geburt und vor Ablauf des 14 Wochen dauernden Mutterschaftsurlaubs ihre Arbeit wieder auf, entfällt der Anspruch ab diesem Zeitpunkt auf die Mutterschaftsentschädigung. Wichtig zu wissen: Das Pensum bei einer frühzeitigen Wiederaufnahme des Erwerbs spielt dabei keine Rolle.
Die Regelung der Mutterschaftsentschädigung gilt auch bei gleichgeschlechtlicher Ehe. Bringt eine anspruchsberechtigte Frau ein Kind zur Welt, wird sie Mutterschaftsentschädigung erhalten. Hingegen kann ihre Ehefrau keine Entschädigung geltend machen, sondern sich für den Bezug einer Vaterschaftsentschädigung melden. Das hört sich komisch an, ist vom Gesetzgeber aber so vorgesehen.
Vaterschaftsentschädigung
Am 1. Januar 2021 wurde der gesetzliche Vaterschaftsurlaub eingeführt. Ein frischgebackener Vater kann seither während maximal zwei Wochen einen entschädigten Vaterschaftsurlaub beziehen, wenn er zum Kreis der Anspruchsberechtigten zählt. Wie bei der Mutterschaftsentschädigung beträgt auch hier das Taggeld 80 Prozent des durchschnittlichen vorgeburtlichen Einkommens, höchstens aber 220 Franken pro Tag.
Nebst der im Vergleich zur Mutterschaftsentschädigung kürzeren Bezugsdauer (14 Tage, statt 14 Wochen) unterscheidet sich die Vaterschaftsentschädigung in zwei weiteren wesentlichen Punkten: Erstens kann der Urlaub auch tageweise bezogen werden und muss nicht am Stück erfolgen. Zweitens sieht der Gesetzgeber eine sogenannte Rahmenfrist für den Leistungsbezug vor; der anspruchsberechtigte Vater hat ab dem Geburtszeitpunkt des Kindes sechs Monate Zeit, diesen Urlaub zu beziehen.
Betreuungsentschädigung
Seit 1. Juli 2021 ist der 14 Wochen dauernde Betreuungsurlaub für Eltern in Kraft. Davon profitieren Eltern, deren minderjähriges Kind aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit schwer beeinträchtigt ist. Diese 14 Wochen können die Eltern untereinander aufteilen, sofern beide Elternteile die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Wie bei der Vaterschaftsentschädigung existiert auch für die Betreuungsentschädigung eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug. Sie beträgt 18 Monate und beginnt ab jenem Tag zu laufen, an dem das erste Mal Betreuungsurlaub bezogen wird.
Der Betreuungsurlaub darf nicht mit dem Urlaub für die Betreuung von Angehörigen verwechselt werden. Denn Letzterer beträgt gemäss Obligationenrecht pro Ereignis lediglich drei Tage und pro Dienstjahr maximal zehn Tage. Er betrifft beispielsweise den Fall, in dem ein Kind mit Grippe zu Hause im Bett liegt und einer intensiveren Betreuung bedarf. Für eine solche Betreuung ist keine Betreuungsentschädigung geschuldet, da bei einer Grippe keine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung des erkrankten Kindes vorliegt.
Adoptionsentschädigung
Entscheidet sich ein Paar für eine Adoption, steht die Frage nach der Adoptionsentschädigung im Raum. Diese Entschädigung existiert seit 1. Januar 2023 und ermöglicht Adoptiveltern, einen maximal 14 Tage dauernden Adoptionsurlaub zu beziehen. Wie bei der Betreuungsentschädigung kann die Adoptionsentschädigung ebenfalls unter den beiden Adoptivelternteilen aufgeteilt werden. Dieser Urlaub kann innerhalb einer Rahmenfrist von 12 Monaten seit dem Tag der Aufnahme des Kindes bezogen werden.
Doch hier steckt der Teufel im Detail: Ein Anspruch auf Adoptionsentschädigung besteht nur, wenn das aufgenommene Kind jünger als vier Jahre ist und es sich nicht um eine Adoption eines Stiefkindes handelt.