premium Was wo gezahlt wird

Faire Löhne und Arbeitsbedingungen einfordern

Was ist ein fairer Lohn? Gibt es spezifische Faktoren, die das Gehalt beeinflussen, und was tut der Verband für faire Arbeitsbedingungen? Miss Moneypenny sprach mit Iren Brennwald, Fachverantwortliche Berufsbildung, und Hannes Elmer, Fac­h­verantwortlicher Sozialpartnerschaft, vom Kaufmännischen Verband Schweiz.

Sprechen wir über den Lohn. Wie hoch ist das Gehalt von Executive Assistants (EA) im Schweizer Markt – je nach Erfahrungsniveau und Standort?
Iren Brennwald: EAs haben oftmals eine Stabsstelle inne. Die Gehälter variieren deshalb stark nach Region, Grösse des Unternehmens und der Branche. Zudem ist auch entscheidend, ob eine Grundbildung sowie ein entsprechender Weiterbildungsnachweis vorhanden sind, beispielsweise die Berufsprüfung «Direktions­assistent:in». Gemäss Lohnrechner verdienen EAs aktuell in der Branche «Banken, Treuhänder, Beteiligungsgesellschaften» im 30. Altersjahr mit einer abgeschlossenen Berufsprüfung nach drei Dienstjahren ohne Kaderfunktion mit einer 40-Stunden-Woche im Median in der Zentralschweiz brutto 6860 Franken, in Zürich 7310 Franken und in der Ostschweiz 6990 Franken. In der Branche «Grosshandel» sind es in der Zentralschweiz im Median brutto 7560 Franken, in Zürich 7160 Franken und in der Ostschweiz 7240 Franken. Eine von uns durchgeführte Umfrage im Jahr 2018 zeigte zudem, dass rund ein Drittel der Umfrageteilnehmenden aufgrund des erworbenen Fachausweises eine Lohnerhöhung erhalten hat.

… Und was sind Ihre Lohnempfehlungen für eine ausgebildete EA?
Hannes Elmer: Für Einsteigende direkt nach der Ausbildung sollte der Jahreslohn bereits über 70 000 Franken liegen. Mit zunehmendem Alter und zunehmender Berufserfahrung sollte dieser steigen und zwischen 95 000 und 140 000 Franken liegen.

Gibt es spezifische Faktoren oder Qualifikationen, die das Gehalt einer EA beeinflussen?
Brennwald: Entscheidend für den Lohn ist unter anderem auch, ob von den EAs Führungsaufgaben übernommen werden wie das Lei­ten des internen Dienstes, des Empfangsbereichs oder des Sekretariats eines Verwaltungsrats sowie die Gesamtadmininistration oder die Verantwortung des Assistenzpools. Damit qualifizieren sie sich als Teil des Kaders und haben Anrecht auf eine bessere Vergütung.
Elmer: Weitere Einflussfaktoren sind weitergehende Ausbildungen und interne Funktionen, die übernommen werden können, wie beispielsweise die Funktion als Berufsbildnerin oder Berufsbildner. 

Welche Rolle spielen Zusatzleistungen wie Bonuszahlungen, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Benefits im Gesamtpaket für EAs?
Elmer: Solche Benefits wie Ferien, flexiblere Arbeitszeiten, die Möglichkeit von Weiterbildungen oder Homeoffice sind ins Gesamtpaket einzubeziehen und nebst dem Lohn individuell zu gewichten. Bei einem Bonus ist dringend zwischen einer (freiwilligen) Gratifikation und einem variablen Lohnbestandteil zu unterscheiden. Bei Ersterem sind Arbeitnehmende stark von den Arbeitgebenden abhängig, weil es sich lediglich um eine Sonderzahlung handelt.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Rolle und das Gehalt von EAs/DAs?
Brennwald: Aufgrund unserer Umfrage von 2018 wissen wir, dass das Anforderungsprofil stetig steigt. Das Berufsfeld wird immer digitaler und auch komplexer. Mit KI wird sich diese ­Entwicklung vermutlich noch akzentuieren. Der Kaufmännische Verband Schweiz bereitet derzeit eine neue Umfrage vor, die diese Entwicklung bei EAs, Expertinnen und Experten sowie Arbeit­gebenden abfragen soll und klären wird, ob allenfalls Justierungen an der geltenden Prüfungsordnung zum Fachausweis vorgenommen werden müssen. Gemeinsam mit ICT-Berufsbildung Schweiz hat der Verband ausserdem den neuen eidgenössischen Fach­ausweis «Digital Collaboration Specialist» entwickelt. Absolventinnen und Absolventen werden dadurch Spezialistinnen und Spezialisten für die Umsetzung von digitalen Strategien und verantworten den professionellen Einsatz und die Nutzung von digitalen ­Produkten für die Kommunikation, die Administration oder andere Geschäftsbereiche. Ihre Kernaufgabe ist es, Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende für das digitale Zeitalter fit zu machen. Gerade im Hinblick auf die rasanten Entwicklungen von digitalen Tools sowie der KI gewinnt diese Funktion an Bedeutung und ist für EAs eine gute Weiterbildungsmöglichkeit.

Was kann der Verband tun, um fairere Löhne und Arbeitsbedingungen zu fördern?
Elmer: Ein bewährtes Mittel sind Gesamtarbeitsverträge (GAV). Sie regeln die Arbeitsbedingungen für eine bestimmte Branche oder für ein Unternehmen, schweizweit oder für eine bestimmte Region. In der Schweiz profitieren derzeit rund 2,1 Millionen Erwerbstätige von GAVs. Allein der Kaufmännische Verband Schweiz vertritt schweizweit rund 700 000 Arbeitnehmende in knapp 40 regionalen und nationalen GAVs. Teil unserer Arbeit als Sozialpartner ist es, fortschrittliche und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen auszuhandeln und vertraglich festzuhalten. Faire und existenzsichernde Löhne sind Teil davon. Darüber hi­naus analysieren wir jedes Jahr das vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und den Expertinnen und Experten des Bundes prognostizierte BIP-Wachstum, die Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie die prognostizierte Teuerung und die damit verbundenen Kosten für Arbeitnehmende. Daraus leiten wir Lohnforderungen für das Folgejahr ab, um einem möglichen Kaufkraftverlust ­entgegenzuwirken und Mitarbeitende an einer höheren Produktivität sowie an einer Rentabilitätssteigerung zu beteiligen. Indem wir zahlreiche kostenlose Informationen und Praxistipps zur ­Verfügung stellen, möchten wir Berufsleute aus den kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Branchen sowie aus dem Detailhandel für das Thema Lohn sensibilisieren und ihnen das nötige Rüstzeug geben, faire Löhne und Arbeitsbedingungen einzufordern. Wir sind fest überzeugt: Wer einen guten Job macht, soll auch angemessen für seine Leistung entlöhnt werden.

Kaufmännischer Verband Schweiz

 

Der Kaufmännische Verband Schweiz ist das Kompetenzzentrum für Bildung und Beruf im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Umfeld. Er unterstützt und informiert seine rund 37 800 Mitglieder sowie Kundinnen und Kunden zu Fragen rund um ihre berufliche Laufbahn. Zudem vertritt er Arbeitnehmende in rund 40 Gesamtarbeitsverträgen und setzt sich für die Stärkung ihrer Arbeitsmarktfähigkeit ein. Als Träger beziehungsweise Mitträger verschiedener Berufs- und Fachprüfungen gestaltet er das Schweizer Bildungssystem aktiv mit.

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Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

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