Engagement für nachhaltige Business-Meetings
Elisabeth Brommer-Kern setzt sich für einen bedachten Umgang mit Ressourcen ein. Für Miss Moneypenny hat sie das Dossier «Meetings und Events organisieren – perfekt und nachhaltig» verfasst. Im Interview erklärt sie, was sie unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit versteht und wo die blinden Flecken bei diesem Thema sind.
Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde vor allem in Bezug auf Konsum, Produktion und Lebensweise. Sie engagieren sich für die Durchführung nachhaltiger Events. Wieso?
Mein Verständnis von Nachhaltigkeit ist, dass die Generationen nach uns auch gut leben können. Ergo sollten wir nicht mehr als unbedingt nötig verbrauchen und versuchen, sehr behutsam mit unserem Planeten umzugehen.
Wäre die Konsequenz nicht, einfach auf Events zu verzichten?
Das ist nicht nachhaltig. Denn Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur, ein ökologisches Bewusstsein zu haben und auf den CO2-Wert zu achten, sondern sich auch um die sozialen Dimensionen zu kümmern. Dazu gehört auch, dass Menschen sich sehen und treffen. In Europa haben wir einen hohen CO2-Jahresverbrauch – zwischen sieben und neun Tonnen pro Person sind es. Alles, was dazu führt, dies zu vermindern, hilft der Ökologie. Die Nachhaltigkeit steht auch für die 17 Ziele, die mit der Agenda 2030 verabschiedet wurden. Darunter fallen soziale Ziele wie Armut beenden, Wohlergehen fördern, Bildung für alle ermöglichen, Geschlechtergleichstellung, nachhaltige Bewirtschaftung. Ein Ziel ist es auch, das Wirtschaftswachstum und die menschwürdige Arbeit zu fördern. Kurz und gut: Soziale Kontakte sind wichtig, um diese Ziele zu erreichen. Wir alle funktionieren besser, wenn wir uns kennen. Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement erfordert zudem, dass wir zuerst nachdenken, bevor wir losfliegen. Kann die Veranstaltung auch an einem Ort in der Region durchgeführt werden? Können die Teilnehmenden mit dem Zug anreisen? Und so weiter und so fort …
Schönes Stichwort: Nachdenken. Die teils eminenten Konsequenzen der Pandemie, der Krieg in der Ukraine und nun die Lieferengpässe bekommen wir alle zu spüren. All dies zwingt uns zum Umdenken. Wir bleiben in der Nähe und gehen zum Regionalen zurück.
Ja, und doch sind wir eine globale Welt. Wenn wir an alle Länder denken, dann ist es das Ziel, dass in allen Ländern Menschen das Recht auf Bildung bekommen, ihre Ernährung sichergestellt ist und Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen auch an unserem Wirtschafts- und Kulturleben teilhaben können. Das ist der globale Aspekt.
Nehmen wir als Beispiel die Tourismusbranche: Würden wir nicht mehr reisen, dann hätte das grosse Auswirkungen auf die Menschen in den Tourismusdestinationen, weil diese dann keine Arbeit mehr hätten. Wir sind an gewisse Systeme gewöhnt. Wenn, dann braucht es einen behutsamen Rückbau. Zurzeit ist es ein Wachwerden und Sich-Bewusstmachen, wie wir besser mit den Ressourcen umgehen und wo es die globale Wirtschaft braucht. Wir können nicht autark leben. Ich hüte mich vor Vereinfachung. Jeder einzelne kann den bewussten Entscheid bereits beim Einkaufen fällen. Soll ein Produkt von weit her kommen oder kaufe ich eines, das in der Nähe produziert wurde? Aber Achtung: Wird der Import komplett gestrichen, hat es wiederum weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen für die Menschen im entsprechenden Exportland. Es ist nicht einfach, aber ich bin überzeugt, dass es die vielen kleinen Dinge sind, die dazu beitragen, unsere Welt besser zu machen.
In Ihrem Dossier geht es um nachhaltige Business-Meetings. Wo stehen wir in der Schweiz punkto nachhaltiger Meetings?
Ich kenne nicht viele Unternehmen, die eine Guideline für nachhaltige Meetings haben. Bei Messen gibt es das schon eher. Da sind aber auch die Kosten und die CO2-Emissionen höher. Was vor allem fehlt, sind Richtlinien für die vielen kleinen Meetings, die durchs Jahr hindurch stattfinden und Millionen kosten. Kaffee, Anreise, Catering, Übernachtung, wenn man das alles zusammenzählt, merkt man, wie wenig man diese Dinge im Blickfeld hat. Ich sehe es als Chance für Unternehmen, hier nochmals Zahlen zu erheben und zu überlegen, was man punkto Nachhaltigkeit mehr tun kann. Nur über Nachhaltigkeit zu reden, reicht nicht. Auch die Veranstaltung, an der man über sie spricht, muss nachhaltig organisiert werden.
Ich bin überzeugt, dass Assistenzen einen wichtigen Beitrag leisten können, indem sie aktiv bei Kollegen, Vorgesetzten oder Umweltmanagementbeauftragten nachfragen, was im Bereich Business-Meetings für die Nachhaltigkeit getan werden kann, und sie können ihr Wissen rund um die Veranstaltungsorganisation einbringen.
Veranstaltungen zu organisieren, ist an sich eine kolossale Arbeit. Nun sollten sie auch noch nachhaltig sein. Worauf muss man achten, damit man erfolgreich ist? Und wo muss man auf Kosten der Nachhaltigkeit Abstriche machen?
Man muss keine Abstriche machen, es sei denn, man will unbedingt eine Kokosnuss zum Frühstück haben. Im Gegenteil, es ist die Chance, sehr viel bewusster eine Veranstaltung zu organisieren. Angefangen von der Frage, wer dabei sein muss, bis hin zum Hinterfragen der Lieferanten bezüglich der Verpflegungsmenge, damit Food Waste vermieden wird. So kann Zeit und Geld gespart und natürlich auch CO2 minimiert werden. Am Ende habe ich keine Abstriche, ich gewinne.
Interessanter Punkt mit dem Food Waste. Oft ist es so, dass die Leute aus Angst, das Essen könnte nicht reichen, zu viel bestellen.
Ja, das kennt jede Assistentin, die Veranstaltungen organisiert: «Hoffentlich reicht das Essen.» Als ich ein Fortbildungszentrum betreut habe, hatte ich auch immer das Gefühl, dass etwas fehlt. Dann machte sich schon innerlich Panik breit. Jetzt denke ich: «Wow, es sind nur noch drei Häppchen übrig.» Bei firmeninternen Veranstaltungen sowieso, aber auch bei anderen Events kann vorgängig nach den Essenspräferenzen gefragt werden. So wird dann tatsächlich nur das bestellt, was auch erwünscht und konsumiert wird. Solche Kampagnen funktionieren gut, wenn man die Leute vorab darauf hinweist, dass man Food Waste vermeiden will. Ich kenne immer mehr Unternehmen, die vegetarisches oder veganes Essen bestellen, und wir wissen ja, dass das auch einen grossen Einfluss auf die CO2-Emissionen hat. Ein wichtiger Part bei der Umstellung zu nachhaltigeren Events ist, dass wir bereits mit dem Versand der Einladungen auf unsere Emissionsziele hinweisen und die Teilnehmenden bei der Erreichung der Ziele zum Mitmachen motivieren. Am Ende der Veranstaltung kompensiert man die CO2-Emissionen, die nicht reduziert werden konnten. Beispielsweise werden als Kompensation Aufforstungsprojekte in der Schweiz, in Europa oder weltweit unterstützt.
Wir haben viel über Nachhaltigkeit gesprochen. Sind Sie ein nachhaltiger Mensch?
Ich setze mich für die nachhaltige Entwicklung ein. Nachhaltigkeit verstehe ich als ein Handlungsprinzip und dabei entwickle ich mich Schritt für Schritt. Wir alle sind eingebettet in Lebensumfelder, wo wir uns nie gross Gedanken darüber gemacht haben, was nach unserem Leben sein wird. Mittlerweile ist der Nachhaltigkeitsgedanke bei einem grossen Teil der Bevölkerung angekommen, aber noch nicht viele handeln danach. Ich versuche, mein Leben nachhaltiger auszurichten, indem ich mich frage, ob ich aufs Auto verzichten, wie ich meine Flugreise kompensieren oder wie ich meinen Stromverbrauch im Homeoffice reduzieren kann, und ich schaue, dass ich bei Zero Waste bin. Ich achte darauf, woher das Fleisch oder das Bier kommt, und ich erkundige mich, welche lokalen Joghurt-Produzenten es hier im Thurgau gibt. Und wenn ich auf einer Veranstaltung bin, so wie erst neulich in einem exklusiven Hotel in Düsseldorf, dann frage ich mich, ob Inklusivität gewährleistet ist. Das bedeutet unter anderem: Könnte eine Person im Rollstuhl sitzend das Buffet ansteuern oder sind die Powerpoint-Folien so eingestellt, dass eine Person mit einer Sehbehinderung sie lesen kann?
Machen wir zum Schluss einen Exkurs auf die steigenden Anforderungen ans Berufsbild der Assistenz: Wie können sich Assistenzen nachhaltig positionieren?
Ich bilde seit 2013 an verschiedenen Weiterbildungsschulen Direktionsassistenzen aus, unterrichte Eventmanagement, Projektmanagement, Arbeitsorganisation und Korrespondenz und sehe, wie sich das Berufsbild ändert. Die technischen Anforderungen sind gestiegen. Bereits im generalistischen Bereich sind die Ansprüche sehr hoch, vor allem in KMU. In Grossunternehmen sind Assistenzen sehr viel spezialisierter unterwegs. In der Assistenz sollten wir uns alle die Frage stellen, welche Tätigkeiten wir in fünf oder sechs Jahren in unserem Beruf ausüben wollen. Lebenslanges Lernen ist wichtig und wir haben das Glück, dass wir in der Schweiz ein sehr gutes Weiterbildungssystem haben. Nachhaltigkeit durchdringt alle Lebensbereiche, auch den Weiterbildungsbereich.
Elisabeth Brommer-Kern
gehört die SJP Development GmbH (SJPD: Sustainable – Joyful – Professional Development). Sie ist Coach und Trainerin für Nachhaltige Business-Meetings und -Events, Arbeitsorganisation und Geschäftskorrespondenz in Deutsch.
sjpdevelopment.ch
Dossier: Meetings und Events organisieren – perfekt und nachhaltig
Das Dossier «Meetings und Events organisieren – perfekt und nachhaltig» vermittelt einen Einstieg in die nachhaltige Veranstaltungsorganisation, erklärt die Rahmenbedingungen, erläutert kurz, wieso die Agenda 2030 und die 17 SDGs sowie die ISO 20121:2012 für nachhaltiges Eventmanagement heute und für die Zukunft wichtig sind und wie man Meetings und Events nachhaltiger gestalten kann. Dabei werden Möglichkeiten und Grenzen für die Rolle (AKV) der Assistenz reflektiert und Tipps gegeben, wie man sich gemeinsam mit Vorgesetzten und Kollegen anderer Fachbereiche für mehr Nachhaltigkeit bei Veranstaltungen einsetzen kann. missmoneypenny.ch/dossiers