Ein Kreativprozess auch für Assistenzen
Design Thinking ist ein Kreativprozess zur Ideenfindung, sein Ergebnis in der Regel eine Innovation. Der Prozess selbst richtet sich ganz gezielt am Nutzer (z.B. den Kunden) aus, indem es ihm möglichst früh die im Innovationsprozess entstandenen Ideen und Lösungen präsentiert. Der Erfolg von Design Thinking wird massgeblich durch eine gemeinschaftliche Arbeits- und Denkkultur bestimmt. Die Herangehensweise lässt sich auch auf die eigene Lebens- und Karriereplanung übertragen. Wie das geht, weiss Dr. Isabelle Kürschner. Als Teil der Serie «Agiles Arbeiten» hat Miss Moneypenny sie zum Thema Life Design interviewt.
Sie sind Expertin für New Work. Wie nehmen Sie derzeit die rasante Entwicklung rund um die Arbeitswelt 4.0 wahr?
So schwierig die letzten Wochen und Monate auch waren – sie haben vielen dringend notwendigen Fortschritten in der Arbeitswelt den Weg geebnet. Widerstände wurden aufgebrochen und vor allem Zweifler davon überzeugt, was alles längst möglich ist. Mir kam es ein wenig vor wie New Work in einem Reagenzglas. Vieles, was vorher nur in vorsichtigen Schritten ausprobiert wurde, hat sich nun rasant weiterentwickelt.
Was bedeutet diese Veränderung für die Rolle der Assistenz Ihrer Meinung nach?
Die Assistenz entwickelt sich wie so viele (Büro-)Berufe besonders rasant fort. Den ganz grossen Vorteil für jede Einzelne sehe ich darin, dass die Aufgaben so vielschichtig sind. So bekommt man einen wunderbaren Überblick darüber, welche Veränderungen gerade wo stattfinden und kann sich selbst in die entsprechende Richtung fortbilden und weiterentwickeln.
Es wird immer wieder über agile Arbeitsmethoden diskutiert. Ihr Fokusthema ist Design Thinking. Was genau steckt dahinter?
Ich arbeite vor allem mit einer Facette des Design Thinkings: dem Life Design, also dem Blick auf die eigene Lebens- und Karrieregestaltung. Genauso wie heute Produkte nicht mehr um jeden Preis nur in Richtung Höher-Schneller-Weiter getrimmt werden, entspricht das auch nicht mehr den Karrierewünschen der meisten Menschen. Wir wollen unser Leben vielmehr so gestalten, dass es unseren persönlichen Vorstellungen entspricht, also Arbeit und Leben im Einklang sind. Das kann zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich sein. Der Design Thinking Ansatz hilft uns dabei, uns immer wieder selbst genau zu beobachten, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen, Ideen zu entwickeln und diese möglichst rasch auszuprobieren. In kleinen, niederschwelligen Schritten, ohne dabei gleich alles auf den Kopf zu stellen. Das nimmt Vielen die Angst, sich auf Veränderungen einzulassen und macht es uns leichter, einfach mal etwas auszuprobieren.
Warum sind Kreativität und Innovation so wichtige Skills für die Zukunft?
Kreativität und Innovationsfähigkeit sind die Fähigkeiten, die uns Menschen so schnell keine Maschine und kein Algorithmus streitig machen wird. Sie werden uns hingegen viele Routinetätigkeiten abnehmen. Für uns bleiben dann im Idealfall die «schönen», also sinnstiftenden und erfüllenden Tätigkeiten übrig. Und genau hier liegen so viele wunderbare Möglichkeiten Neues zu entdecken und auszuprobieren. Gewinner werden diejenigen sein, die gut vorbereitet sind, Chancen erkennen und schnell zugreifen.
Wie können Management Assistenzen diese Kreativmethode für sich anwenden?
Sie können genau diese Dinge ausprobieren. Egal, ob es für sich selbst ist, für die Vorgesetzten oder das Team. Wichtig ist dabei, genau zu beobachten, was passiert, wenn man etwas verändert. Verstehen und Beobachten sind immer die ersten Schritte im Design Thinking. Ausserdem ist es wichtig, die Angst vor Fehlern abzubauen. Viele grossartige Dinge konnten nur entstehen, weil etwas schief ging – das bekannteste Beispiel ist wohl das Penizillin. Deshalb heisst es im Design Thinking auch «Fail Fast and Forward». Also scheitere schnell und lerne daraus, um gleich im Anschluss den nächsten Schritt nach vorne zu machen.
Wie kann man erste Schritte im Design Thinking gehen? Haben Sie eine kleine Anleitung für die Leserinnen und Leser?
Will man zum Beispiel im Job etwas ausprobieren, was Auswirkungen auf einen selbst und andere hat, kann man dies in einer Tabelle festhalten. In dieser können für jeden einzelnen Wochentag folgende Fragen beantwortet werden: «Was habe ich heute zum ersten Mal gemacht? Was habe ich heute gelernt? Wem habe ich heute weitergeholfen?» Die Antworten können ganz banal sein, wie eine neue App zu bedienen, eine neue Kollegin auf einen Kaffee einzuladen oder dem Chef zu erklären, wie er die Reisekosten online erstattet bekommt. Hält man diese Tätigkeiten eine zeitlang für sich fest, erkennt man schnell bestimmte Muster – was macht mir besonders viel Spass? Was fällt mir leicht? Womit kann ich Menschen besonders weiterhelfen? Die Antworten auf diese Fragen weisen einem dann wiederum den Weg zu den eigenen Fähigkeiten und (vielleicht noch verborgenen) Talenten.
Isabelle Kürschner
Dr. Isabelle Kürschner ist Expertin für alle Themen rund um die Zukunft der Arbeitswelt. Als Impuls- und Ideengeberin arbeitet sie eng mit Unternehmen und Organisationen zusammen, die sich erfolgreich für die Zukunft aufstellen. Sie ist in der Wirtschaft, in der Politik und auf Konferenzen als Speaker und Moderatorin zu New Work Themen wie Arbeits- und Lebensgestaltung der Zukunft, Organisationsentwicklung und -kultur sowie Vielfalt und Diversity gefragt.
Literaturtipps von Dr. Isabelle Kürschner
Bill Burnett, Dave Evans, Mach, was Du willst: Design Thinking fürs Leben, 2016.
Mihaly Csikszentmihalyi, Flow im Beruf. Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz, 2012
Jörg Feuerborn, Positive Psychologie, 2016
Susanne Nickel, Ziele erreichen, 2017
Agility@Office
Agilität beschreibt sowohl die Methodik des agilen Projektmanagements als auch die Methoden und Prozesse agiler Softwareentwicklung. Agile Methoden und Werkzeuge werden eingesetzt, um Unternehmen anpassungsfähiger, kundenorientierter und flexibler aufzustellen. Sie befähigen das Team, Aufgaben schneller, effizienter und effektiver zu bearbeiten. Die Bearbeitung der Aufgaben erfolgt selbstorganisiert und selbstverantwortlich.
Was steckt aber genau dahinter? Und was heisst das für Assistenzen?
In dieser neuen Rubrik möchten wir Sie über das Thema agiles Arbeiten informieren. Wir stellen Ihnen im Interviewformat Expertinnen vor, die sich intensiv mit diesen Methoden beschäftigt haben und dies gerade durch ihren Bezug zur Rolle der Assistenz anschaulich erklären.
#Vorfreude: Das nächste Mal im Gespräch: Sandra Reitbauer zum Thema Lean Office / Lean Administration.