Doppelsekretariat

Doppelt hält besser

Geteiltes Leid ist halbes Leid, heisst es so schön. Aber manchmal kann sich das Leid zu zweit auch vergrössern. Dann nämlich, wenn der andere seinen Teil nicht gemäss den Erwartungen trägt und die Hauptlast auf den eigenen Schultern liegen bleibt. In einem Doppelsekretariat braucht es darum ganz genaue Absprachen.

Assistentinnen gelten als Einzelkämpferinnen. Meist sind sie das auch. Sie sind zwar einem Chef oder einer Chefin unterstellt, gehören aber meist nicht so richtig zu einem Team und haben einen ganz eigenen Tätigkeitsbereich. Viele Assistentinnen mögen genau das an ihrem Job: die alleinige Verantwortung für einen abgegrenzten Bereich.

Manchmal braucht es jedoch andere Lösungen. Vielleicht ist die Arbeitsbelastung so gross, dass eine allein es nicht mehr schafft. Oder: Eine Assistentin will nicht mehr Vollzeit arbeiten, möchte ihren Job aber trotzdem behalten. Plötzlich ist man also zu zweit im Vorzimmer und führt ein Doppelsekretariat. Die Modelle dafür sind vielfältig: 50:50 – zwei teilen sich eine Vollzeitstelle, 100:100 – beide arbeiten Vollzeit oder auch 100:50 – eine Assistentin wird von einer anderen entlastet. Prozentmässig ist so ziemlich jede Konstellation denkbar.
Doch Fakt ist: Mit dem Einzelkämpfertum ist es dann vorbei. Im Doppelsekretariat sind Teamplayerinnen gefragt und die sollten bereit sein, die Lorbeeren nicht allein einzuheimsen, sondern zu teilen: «In einem Doppelsekretariat zu arbeiten, ist schwieriger als in einem Topsekretariat», findet Claudia Behrens-Schneider, die regelmässig Seminare für Assistentinnen gibt; unter anderem darüber, wie diese sich zu zweit durch den Arbeitsalltag schlagen können.

Dem Chef die Angst nehmen

Geht die Idee für das Jobsharing von der Assistentin aus und nicht vom Chef, zum Beispiel weil sie ihr Pensum reduzieren will, ist die grösste Hürde sicher, ihn mit ins Boot zu holen. «Chefs sind oft skeptisch, weil sie Angst haben, dass die Schnittstellen nicht reibungslos funktionieren. Sie denken, eine Vollzeitkraft sei effizienter», weiss Behrens-Schneider aus ihrer langjährigen Praxis. Das bestätigt auch Daniela Haze vom Seminaranbieter ZweiStunden – Wissen kurz&bündig GmbH, die einen Kurs zum Thema «Das professionelle Doppelsekretariat» anbietet: «Vorgesetzte haben die Erwartung, dass sie nicht merken, dass der Job de facto von zwei Assistentinnen erledigt wird. Die Assistentinnen müssen daher als eine Personalunion auftreten und mit einer Stimme sprechen.» Für den Chef müsse es letztlich egal sein, wen er anspricht.

Das heisst nicht notwendigerweise, dass auch alle alles machen. «Natürlich gibt es den administrativen Teil, der mit hohem Zeitdruck anfällt und einfach abgearbeitet werden muss. Aber planbare Aufgaben sollten die Assistentinnen untereinander nach den jeweiligen Vorlieben und Kompetenzen verteilen», so Daniela Haze. Das gilt auch bei verschiedenen Arbeitsstilen: Je nachdem ist mal mehr Präzision oder mehr Geschwindigkeit von Vorteil.

Gemeinsame Zeit einplanen

Probleme tauchen nach Hazes Erfahrung vor allem durch mangelnde Kommunikation auf. «Die Zeit für den gemeinsamen Austausch wird oft nicht eingerechnet», weiss Daniela Haze. Besser als zweimal 50 Prozent, bei denen sich die Assistentinnen maximal die Klinke in die Hand geben, seien demnach 60 Prozent. So gebe es noch einen halben Tag für die Abstimmung.

Auch Behrens-Schneider rät dazu, mindestens alle zwei Wochen einen Jour fixe zu vereinbaren – im Idealfall gemeinsam mit dem Chef. «Bei dieser Form der Zusammenarbeit ist es absolut wichtig, dass alle Informationen weitergegeben werden – auch die impliziten. Ich rate, redundant und lieber etwas zu viel zu kommunizieren.» Helfen tut dabei auch die Technik. «Gerade zu Beginn sollte man sich unbedingt die Zeit nehmen, ein gemeinsames System aufzusetzen. Leider fällt das durch das Tagesgeschäft oft unter den Tisch», weiss die Expertin. Sie empfiehlt Microsoft OneNote als Tool für das Doppelsekretariat. «Darin kann man ganze Handbücher erstellen, Formulare und Checklisten verlinken, virtuelle Ordner anlegen, in denen der Chef beispielsweise alle Informationen zu einer Geschäftsreise findet, wie Tickets, Anfahrtsbeschreibungen etc. Auf Youtube finden sich unter dem Stichwort OneNote zahlreiche gute Tutorials, zu diesem Tool.

Doch nicht nur die Kommunikation untereinander ist entscheidend. Ganz wichtig ist auch, sich darüber zu einigen, wie man nach aussen auftritt. «Sonst heisst es am Ende bei den Kollegen: ‹Zu der kannst du gehen, die macht das immer, ohne es zu hinterfragen, die andere nicht.›»

Pannen miteinander klären?

Ob sich das Arrangement bewährt, wird meistens dann klar, wenn Probleme auftauchen. Schwierigster Fall: Eine Assistentin hat etwas vergessen. Wenn der Fehler auftaucht, ist sie aber nicht da und ihre Kollegin bekommt den Ärger des Chefs ab. Was dann? «Auf keinen Fall einfach der anderen die Schuld in die Schuhe schieben», meint Daniela Haze. «In einem guten Doppelsekretariat übernehmen beide die Verantwortung für die Fehler der anderen, holen das Versäumte nach und klären dann unter vier Augen, was genau da schiefgegangen ist und wie sich solche Fehler in Zukunft vermeiden lassen.» Dass die Schuldige nochmal das Gespräch mit dem Chef sucht und die Sache aufklärt, sei eine Frage des Anstands, findet die Expertin. Schliesslich solle kein bitterer Nachgeschmack zurückbleiben.

Nicht für alle geeignet

Sich zurücknehmen, grosszügig über die Fehler anderer hinwegblicken, damit leben, nicht die Nummer eins zu sein: Damit kann nicht jede umgehen. «Oft fühlen sich Assistentinnen schlechter gestellt, wenn sie den Job nicht mehr allein machen», hat Schneider-Behrens beobachtet. Sie rät dazu, sich vor Stellenantritt genau zu überlegen, ob man aufgrund der eigenen Persönlichkeit und Arbeitsweise für ein Doppelsekretariat geeignet ist. «Ich habe es auch schon erlebt, dass zwei Assistentinnen zu meinem Seminar kamen, sich aber in entgegengesetzte Ecken des Raumes setzten. Da war dann schnell klar, dass etwas nicht stimmt», so die Expertin. Im konkreten Fall war es so, dass die eine Kollegin das Sekretariat seit Jahren allein geschmissen hatte und ihr die Neue dann einfach vorgesetzt wurde. Diese war allerdings auch ein Alphatier und hat sich nicht lange mit den Hilfsjobs zufriedengegeben, die ihr die Dienstältere auftrug. «Die beiden haben am Ende entschieden, sich zu trennen», erinnert sich Behrens-Schneider. Doppelt hält also nicht immer besser.

Sechs Tipps

  1. 
Investieren Sie bereits am Anfang der Zusammenarbeit genügend Zeit, um einander kennenzulernen und die gegenseitigen Erwartungen zu definieren.
  2. 
Setzen Sie sich mit Ihrem Vorgesetzten zusammen und schildern Sie ihm genau, wie die Zusammenarbeit funktionieren wird und an welchen Tagen die jeweilige Mitarbeiterin für seine Anliegen zuständig ist.
  3. 
Klären Sie die jeweiligen Zuständigkeiten und definieren Sie klare Abläufe für eine reibungslose und wertschätzende Kommunikation.
  4. 
Erklären Sie Ihrem Vorgesetzten, wer welches Know-how für die verschiedenen Themen mitbringt und somit auch für planbare Aufträge zuständig ist.
  5. 
Akzeptieren Sie, dass Ihre Kollegin Themen anders bearbeitet, als Sie dies tun würden. Lassen Sie  fünf gerade sein.
  6. 
Reden Sie regelmässig mit Ihrer Kollegin und sprechen Sie Unangenehmes frühzeitig an. So lassen sich schwerwiegende Konflikte umgehen und Lösungen ohne Groll erarbeiten.

Weitere Tipps zum professionellen Miteinander im Doppelsekretariat gibt es auf zweistunden.ch

 

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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