Die Stärke der Kommunikation liegt im Dialog
Mehr denn je zählt heute das individuelle, unverwechselbare Profil. Unternehmen, denen es gelingt, ihre Identität sichtbar zu leben und ihren Werten treu zu bleiben, haben Erfolg oder sind auf dem besten Weg dorthin. Was Identität richtig einzigartig macht, ist die Fähigkeit zum guten Dialog.
Der Dialog im Unternehmen hat viele Gesichter. Ob per Brief und E-Mail oder über digitale Plattformen wie Web, Social Media oder Newsletter. Meist richten sich Schreibende nur auf Zahlen, Daten, Fakten aus. Was hinterlässt einen wirklich bleibenden Eindruck und bewegt uns zum kurzen Innehalten? Botschaften, die akzeptiert werden, stimmig und nachvollziehbar sind. Sie erreichen Empfängerinnen und Empfänger, weil Menschen genauso wichtig sind wie Fakten.
Der verstummte Dialog
Es wird ruhig im Seminarraum, keine Ideen sind da oder wollen formuliert werden. Es geht um ein Ablehnungsschreiben für Versicherungsleistungen. Was löste die Sprachlosigkeit aus? Die Frage nach dem eigentlichen Sinn dieser Absage. Was soll die unangenehme Botschaft erreichen? Natürlich eine Absage, die inhaltlich verstanden wird. Diese Qualität erbringen viele Korrespondentinnen und Korrespondenten sehr gut. Die faktische Botschaft ist aber noch nicht alles.
Die Gruppe im Seminar war blockiert durch die Frage, was die Absage auf der menschlichen Ebene bieten könnte.
Die Kombination von Inhalt und Emotion oder sympathischer Gesprächsatmosphäre scheint eine riesengrosse Herausforderung zu sein. Hätte die Frage anders gelautet, nämlich ganz traditionell: Was muss alles in diesen Brief gepackt werden, so wäre die Antwort einfach gewesen: Wir schreiben «Absage» in den Titel und irgendwo im Mittelteil «leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass …» und am Ende käme das vertraute «Wir bitten Sie um Verständnis». Diese Art der Korrespondenz ist verstummt und ohne Anschluss an das, was Menschen in der Kommunikation brauchen: einen authentischen Dialog.
Schriftlich im Dialog sein heisst, sich neue Gedanken über das geschriebene Wort zu machen. Einerseits geht es um die Unternehmenswerte, andererseits um die Fähigkeit, die Kunden in ein gutes Gespräch einzubinden. Wenn das gelingt, beginnt die Absage ganz anders: «Guten Tag, sehr geehrte Frau … Kürzlich stellten Sie uns ein Gesuch für … zu – vielen Dank dafür. Die Prüfung ist nun abgeschlossen, unser Entscheid liegt vor. Diesen wollen wir Ihnen gerne erklären. Für … zahlen wir keine Leistungen, weil …» Für den Abschluss gibt es verschiedene Möglichkeiten: «Informationen an unsere Kundinnen und Kunden nehmen wir nicht auf die leichte Schulter. Bitte kontaktieren Sie uns, wenn Sie eine Frage zu unseren Ausführungen haben. Wir sind da.» / «Sie wünschen ein Gespräch oder haben eine Frage zu unseren Ausführungen? Bitte sprechen Sie uns an, am besten telefonisch unter …»
Auch wenn der schriftliche Dialog anspruchsvoll ist, helfen bereits kleinste Stilelemente, die einen Text auffrischen. Ein paar Beispiele:
Nicht so: «Wir beziehen uns auf obgenanntes Gesuch und nehmen wie folgt Stellung: …»
Dialog: «Heute wenden wir uns mit einer Nachricht zu Ihrem Gesuch … an Sie.»
Nicht so: «Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihrem Gesuch nicht entsprechen können.»
Dialog: «Ihren Wunsch nach … können wir nicht erfüllen. Die Gründe dafür sind …»
Nicht so: «Bei der Durchsicht unserer Unterlagen mussten wir feststellen, dass der Bericht noch nicht eingereicht wurde.»
Dialog: «Heute wollten wir Ihr Anliegen behandeln und einen Schritt weiterkommen. Da ist uns aufgefallen, dass der Bericht für … fehlt. Bis wann dürfen wir mit Ihrer Nachricht rechnen? Vielen Dank für Ihr rasches Handeln – bis bald.»
Nicht so: «Haben Sie Fragen? Rufen Sie an.»
Dialog: «Ihre Anliegen und Fragen sind willkommen. Bitte wenden Sie sich an …»
Information mit Emotion
Viele Unternehmen glauben, die Kommunikation oder Präsentation ihrer Produkte, Dienstleistungen oder auch Erfolge sollte sich auf die rein sachlichen Informationen beschränken. Frei nach dem Motto «zackig, knackig», unsere Adressaten haben keine Zeit für Prosa. Dabei wollen Menschen, in diesem Fall beispielsweise (potenzielle) Kunden und Geschäftspartner, begeistert oder berührt werden. Und der Weg vom trockenen Bericht zur spannenden Erfolgsgeschichte über ein gelungenes Projekt findet sich relativ einfach mit Fragen nach der eigenen Aufgabe im Projekt, einem besonderen Erfolg und der Bedeutung für die Firma, einem amüsanten Vorfall, einem Motto für das ganze Projekt oder einer erhaltenen Auszeichnung. Wer sich zudem vorstellt, er erzähle das, was er schreiben will, einem guten Freund oder einer neuen Arbeitskollegin, hat den Dialog bereits begonnen. Sobald diese Erinnerungen abgerufen werden, ist die ganze Szenerie wieder präsent, erleb- und fühlbar. Das eröffnet den Zugang zu einer bildhaften und vielfältigen Sprache, von der gute Geschichten leben.
Einige Beispiele: Ein Veranstalter für Spezialreisen hat einen Blog für seine Reiseleiterinnen und Reiseleiter eingerichtet, die dort regelmässig über ihre aktuellen Reisen bloggen. Das liest sich beispielsweise so: «Mein Blick gleitet hinab an der schroffen Steilküste über das aufgewühlte Meer. Gischt sprüht mir ins Gesicht, an meinen Haaren zerrt ein heftiger Wind. Da stehe ich nun, in gleissender Sonne, am südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands – dem Cabo de São Vicente im Süden Portugals (…)». Dieser kurze Text nimmt uns direkt mit auf die Reise, wirft das Kopfkino an und macht neugierig auf mehr. Eine ebenso bildhafte wie lautmalerische Sprache gestalten diese Szene lebendig und emotional.
Eine Baugenossenschaft berichtet über ihre Bauvorhaben und bestehende Überbauungen mit einem monatlichen Mieter-Magazin und lässt dort einzelne Einwohnerinnen und Einwohner ihre persönliche Geschichte «aus der Nachbarschaft» erzählen – offen und ehrlich. Das schafft Glaubwürdigkeit und Verbindlichkeit. Geschichten schlagen die Brücke. Von Mensch zu Mensch. Von Firma zu Mensch. Ein guter Texteinstieg kann diesen Effekt noch deutlich erhöhen. Das gelingt gut mit einem szenischen Anfang. Der ist zwar etwas anspruchsvoller zu schreiben, aber dafür von umso grösserer Wirkung, denn die Leserschaft ist direkt mittendrin – zum Beispiel so: «Mein leerer Bildschirm starrt mich an, mein Kopf scheint genauso leer. Da schaut eine Kollegin um die Ecke. Im lockeren Gespräch entwirrt sich plötzlich das Gedankenknäuel in meinem Kopf und meine Finger beginnen, über die Tasten zu rasen.» Eine andere Möglichkeit ist der Kataphern-Einstieg. Er umschreibt, was später konkret benannt wird – das sorgt für Neugier – zum Beispeil: «Kristallines Lebenselixier. Wir tragen es alle in uns und können nicht ohne: Salz.»
Dialog-Expertin werden
Angelika Ramer und Dorit Schmidt-Purrmann bieten in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Betriebsökonomie SIB einen Lehrgang für die schriftliche Kommunikation an. Schwerpunkt der fünftägigen Weiterbildung sind der Korrespondenz-Dialog sowie kreative Formen des Geschichtenerzählens in Unternehmen und für unterschiedliche Kommunikationsplattformen. Den perfekten Text gibt es nicht, aber es gibt das bestmögliche schriftliche Gespräch mit den Kunden. Unter dem Begriff «Aktiv-Dialog-Management» erhalten die Lehrgang-Teilnehmenden ein solides und erfolgreiches Werkzeug für die anspruchsvolle Aufgabe der schriftlichen Kommunikation. Mehr zum Lehrgang «Cert. Dialog-Experte/Expertin SIB» mit Spezialpreis für Miss Moneypenny-Abonnenten/innen lesen Sie unter www.sib.ch. Der Lehrgang startet am 27. August 2014.