Weiterbildung

Der Schlüssel zum Erfolg

Viele unserer täglichen Arbeiten könnten bald von ­Computern übernommen werden. Aber längst nicht alle. Wie bleibt man fit für den Arbeitsmarkt von morgen?

Früher war alles besser. Sogar die Zukunft. Aber stimmt das überhaupt? Schon seit der Industrialisierung ist davon die Rede, dass die Technik dem Menschen die Arbeit wegnimmt. Bereits 1978 prophezeite das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, dass uns Computer nun auch noch im Büro überflüssig machen. Seit fast vier Jahrzehnten also wird uns die kommende Zeit im Beruf immer wieder in düsteren Farben ausgemalt. Und wie sieht es heute aus, in der Zukunft von gestern? Dafür, dass wir den Prognosen nach im Büro immer überflüssiger werden, gibt es für uns doch noch eine Menge zu tun. 
 
 

Neue Stellen nach dem Abbau

Kann man es sich also gemütlich machen und abwarten, wie das mit den Veränderungen in der Arbeitswelt so weitergeht? Oder sollte man versuchen, sich für den Wandel zu wappnen, um für den Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben? Und wenn ja, wie? 
 
Die Unternehmensberatung Deloitte hat dazu die Studie «Welche Schlüsselkompetenzen braucht es im digitalen Zeitalter?» durchgeführt. Markus Koch, Digitalisierungsexperte bei Deloitte und mitverantwortlich für die Studie, sieht die Zukunft nicht düster: «Vor der industriellen Revolution haben 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung in der Landwirtschaft gearbeitet. Diese Stellen sind dann im grossen Stil durch die Automatisierung weggebrochen und dem trauern wir ja heute auch nicht mehr nach», findet er. 
 
Denn tatsächlich ist es so, dass durch Automatisierung bisher auch immer neue Stellen in anderen Berufen geschaffen wurden. Zwischen 1990 und 2013 sind in der Schweiz netto etwa 200 000 Stellen dazugekommen. direkt der Automatisierung bzw. dem Komplementäreffekt zuzuschreiben sind. Sämtliche Ängste wurden also nicht nur nicht bestätigt, es ist sogar das Gegenteil eingetreten. 
Was natürlich nicht bedeutet, dass es auch so bleibt. Das Tempo der Veränderungen steigt rasant. Vollzog sich der strukturelle Wandel einst über mehrere Generationen, hat der Einzug von Computern und Internet dafür gesorgt, dass Menschen innerhalb von nur einer Generation neue Berufe lernen mussten und weiterhin müssen. Aber das birgt auch Chancen: «Die Automatisierung steigert die Produktivität und damit auch die Löhne, was wiederum die Nachfrage nach Jobs erhöht, die es vorher nicht gebraucht hat.» Nicht zuletzt werden Jobs auch interessanter, wenn digitalisierbare Routinearbeiten wegfallen. 
 

 

Weitbildung wird überdacht 

Mit der Frage, wie man in der Aus- und Weiterbildung für kaufmännische Berufe damit umgeht, beschäftigt sich Susana Méndez, Fachverantwortliche Bildung und Beratung beim Kaufmännischen Verband Schweiz. Sie überlegt sich, wie man Berufe zukunftsfähig macht, und führt dazu eine interne Untersuchung durch. Bei dieser dient die Weiterbildung für Direktionsassistenz als Prototyp, denn sie enthält viele Elemente, die auch in anderen kaufmännischen Berufen vorkommen. «Studien gehen davon aus, dass die Hochqualifizierten und die Geringqualifizierten weniger durch den Wandel gefährdet sind. Aber jene in der Mitte, wo sich auch die Assistentin verorten lässt, sehen sich gewissen Gefahren ausgesetzt, weil sich in diesem Bereich tendenziell die Arbeiten befinden, die noch nicht automatisiert wurden, bei denen dies aber nun möglich werden könnte.» 
 
Eine Überlegung, um dem entgegenzutreten: die Weiterbildung modularisieren und kürzere Einheiten anbieten: «Viele, die bei uns die DA-Weiterbildung absolvieren, bringen bereits einige der Kompetenzen, die gelehrt werden, mit – sei es aus vorherigen Aus- und Weiterbildungen oder weil sie diese on the Job erworben haben. Das soll künftig anerkannt werden.» Allfällige Lücken würden dann identifiziert und ganz gezielt geschlossen. «Kleinere Einheiten passen ausserdem besser in eine Erwachsenenbiografie», erklärt Méndez. Nicht jeder habe die Zeit für eine umfassende Weiterbildung, die zudem Elemente enthalte, die man bereits beherrscht. Doch nicht nur der Aufbau ist ein Thema, auch die Inhalte stehen zur Debatte: «Wir wollen mit der Weiterbildung unternehmerisches Denken fördern,mehr auf die Ansprüche durch die Digitalisierung eingehen und zum Beispiel mehr Gewicht auf Digital Marketing oder die Schnittstelle von DA und IT legen. Auf der anderen Seite nimmt heute Englisch in der Weiterbildung viel Raum ein. Da überlegen wir zu reduzieren, um Platz für neue Inhalte zu schaffen.»
 
Ganz wichtig findet es Méndez für Berufsinhaberinnen, immer wieder innezuhalten und zu schauen, wohin sich der Job entwickelt. «Repetitive Aufgaben fallen zunehmend weg. Globalisierte Unternehmen sind heute schon so weit, dass sie Assistenzstellen abschaffen oder ins Ausland verlegen. Die verbleibenden Stellen werden anspruchsvoller und es kann gut sein, dass es dort künftig Konkurrenz von Hochschulabgängern gibt.» 
 
 

Riesige Bandbreite

Doch zurück zu den Kompetenzen der Zukunft. Diese konkret zu benennen, ist gerade für den Assistenzjob nicht einfach. Kaum ein anderer Beruf ist dermassen divers – sowohl in Bezug auf die Ausbildung als auch auf die tatsächlichen Tätigkeiten. «Die Bandbreite ist so gross. Manche Assistentinnen vereinbaren ausschliesslich Termine und nehmen das Telefon ab, andere sind stark inhaltlich in die Arbeit des Chefs involviert», sagt Koch. Er glaubt, dass beispielsweise Agendamanagement oder Reisebuchungen schon sehr bald automatisiert sein werden. «Andererseits ist der Assistenzjob oft kunterbunt und eher unstrukturiert. Gerade in KMU, wo die Assistentin vielleicht den Empfang managt, Abrechnungen macht und noch Firmenevents organisiert. Das kann man dann nicht einfach so automatisieren.» Koch und Méndez gehen davon aus, dass es gerade in KMU noch ein bisschen länger Allrounder-Stellen geben wird, die sich nicht so schnell verändern. 
 
 

Mangel bei den Basics

Doch welche Fähigkeiten sind es genau, die die Chancen auf einen anspruchsvollen Job auch in Zukunft steigern? Die Studie von Deloitte listet Fertigkeiten wie aktives Zuhören, Sprechen oder kritisches Denken als sehr wichtig auf. Das klingt nicht gerade danach, als würde da das Rad neu erfunden. Sind das nicht heute schon die Basics, um überhaupt mit Menschen zusammenzuarbeiten – zumal in einem Büro? «Ja, das sollte man meinen», befindet Koch, «aber ich staune jeden Tag darüber, wie genau das nicht funktioniert. Das fängt beim aktiven Zuhören an. Viele kommen schon mit ihren vorgefertigten Meinungen in ein Gespräch und hören dann auch nur das, was sie selber schon gedacht haben. Wenige fragen sich ‹Was will mein Gegenüber von mir?› oder ‹Wie kann ich das was mein Gegenüber will anders und besser machen?›» 
 
Dabei seien gerade Assistentinnen interne Dienstleister und müssten sich als solche überlegen, von welchen Dienstleistungen ihre Kunden profitieren, und diese dann anbieten, meint Koch. Eine ganz entscheidende Fähigkeit sei darum auch die Kreativität: «Und zwar in dem Sinne, dass man kreative Lösungen für Probleme findet – und das in einem hochkomplexen Umfeld mit einer steigenden Anzahl von Schnittstellen.»
 
Seiner Ansicht nach hapert es noch allzu oft an der Bereitschaft, sich neuen Aufgaben anzunehmen und sich einzuarbeiten. «Wer offen bleibt, experimentiert, sich mit Freude in neue Aufgaben stürzt, vernetzt und funktionsübergreifend denkt und auch mit unsicheren Situationen leben kann, bringt auf jeden Fall schon einmal wichtige Eigenschaften mit, auf die es in Zukunft ankommen wird», fasst Koch zusammen. Susana Méndez findet, dass es vor allem die überfachlichen Kompetenzen sind, die es in Zukunft braucht: «Zwischenmenschliche Beziehungen pflegen, mit Emotionen umgehen, Konflikte lösen und in schwierigen Zeiten für Stabilität sorgen.»
 

 

Fachwissen ist nicht das Problem

Sind also wirklich Soft Skills der Schlüssel dazu, auch in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt gefragt zu sein? «Absolut. Generell habe ich nicht das Gefühl, dass die Zukunftsfähigkeit am Fachwissen scheitert», so Koch. Beispiele dafür fänden sich natürlich auch in allen anderen Berufsgruppen, nicht nur in der Assistenz. Bei Susana Méndez klingt das ähnlich: «Natürlich ist das Fachliche relevant. Aber über Selbst- und Sozialkompetenzen kann man sich von der Masse abheben. Es geht dabei auch darum, den eigenen Job nicht nur auszuführen, sondern auszufüllen». Wer sich unsicher ist, was das für ihn selbst bedeutet, kann sich vom Kaufmännischen Verband beraten lassen, um herauszufinden, wo eine Weiterbildung allenfalls ansetzen kann und Sinn macht. «Auf keinen Fall sollte man eine Weiterbildung an die nächste reihen, um bloss irgendwie am Ball zu bleiben», so Méndez. Viel Potenzial sieht sie auch für sogenannte Portfolio Worker. Menschen also, die keinen festen Vollzeitjob mehr ausüben, sondern eher projektbasiert arbeiten. 
 
 

Und nun? 

Angst um ihren Job brauchen demnach nur die zu haben, die sich nicht bewegen wollen – oder können. Wem die nötige Flexibilität fehlt, sich auf neue Gegebenheiten einzulassen und neue Aufgaben anzunehmen und diese als Chance für Wachstum zu begreifen, hat es vermutlich wirklich schwer. Aber das ist heute schon nicht viel anders. 
 
Aber das, was da auf uns zukommt und zum Teil schon da ist, bietet viele Chancen: für spannende Projekte, neue Aufgaben und andere Formen der Zusammenarbeit. Der grösste Fehler: sich erst dann darum zu kümmern, wenn man bereits auf Stellensuche ist. Veränderung geht am leichtesten in einer Position der Stärke. 
 
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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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