Recht

Das Recht am eigenen Bild

Grundsätzlich bestimmt jeder Mensch selbst, ob und in welchem Zusammenhang Bilder von ihm veröffentlicht werden. Besondere Vorsicht gilt beim Veröffentlichen von Fotos auf Internetplattformen. Schnell können diese missbräuchlich für Cyber-Mobbing genutzt werden.

Als Teil des Persönlichkeitsschutzes steht jeder Person das Recht am eigenen Bild zu. Dies bedeutet, dass Personen in der Regel darüber bestimmen und entscheiden, ob und in welcher Form ein Bild von ihnen aufgenommen bzw. erstellt und veröffentlicht werden darf. Aus diesem Grund dürfen Fotos in der Regel nur dann veröffentlicht werden, wenn die darauf Abgebildeten ihr Einverständnis gegeben haben. Das Bundesgericht hielt diese Regel wie folgt fest: Grundsätzlich darf demnach niemand ohne seine Zustimmung abgebildet werden, sei es durch Zeichnung, Gemälde, Fotografie, Film oder ähnliche Verfahren (BGE 136 III 401).

Erfasst von der vorgenannten Regel ist aber nicht nur das Erstellen eines Bildes, sondern auch das Publizieren, Onlinestellen, Vorzeigen, Verschicken, Anschauen oder Weitergeben von Bildern.

Aufnahmen im öffentlichen Raum

Im öffentlichen Raum gilt diese Regel mit Einschränkung: Ist eine abgebildete Person nur Beiwerk des Fotos, so braucht der Fotografierende keine Einwilligung dieser Person. Fotografieren etwa Touristen das Bundeshaus und halten sich andere Personen vor dem Bundeshaus auf und werden unabsichtlich mitfotografiert, so stellt dies in der Regel kein Problem dar. Etwas anderes ist es, wenn etwa ein Strassenkünstler – wiederum vor dem Bundeshaus – eine Person malt und Touristen diese Person fotografieren. Dies ist in der Regel heikel.Das Gleiche gilt für das Fotografieren von Teilnehmenden bei öffentlichen Veranstaltungen und Ereignissen, solange die betroffene Person nicht optisch hervorgehoben ist, sondern als Teil der Menschenmenge wahrgenommen wird. So müssen Personen etwa an Sportveranstaltungen nicht zusätzlich angesprochen und informiert werden (wenn etwa die Fernsehkamera über das Publikum schwenkt). Heikel kann aber sein, wenn während einer Sportübertragung das Fernsehen gezielt einzelne Personen überträgt. Hier ist etwa von einer konkludenten Einwilligung auszugehen, sofern sich diese Personen auffällig gekleidet oder geschminkt haben und sozusagen nur auf ihren Fernsehmoment gewartet haben.

Einwilligung

Besteht das Recht am eigenen Bild und sind keine Ausnahmen gegeben, muss die Einwilligung der Betroffenen eingeholt werden. Sie ist immer nur dann gültig, wenn sie nach angemessener Information und freiwillig erfolgt. Ob die Information angemessen ist, hängt davon ab, ob es um die Veröffentlichung von Gruppenfotos oder um Bilder einzelner Personen geht.

Insbesondere wenn es sich um die Publikation von Bildern einzelner Personen handelt (unabhängig davon, ob in Verlagsmedien oder auf Social Media), müssen die Betroffenen die Möglichkeit haben, die zur Publikation vorgesehenen Bilder einzusehen, und über den Kontext der Veröffentlichung informiert werden. Der Grad der Informationspflicht ist höher, wenn kompromittierende Bilder veröffentlich werden sollen oder wenn jemand in einem heiklen Kontext abgebildet wird.

Eine Einwilligung kann aber auch konkludent sein. Das heisst, die Erlaubnis wird nicht explizit ausgesprochen, kann aber stillschweigend aus den Umständen, dem Verhalten, der Gestik und der Mimik (siehe hierzu das vorgenannte Beispiel bei Sportübertragungen) als solche verstanden werden.

Urteilsfähige (Art. 16 ZGB), aber aufgrund ihres Alters eigentlich handlungsunfähige Jugendliche (Art. 13 ZGB) können ihre höchstpersönlichen Rechte selbstständig geltend machen (Art. 19c ZGB). In Bezug auf das Recht am eigenen Bild bedeutet das, dass der Betroffene in die Beschaffung oder Veröffentlichung der eigenen Abbildung allein einwilligen kann, vorausgesetzt, die Urteilsfähigkeit ist gegeben. Ist die Urteilsfähigkeit nicht gegeben, braucht es die Zustimmung der Erziehungsberechtigten.

Zu beachten ist, dass einmal erteilte Ein­willigungen auch zurückgezogen werden können.

Einmal erteilte Ein­willigungen können auch zurückgezogen werden.

Mögliche Konsequenzen

Personen, deren Bilder ohne Rechtfertigung veröffentlicht wurden, können sich jederzeit gegen die Veröffentlichung wehren und ihre Ansprüche nötigenfalls mittels Zivilklage geltend machen. Kommt das Gericht zum Schluss, dass eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung vorliegt, weil die Fotos ohne Einwilligung oder überwiegendes öffentliches bzw. privates Interesse veröffentlicht wurden, so kann es nebst der Entfernung bzw. Vernichtung der fraglichen Bilder auch die Bezahlung von Schadenersatz und/oder einer Genugtuung anordnen.

Weiterverwendung

Zugeschickt erhaltene Bilder dürfen nach dem Recht am eigenen Bild und den eingangs erwähnten Bestimmungen nicht ohne Weiteres verwendet (z.B. jemandem zugeschickt) werden. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage, die Einwilligung der betroffenen Person oder ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse. Liegt keine dieser drei Voraussetzungen vor, begeht man mit der Weiterverwendung erhaltener Daten von anderen Personen eine Persönlichkeitsverletzung. Hier kommt das Cyber-Mobbing ins Spiel.

Cyber-Mobbing

Im Zusammenhang mit dem Recht am eigenen Bild kommt man heute nicht mehr um den Begriff des Cyber-Mobbings herum. Im rechtlichen Bereich wurde der Begriff des Mobbings insbesondere im Arbeitsrecht definiert. Der Entscheid 4A_652/2018 vom 21. Mai 2019  des Bundesgerichts definiert Mobbing etwa wie folgt: als eine Reihe von feindlichen Kommentaren und/oder Handlungen, die in der Regel über einen ziemlich langen Zeitraum wiederholt werden und
bei denen eine oder mehrere Personen ­versuchen, eine Person am Arbeitsplatz zu isolieren, zu marginalisieren oder sogar auszuschliessen. Das Opfer wird dabei in eine Situation gebracht, in der jede einzelne Handlung für sich allein noch als erträglich angesehen werden könne, währenddem die Gesamtheit der Handlungen zur Destabilisierung der Persönlichkeit führen, die bis zur professionellen Eliminierung der betroffenen Person vorangetrieben wird.

Cyber-Mobbing ist ein vom Arbeitsrecht losgelöster Begriff des Mobbings. Es ist die Belästigung, Bedrängung und Nötigung anderer Personen mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel per Internet, Chat­rooms, Messaging und/oder Mobiltelefonen. Die Weiterverwendung erhaltener Fotos stellt ein typisches Beispiel des Cyber-Mobbings dar. Durch die Eigenheiten der sozialen Medien wird Mobbing noch diffuser und ungreifbarer und kaum mehr kontrollierbar. Währenddem man sich gegen eine Zeitung eventuell noch wehren kann, gibt es beim Cyber-Mobbing plötzlich eine Vielzahl von Tätern. Zu denken ist etwa an die Fälle an Schulen, wo Bilder von Schülern (zum Teil mit sexuellem Inhalt) innert weniger Stunden x-fach via Whatsapp geteilt werden.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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