Recht

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Im Unternehmensalltag unterzeichnen Mitarbeitende täglich Dokumente, Belege, Briefe oder Verträge. Oft ist dabei unklar, wer eigentlich was unterzeichnen darf. Denn nicht alle sind zu allem befugt.

Verschiedene Arten von Vollmachten regeln den Umfang der Geschäfte, den einzelne Mitarbeitende rechtsgültig vereinbaren können. Nicht jeder darf alles unterzeichnen – es gibt klare Regeln.

Handlungsvollmacht

Der Handlungsbevollmächtigte darf Geschäfte abschliessen, die der Betrieb gewöhnlich mit sich bringt. Die Handlungsvollmacht ist sozusagen eine standardisierte, im Gesetz umschriebene Vollmacht für den Unternehmens­alltag. Sie kann ausdrücklich erteilt werden, aber auch stillschweigend oder durch sogenanntes konkludentes Verhalten.

Das bedeutet konkret, dass man zum Beispiel einer Assistentin anlässlich der Einarbeitung sagt, was sie wie unterzeichnen darf. Sie nimmt unter anderem eingeschriebene Post entgegen, unterzeichnet Kaufverträge über kleinere Anschaffungen und gewisse Verträge (beschränkter Wert) etc. Dass sie dies darf, kann im Stellenbeschrieb stehen oder in einem Reglement, oder es wird ihr einfach so gesagt und/oder so gezeigt.

Die Handlungsvollmacht gilt für alltägliche Geschäfte. Das bedeutet umgekehrt, dass die Handlungsbevollmächtigte üblicherweise keine grösseren Geschäfte abschliessen darf wie zum Beispiel Kredite aufnehmen, Liegenschaften erwerben, verkaufen oder mit Hypotheken belasten oder Wechsel unterzeichnen. Kurz: alle Geschäfte, die im Alltag Ausnahmen darstellen und nicht «tägliches Brot» sind.

Die Handlungsvollmacht kann nicht im Handelsregister eingetragen werden. Im besten Fall wird sie ausdrücklich erteilt, beispiels­weise durch einen Verwaltungsratsbeschluss, durch den Erlass eines Unterschriftenreglements oder im Stellenbeschrieb der Mitarbeiterin. Sie kann sich aber auch durch lang­jährige Praxis im Unternehmen so ergeben. Die Verantwortlichen im Unternehmen sollten sich darum alle paar Jahre überlegen, wer eigentlich das Unternehmen nach aussen in welchem Umfang vertreten soll.

Das passiert zum Beispiel regelmässig, wenn Unternehmen verkauft werden. Die Käufer haben oft andere Vorstellungen darüber, wer was unterzeichnen darf oder nicht, und dies ist dann nach der Übernahme oft ein wichtiges Thema. Wer was unterzeichnen darf und damit das Unternehmen vertritt, hat auch mit der Führungsphilosophie zu tun: Will man flache Hierarchien oder nicht? Wer soll nach aussen sichtbar werden? Wie selbstständig sollen die Mitarbeitenden im Alltag agieren können? Hier gibt es denn auch grosse Unterschiede in der Unternehmenspraxis. Der Handlungsbevollmächtigte kann mit dem Zusatz «i. V.» (in Vollmacht) unterzeichnen, es genügt aber auch die Unterschrift mit dem blossen Namen.

Prokura

Klar weiter als die Handlungsvollmacht geht die Prokura. Ein Prokurist ist von Gesetzes wegen zu allen Handlungen ermächtigt, die der Zweck des Unternehmens mit sich bringen kann. Er darf demnach zum Beispiel auch Kredite aufnehmen, Mitarbeitende anstellen oder entlassen, Vollmachten erteilen etc. Eingeschränkt ist die Vollmacht aber in Bezug auf Liegenschaften: Er darf diese nur mit ausdrücklicher Erlaubnis verkaufen oder belasten (erwerben darf er sie aber). Die Prokura wird im Handelsregister eingetragen. Der Prokurist kann mit dem Zusatz «ppa» unterzeichnen (es genügt aber, wenn er mit seinem Namen ­unterzeichnet).

Generalvollmacht

Gemäss Gesetz haben die sogenannten Orga­ne der Gesellschaft die Vollmacht, alle Geschäfte abzuschliessen, die der Zweck des Unternehmens mit sich bringt, und sie können wirklich alle Verträge unterzeichnen. Dabei handelt es sich bei Einzelfirmen um den Inhaber und bei Aktiengesellschaften um die Verwaltungsräte. Diese können dann auch den Geschäftsführer ermächtigen, alle Verträge zu unterzeichnen. Diese Art der Unterschrifts­berechtigung muss im Handelsregister eingetragen werden. Sie kann beschränkt werden, indem beispielsweise immer nur zu zweit unterzeichnet werden darf (Kollektivunterschrift). Diese Personen unterzeichnen nur mit ihrem Namen.

Unternehmenspraxis

Firmenintern wird die Unterschriftsberechtigung oft auch an bestimmte Beträge geknüpft. Das kann durchaus sinnvoll sein. Der Mitarbeiter weiss dann, dass er Verträge bis zu einem Betrag von zum Beispiel 1000 Franken in Eigenregie unterzeichnen darf, ansonsten aber das Einverständnis des Vorgesetzten einholen muss. Diese Einschränkungen regelt man am besten mit einem Reglement. Gegenüber Dritten, aussenstehenden Personen, muss man sie mitteilen, sonst kann man sich nicht darauf berufen.

Wenn also ein Mitarbeitender seine interne ­Befugnis überschreitet und beispielsweise für das Un­ternehmen ein Auto zum Preis von 25 000 Franken erwirbt, obwohl er nur bis zu 10 000 Franken zeichnen darf, so kann sich der gutgläubige Verkäufer des Autos auf diesen Vertrag berufen und ihn auch durch­setzen. Der Mit­arbeitende, der seine Kom­petenzen überschritten hat, kann verwarnt werden, allenfalls sogar schadenersatzpflichtig  werden, oder in krassen Fällen kann ihm gekündigt werden.   

In der Praxis ist es oft so, dass der Sachbearbeiter Schriftstücke wie Briefe oder Verträge zusammen mit seinem Vorgesetzten unterzeichnet. Das macht auch durchaus Sinn, denn der Sachbearbeiter kann in der Sache entscheiden und der Vorgesetzte ist immer informiert darüber, was in seiner Abteilung läuft beziehungsweise welche Verbindlichkeiten eingegangen werden. Die ranghöhere Person unterzeichnet dabei links. Sind die Personen gleichgestellt, so unterzeichnet ­diejenige Person links, die den Sachverhalt besser kennt.

Anscheinsvollmacht

Da es für einen Dritten nicht wirklich kontrollierbar ist, ob auf der Gegenseite Personen unterzeichnen, die wirklich vertretungsberech­tigt sind, da dies nicht immer im Handelsregis­ter ersichtlich ist, empfiehlt es sich, insbesondere bei grösseren Beträgen, nachzufragen, ob die unterzeichnenden Personen wirklich zur Unterschrift berechtigt sind.

Der Dritte kann sich aber auch darauf berufen, dass er sich darauf verlassen konnte, dass die Personen zur Unterschrift und damit zur Verpflichtung des Unternehmens berechtigt waren, die sogenannte Anscheinsvollmacht. Dies ist dann der Fall, wenn durch längere Praxis oder direkte Verhandlungen der berechtigte Eindruck entstand, die ­Personen seien zur Vertretung des Unter­nehmens ermächtigt, weil sie beispielsweise ­immer den Direktkontakt gepflegt ­hatten. Das Unternehmen muss sich diesen Anschein anrechnen lassen und kann verpflichtet werden, auch wenn diese Vollmacht im Einzelfall bei dem Mitarbeitenden gar nicht vorlag. Wie gesagt, muss man dann intern schauen, ob man gegen diesen Mit­arbeitenden vorgehen kann.

Damit man dieses Problem im Vornherein ausschliessen kann, empfiehlt es sich, in ­Reglementen klar zu definieren, wer welche Berechtigung zur Unterschrift hat, und dies auch extern entsprechend zu kommunizieren. Auch die Unterschrift zu zweien – Sachbearbeiter und Vorgesetzter – bringt eine gewisse Sicherheit in dieser Frage. Schliesslich sollte, gerade in grösseren Unternehmen, immer darauf geachtet werden, dass die Handelsregis­tereinträge à jour sind.

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Marion Morad-Marquardt ist Rechtsanwältin, MBA HSG mit Spezialgebiet Arbeitsrecht und eigener Anwaltskanzlei in Zürich. Sie berät vorwiegend Unternehmen in Fragen des Arbeitsrechts und des allgemeinen Wirtschaftsrechts. www.morad-law.ch

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