Roundtable

Allein unter Frauen

Wie ist es eigentlich, als Mann einen Job zu haben, der zu über 90 Prozent von Frauen ausgeübt wird? Wir haben jene gefragt, die das jeden Tag machen. Ein Roundtable mit fünf Assistenten. 

Herr Lacher, Sie haben sich während ihrer Weiterbildung zum Direktionsassistenten auf 300 Stellen beworben und viele Absagen bekommen und das darauf bezogen, dass Sie ein Mann sind. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? 
Stefan Keller: Das klingt krass. So habe ich das noch nie erlebt. Einmal ist es vorgekommen, dass der Chef auf einer Frau bestand und ein andermal reagierte die Firma offensichtlich nur bei weiblichen Bewerbungen.  
Torsten März: Herr Lacher, woher wissen Sie denn, dass ihr Geschlecht der Grund für die Absagen war? 
Roger Lacher: Ich hatte mit vielen Stellenvermittlern Kontakt und dort war das regelmässig die Botschaft, die bei mir ankam. Absagen lauteten auch öfter auf «Frau Lacher», da ergab sich schon ein bestimmtes Bild. 
Ute Barnickel: Ich hatte einmal den umgekehrten Fall. In einem Stelleninserat hatten wir
geschrieben, dass männliche Assistenten bei gleicher Qualifikation bevorzugt würden. Darauf bekam ich einen Anruf von der Rechts­abteilung eines grossen Industriekonzerns, die wissen wollten, ob mir das Antidiskriminierungsgesetz nicht bekannt sei. Das ist es natürlich, aber wir wollten explizit männliche Bewerber ermuntern. Ich denke, es gibt Bewerber, die sich sonst nicht angesprochen fühlen.
Andreas Lacko: Bei meinem Job wurde auch explizit ein Mann gesucht. Das war meine Chance. 
 
Warum wurde ein Mann bevorzugt? 
Lacko: Mein Chef hatte vorher eine Assistentin, mit der er sich wirklich sehr gut verstanden hat, und er wollte keinen weiblichen Ersatz, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass es mit einer anderen Frau nochmal so gut klappen könnte. Darum hat er sich für einen Mann entschieden, damit es wirklich etwas ganz anderes ist. 
Barnickel: Ich versuche immer wieder, bei meinen Klienten auch Männer für die eine Assistenzposition vorzuschlagen. Und ich stelle fest, das wird auch zunehmend einfacher. Es gibt glücklicherweise Auftraggeber, die explizit einen Mann suchen. Beispielsweise sagte mir vor einiger Zeit ein Klient aus der Kunstbranche: «Es fällt mir einfach leichter, einem Mann zu sagen, dass er meine Skulpturen von A nach B tragen oder das Auto zum Reifenwechsel in die Garage fahren soll.» Auch Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und abgelichtet werden, fühlen sich unter Umständen wohler, wenn nicht eine Frau an ihrer Seite auftaucht – das wirft viel eher Fragen auf. Mit einem männlichen Assistenten fühlen sie sich auf der sicheren Seite. 
März: Wir werden vielleicht weniger mit Samthandschuhen angefasst. Männer untereinander – ich denke, da geht es etwas gröber zu. Möglicherweise sind Männer untereinander nicht so offen wie mit Frauen.  
 
Es passiert ja öfter, dass man von «der Assistentin» redet? Wie gehen Sie damit um? Erfahren Sie Diskriminierung? 
März: In Deutschland hat sich das in den vergangenen Jahren geändert. Ich bin seit 16 Jahren bei der Deutschen Bank und habe seither auch mehrfach intern den Job gewechselt. Meiner Meinung nach findet man in so einem grossen Konzern immer etwas, denn man wird weiterempfohlen.
 

Mit dabei

  • Philipp Fischer, seit 2014 Anwaltsassistent bei Homburger AG in Zürich
  • Stefan Keller, seit Oktober Assistent des CEO bei Jobcloud AG in Zürich
  • Roger Lacher, selbständiger Assistent
  • Andreas Lacko, seit 2014 Office Manager im Swatch Lab in Zürich
  • Torsten März, seit 16 Jahren Assistent bei Deutsche Bank AG in Frankfurt, aktuell für den Global Investment Officer
  • Ute Barnickel, DA Unternehmensberatung, ­Executive Assistants Search
 
Sind Sie als Mann allein auf weiter Flur? 
März: Es gibt mittlerweile einige männliche Assistenten bei uns. Ich möchte aber auch hinzufügen, dass ich die Stelle für mich auch immer spannend gehalten habe, indem ich mir selbst immer wieder neue Projekte herangezogen habe. 
Lacko: Zum Thema Diskriminierung: Ich denke, es macht einen Unterschied, ob man sich als Assistant bezeichnet oder als Office Manager. Office Manager ist neutraler, da sind die Leute weniger überrascht, wenn sie einem Mann gegenüberstehen. 
Barnickel: Könnte hier vielleicht auch das Umfeld eine Rolle spielen? In traditionellen Unternehmen stellt man eher eine Frau als Assistentin an, in einem kreativen Umfeld dagegen vielleicht auch mal einen Mann?
Fischer: Ich denke, das kommt auf die Branche an. Bei uns in der Kanzlei arbeitet eine Handvoll Assistenten gegenüber rund 90 Assistentinnen. Das wird sich vielleicht langfris­tig ändern, wenn sich auch das Geschlechterverhältnis bei der Partnerschaft in der Kanzlei ändert und dort mehr Frauen sind, die vielleicht lieber mit Männern arbeiten. 
 
 
Wir hatten das Thema Berufsbezeichnung noch angesprochen. Herr Lacko hatte dafür plädiert, eher von Office Manager zu reden. Wie sehen die anderen das? 
März: Die genaue Bezeichnung ist für mich nicht so wichtig. Als Assistent ist man quasi 20 Personen in einem: Eventmanager, Projektleiter und manchmal auch Seelsorger für Kollegen.     
Barnickel: Geht die Bezeichnung Office Manager nicht in eine andere Richtung? 
Lacher: Das sehe ich auch so. 
Lacko: Ich habe so viele Aufgaben, ich bin Koordinator, Team Leader, Assistent. Im Jahr 2016 hat das Wort Assistent oder Assistentin etwas Negatives. Wir sind Koordinatoren oder Office Manager. 
Lacher: Ich finde das nicht negativ. Es hat mit Dienstleistung zu tun. Was soll man für ein neues Wort erfinden? Es heisst ja nicht, dass es unterwürfig sein muss. 
 
Im Interview mit einer Expertin über Geschlechtersegregation bei der Berufswahl (Seite 20) stellte diese die These in den Raum, dass die Bezeichnung möglicherweise viele daran hindert, diesen Job zu ergreifen. So hätten leider die Leute ein schiefes Bild vom Job und könnten sich die Dimensionen gar nicht vorstellen. 
Fischer: Das ist ein wichtiger Punkt. Ich habe das auch kürzlich erlebt, dass jemand zu mir sagte: «Aha, nach deiner Weiterbildung bist du dann diplomierter Kaffeekocher.» Da steckt immer noch ein Bild in den Köpfen, das nicht mehr der Realität entspricht. 
Barnickel: Aber das Bild kann sich wandeln und das wäre nicht das erste Mal. Ursprünglich war Sekretär ein männlich dominierter Beruf, Frauen übten diesen nicht aus. Ich stelle fest, dass das traditionelle Bild der Sekretärin aus den 50er- oder 60er-Jahren noch nicht ganz verschwunden ist. Jeder einzelne von Ihnen kann seinen Teil dazu beitragen, als Botschafter dafür sorgen, dass dieses Klischee verschwindet. Denn dieser Job ist sehr wohl auch für Männer interessant! Heute gehen die Aufgaben weit darüber hinaus, denn kaum ein anderes Berufsfeld hat sich in den vergangenen 20 Jahren so stark verändert. IT- und Kommunikationstechnologien, neue Arbeitsformen und umfangreichere Kompetenzen haben die Aufgaben beeinflusst.
 
Gibt es im Umfeld viel Erklärungsbedarf, was sich genau hinter dem Job verbirgt? 
März: Gibt es das nicht in jedem Job? Niemand weiss doch so ganz genau, was der andere macht. 
Fischer: Ich erlebe es so. Viele Menschen können sich nicht vorstellen, was am Assis-tenzjob so speziell ist. Er gilt meist einfach als normaler Bürojob und ich erkläre oft, was alles dazugehört und wie unglaublich breit gefächert unser Job ist. Das wissen Sie alle: Man plant seinen Tag und in den seltensten Fällen verläuft er dann auch wie geplant. Man muss extrem flexibel sein, weil plötzlich die Hölle losbrechen kann. Ausserdem geht der Job inhaltlich zum Teil extrem in die Tiefe. Assistenz ist so viel mehr als ein normaler Bürojob. 
März: Das stimmt. Wie oft ist aus einer banalen Kleinigkeit schon eine Aufgabe geworden, die einen dann den ganzen Tag lang beschäftigte. 
Lacher: Aber gerade das Unvorhergesehene macht ja den ganzen Spass am Job aus. 
Keller: Ich vergleiche die Assistenz gern mit meinem ehemaligen Job als Flight Attendant: expect the unexpected. Es ist eine Dienstleis­tungsaufgabe. Zuerst steigt der Passagier ein, er wird mit einem Lächeln begrüsst, dann löst man eine Herausforderung mit dem Passagier, der gerade einen Wunsch hat, anschliessend kommt es vielleicht zu einem medizini­schen Notfall, wo man schnell reagieren muss, und am Ende bricht ein Feuer aus und der ganze Plan ist dahin. Das macht die Herausforderung aus. 
Barnickel: Und die grosse Kunst ist daran, dass niemand bemerkt, wie viele Feuer da im Hintergrund gelöscht wurden, bevor sich überhaupt Rauch entwickeln konnte. 
Lacko: Oh ja! Proaktivität spielt eine grosse Rolle. Sich immer vorzustellen, was die nächs­te Frage sein könnte, und die Antwort dafür schon parat zu haben, wenn die Frage kommt, und sagen zu können: Erledigt! Das hilft extrem dabei, den Chef zu managen.
 

 

Das Wort «dienen» stand schon mehrmals im Raum. Wie wichtig ist die Dienstleis­tungsmentalität für Sie?
Barnickel: Ich hielt vor kurzem einen  Vortrag vor Assistent-innen und habe unter den Aufzählungen zum Thema «be a 5-Star Assistant» auch erwähnt, dass «to have a servant’s heart» aus meiner Sicht wichtig sei. Aus dem Publikum gab es daraufhin Einspruch von einer Teilnehmerin, die sagte, dass die Zeiten des Dienens und der Diener ja wohl inzwischen vorbei seien. Dabei ist das doch nun einmal Teil des Jobs. Warum nur, frage ich mich, wird versucht, alles von sich zu weisen, was mit dienen, respektive mit Dienstleistung zu tun hat? Das sollte doch eine zentrale Rolle spielen, oder nicht?
Keller: In einem Restaurant wird man ja auch bedient, da spielt es auch keine Rolle und dort wird das Dienen auch nicht hinterfragt. Es geht nur um die Servicequalität, um die Ausstrahlung und den Umgang mit den Gästen. Das Geschlechterthema ist dort übrigens auch keins – es ist den Gästen egal, ob sie von einem Herrn oder einer Dame bedient werden. 
März: Man muss da umdenken und sich als Teil von etwas Grösserem sehen. Letztlich geht es um den Erfolg der gesamten Firma oder des Projekts, da trägt jede Ebene ihren Teil zum Gelingen bei. Und es gehört dann eben auch dazu, dass ich meinem Chef einmal einen Kaffee serviere. Für mich ist das kein Problem.
Lacher: Wer nicht begreift, dass er in diesem Job nicht den Oskar bekommt, ist dort falsch. Es ist einfach so: Man dient. Und Dienen ist weder ein schlimmes Wort noch eine schlimme Tätigkeit. Man hält jemandem den Rücken frei, damit sich dieser auf das Massgebende konzentrieren kann und holt die Kohlen aus dem  Feuer. 
Lacko: Was einfach oft fehlt, ist der Team­gedanke. Es ist wichtig, dass der Chef sich mit einem zusammen als Team betrachtet. Kennt ihr die US-Serie Suits? Dort ist es genauso. Die beiden sind ein Team. Schliesslich haben wir in der Assistenzrolle auch eine gewisse Macht. Natürlich steht der Chef im Scheinwerferlicht, aber wir können den Scheinwerfer ausschalten. Wir können das Leben der Chefs ziemlich unangenehm machen. Und wenn ein Chef seinen Assistenten schlecht behandelt, muss man sich das nicht gefallen lassen. Wir sind nicht einfach nur abhängig. Als echtes Teammitglied kann man auch Einfluss nehmen. 
Lacher: Ich denke, mehr und mehr greift dieser Teamgedanke auch. 
Keller: Für mich ist das Thema Hierarchie gerade sehr präsent. In meinem letzten Job war ich bei einem grossen Finanzkonzern und jetzt arbeite ich in einem KMU mit 179 Mitarbeitenden. Ein riesiger Unterschied. Bei uns herrscht eine Offene-Tür-Politik. Die Agenda meines Chefs ist offen, jeder kann sich dort einen Termin eintragen. Es ist sehr familiär. Die gewohnte Rolle als Gatekeeper brauche ich dort intern nicht auszuleben – im Gegensatz zu meiner vorherigen Stelle im Grosskonzern. Die «Macht», die mit der Rolle des Assistenten des CEO einhergeht, brauche ich eher, um ihn gegen aussen zu vertreten und abzuschirmen. 
 
Wir haben Miss Moneypenny vor dreieinhalb Jahren ins Leben gerufen. Wie ist das, wenn man als Mann in diesem Job mit einem Fachmagazin konfrontiert ist, das klar auf eine weibliche Zielgruppe abzielt? Fühlen Sie sich diskriminiert?
Lacher: Als mir Miss Moneypenny in die Hände fiel, hab ich gefunden, man sollte auch mal einen Beitrag über männliche Assistenten schreiben. Aus dem Grund hatte ich mich damals bei Ihnen gemeldet, denn das war mir ein Anliegen. 
Fischer: Mich hat das vom Namen her nicht gestört. Aber ein paar mehr Männer im Heft wären schon toll. 
Lacko: Es gab bei uns einmal eine unbeliebte Assistentin, die wir Miss Moneypenny getauft haben. (Alle lachen.) Ich finde den Namen kreativ. 
Lacher: Ich bin zwar nicht heikel, aber im Zug würde ich ein Magazin mit diesem Namen vielleicht nicht unbedingt lesen. 
Keller: Ich bin extrem auf die Reaktionen gespannt, wenn die Leser sehen, dass es auch Männer gibt, die an diesem Beruf Freude haben und darin eine Zukunft für sich sehen.   
Barnickel: Das Manager Magazin heisst ja auch nicht das Managerinnen Magazin und 99 Prozent der Zielgruppe von Miss Moneypenny sind nun einmal Frauen. Sehen wir das doch bitte mit einer gewissen Gelassenheit. Man weiss auf jeden Fall sofort, worum es geht. 
 
Gibt es das Bedürfnis, sich unter Assis­tenten zu vernetzen? 
März: Vernetzung ist das A und O. Nicht nur unter Assistenten, sondern generell. 
Barnickel: Gehen Sie denn generell zu Networking-Veranstaltungen, die sich gezielt an Assistenten und Assistentinnen richten? 
März: Ich wurde sogar schon für Vorträge bei einer Assistenzmesse angefragt. Aber ich habe mich noch nicht so richtig getraut. Was ich schon oft besucht habe, sind natürlich alle Arten von Sekretariatsweiterbildungen. Aber da habe ich bisher noch nicht das mitgenommen, was ich erwartet hätte. Auf Übungen, wie mit einem Buch auf dem Kopf durch den Raum laufen, um mich wichtig zu fühlen, kann ich für so viel Geld gut verzichten. 
 
Was wäre für Sie denn spannend? 
März: Zu üben, wie man schwierige Gespräche führt, Sprachkenntnisse oder auch Projektmanagement und BWL. 
Keller: Ich schätze solche Diskussionen, wie wir sie hier gerade führen, sehr.  
Barnickel: Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, es laufe besser mit einem Mann?
Fischer: Ich habe zwei Chefs und eine Chefin und wir hatten nie solche Diskussionen. Das ist natürlich ein grosses Privileg. Es funktioniert einfach toll. Da muss man nicht viele Worte verlieren. Ich hatte aber einmal eine Chefin, mit der es eben nicht klappte. Aber ob das jetzt am Geschlecht lag, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlicher ist wohl, dass es von der Persönlichkeit her nicht passte. 
März: Mein erster Chef wollte nach mir nur noch männliche Assistenten. Vielleicht empfindet er die Arbeit mit einem Assistenten als unkomplizierter. 
Lacher: Du wirst eben nicht schwanger. (Alle lachen.)
Barnickel: Vielleicht müssen die Chefs noch auf den Geschmack kommen. Aber ich habe das feste Vertrauen, dass sie das so langsam tun, und zwar männliche ebenso wie weibliche Führungskräfte. Das kann ich bestätigen.
Lacko: Wie halten Sie es mit dem Thema ­Abgrenzung und Nein sagen? Zu mir kommt nicht nur der Chef mit seinen Aufgaben, sondern auch andere Mitarbeiter, und ich versuche, wirklich allen gerecht zu werden und in 90 Prozent der Fälle gelingt das auch. Die Kehrseite davon sind dann aber die zehn Prozent, in denen ich Nein sagen muss. Das wird schwer akzeptiert. 
März: Ich kenne das Problem. Wer immer nur ja sagt, bringt sich selbst in die Bredouille, denn man kann nicht immer alles für jeden sein. Entsprechend muss man sich auch trauen, mal Nein zu sagen. Wer zu viele Aufgaben von anderen übernimmt, hat dann keine Kapazitäten mehr, um seinen Chef zu unter­stützen, wenn dieser einen dringend oder kurzfristig für etwas braucht. 
Fischer: Wenn jemand Nein sagt, dann gilt das auch. Erst recht bei Personen, von denen man weiss, dass sie alles möglich machen, was geht. Wer das nicht akzeptiert, verbaut sich die Chance auf eine gute Zusammen­arbeit. 
 
In der Assistenz werden eher Stellen abgebaut als geschaffen. Immer öfter haben Manager keine eigene Assistentin mehr. Wie sehen Sie die Zukunftsperspektive im Assistenzjob? 
Lacher: Ja, das ist schade, aber die Entwicklung kann man nicht aufhalten. Dennoch denke ich, dass vor allem die grossen Unternehmen immer Assistenten brauchen werden. Und kleinere Unternehmen haben vielleicht keine eins-zu-eins-Assistenz mehr, aber ein Sekretariat haben alle. 
Fischer: Ich denke, es gibt vor allem viele Family Offices, wo es noch Jobs für Assis-tenten gibt. Bei uns in Zug gibt es einige diskrete Leute aus aller Welt, die vor Ort jemanden suchen, der gut vernetzt ist und sich auskennt. 
März: Ich mache mir keine Sorgen. Ich habe mir in all den Jahren in jeder neuen Stelle immer wieder alles neu aufgebaut und von vorne angefangen. Man muss einfach flexibel sein.  
Lacko: Das stimmt. Im Assistenzjob fängt man immer wieder von vorne an und lernt, welche Politik in welchem Unternehmen gilt, und es dauert mindestens ein Jahr, bis der neue Job Routine wird. Für die Zukunft werde ich mir aber vermutlich keinen neuen Job als Assistent suchen. Ich arbeite jetzt schon 80 Prozent und habe in der Freizeit noch ein eigenes Designprojekt, an dem ich arbeite. 
 
Warum wollen Sie dem Job nicht treu bleiben? 
Lacko: Als Assistent steigt man oft nur auf dem Papier auf. Man entwickelt sich vielleicht vom Junior Assistant zum Executive Assistant und Senior Executive Assistant. Aber trotz anderem Titel bleibt das Salär gleich und der Job eben auch. Das finde ich schwierig. Es gibt wirklich noch viel zu tun, um Assistentinnen und Assistenten im Job besser zu motivieren. Ausserdem fehlt mir die Entscheidungskompetenz. Alles ist immer hochpolitisch, ich kann selten Ja oder Nein sagen und selbst entscheiden.  
Lacher: Für mich ist das mit den Aufstiegsmöglichkeiten kein Problem. Ich hatte sowieso nie vor, Direktor zu werden. 
Barnickel: Etwas, das jetzt ich vermehrt be­obachte, sind Anfragen nach technischen oder betriebswirtschaftlichen Assistenten. Diese Stellen existieren dann parallel zur klassischen PA, bei dem/der dann allerdings vielleicht das eine oder andere spannende Projekt entfällt. Aber ich finde die Karriereoption Executive Assistant hochinteressant. Man kann sich durch verschiedene Branchen und Firmen arbeiten und dabei so viele spannende Sachen lernen, den Weg immer ein Stückchen weitergehen oder bis zum Assistenten des Verwaltungsrats aufsteigen. Wobei sich da die Frage stellt, ob das am Ende die spannendste Option ist.
Alle: Nein.
Keller: Es kommt auf den Chef an. Je nachdem gibt der Job mehr oder weniger her. 
 
Wie sieht das bei den anderen aus? In welchen Bereichen können Sie selbständig Entscheidungen treffen?
März: In einigen. Ich hatte mal einen Chef mit 150 Mitarbeitenden. Da musste ich selbst entscheiden, wen ich für welches Thema anfrage und wem ich welchen Auftrag erteile. Man kann den Chef ausserdem bei gewissen Dingen in bestimmte Richtungen lenken und Entscheidungen herbeiführen, wenn man sich absolut vertraut.
Fischer: In einer Anwaltskanzlei ist naturgemäss viel geregelt und es bleiben wenig Möglichkeiten, um sich auszuleben. Aber es gibt viele kleinere Dinge, um die sich meine Chefs gar nicht kümmern können und wo ich selbstverständlich entscheide. Und das wird umso einfacher, je besser ich sie kenne und weiss, wie ich am besten in ihrem Sinne entscheiden kann. 
 
Herr Lacher, wie geht es für Sie jetzt weiter?
Lacher: Ich mache mich als Assistent selbständig. So wie ich die Dinge sehe, rutscht man entweder, wie die meisten hier, irgendwann in den Job rein, ohne sich explizit dafür zu entscheiden oder man hat es schwer. Gerade mit dem Alter ist ein Quereinstieg keine einfache Sache mehr. Obwohl ich in einem Sekretariat tätig war und auch sonst einen vielseitigen Lebenslauf habe, was für die Assistenz praktisch ist.
Fischer: Ich komme aus der Reisebranche, bin also auch ein Quereinsteiger und habe mich vor drei Jahren bewusst für diesen Job entschieden. Bei meinem neuen Arbeitgeber wurde mir nahegelegt, die Weiterbildung zum Direktionsassistenten zu absolvieren und in vielen Stellenausschreibungen wird die auch verlangt. Selbst wenn man zehn Jahre als Assistent gearbeitet hat, heisst es nicht unbedingt automatisch: «Ja, der kann das.» Oft braucht es einfach noch ein Zertifikat, welches das bescheinigt. 
 
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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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