Körpersprache

Zähne zeigen oder nicht?

Anfang des Jahres wurde eine Szene zwischen Donald Trump und Shinzo Abe zum Internethit. Der US-Präsident gab dem japanischen Premier zur Be­grüssung die Hand und drückte sie. Abe lächelte. Trump drückte fester. Abe lächelte. Trump drückte immer weiter. Er dachte wohl, wer lächelt, dem gefällt’s. Weit gefehlt. Abes Lächeln war ein Ausdruck reinen Unbehagens. Der Händedruck der beiden Politiker zeigt, was in der internationalen nonverbalen Kommunikation so alles schieflaufen kann. 

Wenn man nicht gerade das berühmte Pokerface erlernt hat, werden Stimmungen und Gefühle automatisch in Gestik und Mimik ausgedrückt. Meist automatisch und schon, bevor man sie verbal äussern kann. Doch das birgt ein immenses Potenzial für Missverständnisse, wenn man es mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zu tun hat. «Die kulturabhängige Körpersprache ist sehr unterschiedlich», erklärt die Trainerin Monika Matschnig. Und das fängt schon beim Lächeln an. Während es in Europa üblich ist, laut zu lachen und dabei die Zähne zu zeigen, würde das in Asien niemandem passieren. «Asiaten halten sich immer die Hand vor den Mund, um die Zähne nicht zu zeigen», sagt Matschnig. Sie würden allerdings auch dann noch lächeln, wenn ihnen etwas nicht gefällt und ein Europäer schon längst böse dreinschauen würde. Denn Japaner verbergen Unbehagen traditionell hinter einem Lächeln, ein Umstand, der Donald Trump wohl nicht geläufig war. 
 
 

Lieber nicht wegschauen

Wer mit Geschäftspartnern aus anderen Kulturkreisen zu tun hat, ist deshalb gut beraten, wenn er sich vor einem Zusammentreffen über die wichtigsten Regeln schlau macht. «Man kann zwar eine fremde Körpersprache nicht wirklich erlernen, aber man zeigt immerhin Respekt und Interesse», sagt Matschnig. In Japan zum Beispiel werden Geschenke stets mit beiden Händen angenommen. Wer so die Visitenkarte in Empfang nimmt, der weist sich als Japankenner aus und ist sich der Sympathie seiner Geschäftspartner sicher. Doch man erntet nicht nur den Respekt, wenn man sich für die körpersprachlichen Signale einer anderen Kultur interessiert. Man erhält auch selbst mehr Klarheit und kann sein Gegenüber besser einschätzen, wenn man die Gesten fremder Kulturen zu deuten weiss. Und das kann einen entscheidenden Unterschied machen in der Bewertung von Situationen und Zusammentreffen. Beim Blickkontakt zum Beispiel scheiden sich nämlich ebenso die Geister wie beim Lächeln. Wer nicht weiss, dass direktes Anschauen in China gänzlich unüblich ist, wird es vielleicht als negativ bewerten, dass der chinesische Geschäftspartner einem niemals in die Augen schaut.
 
 
Andersherum kann man mit dem konsequenten Blickkontakt von Menschen aus arabischen Kulturen besser umgehen, wenn man weiss, dass es nicht als unhöfliches Anstarren zu werten ist. «Das Auge gilt dort als Spiegel zur Seele und wer wegguckt, dem wird nicht geglaubt», erklärt Matschnig. Manchmal ist es aber auch gar nicht so einfach, sich auf die fremden Gepflogenheiten einzustellen. Gerade im arabischen Raum gibt es zum Beispiel eine Regel, die vor allem für Linkshänder nur schwer einzuhalten ist. «Die linke Hand gilt als unrein, sie darf beim Business-Essen niemals auf den Tisch», erklärt Matschnig. Da kann es dann für einen Geschäftsabschluss sogar besser sein, wenn der Linkshänder zu Hause bleibt und stattdessen ein Rechtshänder geschickt wird. 
 
 
Da der erste Eindruck zählt, ist es gerade bei einer Begrüssung wichtig, die Regeln zu kennen. Doch keine Angst, kein Japaner erwartet heute noch, dass man sich verbeugt, wenn man ihn begrüsst. Und auch Inder sehen darüber hinweg, wenn das Namaste und die dazugehörige Geste ausfallen. «Auf dem internationalen Business-Parkett haben sich die Regeln an die westliche Kultur angepasst», sagt Matschnig. Gerade bei der Begrüssung sei ein Händedruck weltweit üblich geworden, zumindest wenn einer der beiden Partner aus dem westlichen Kulturkreis komme.
 
 
Doch auch dieser fällt in unterschiedlichen Kulturen ganz verschieden aus. «Franzosen und Asiaten mögen es nicht fest, Russen und Amerikaner dafür umso mehr», sagt Matschnig. Wer sich nicht sicher ist, was gerade angesagt ist, dem rät die Expertin zur empathischen Lösung. «Erstmal schaut man, ob der andere einem die Hand überhaupt hinstreckt», schlägt sie vor. Danach sollte man nicht als Erster zudrücken, sondern warten, bis der andere es tut, und die Druckfestigkeit spiegeln. «Damit kann man nichts falsch machen», sagt Matschnig. 
 
 

Lieber erstmal zurückhaltend

Da die Gepflogenheiten rund um die Welt so verschieden sind, ist es schwer, eine generelle Verhaltensempfehlung abzugeben. «Am besten ist es aber, wenn man sich bei Partnern aus fremden Kulturen erstmal eher zurückhält mit der Körpersprache», sagt Matschnig. Doch das ist gar nicht so einfach und wirkt oft aufgesetzt, wenn man selbst im normalen Leben eher ausladende Gesten gewöhnt ist. Und bei manchen Kulturen ist es auch gar nicht nötig. Eine grobe Entscheidungshilfe liefert da die Einteilung in monochrone und polychrone Kulturen.
 
 
Eigentlich bezieht sich die Unterscheidung auf den unterschiedlichen Umgang mit Zeit, aber sie spiegelt sich auch in der Gestik wider. Die monochronen Kulturen Asiens, Mittel- und Nordeuropas oder Nordamerikas bevorzugen eher zurückhaltende und reduzierte Gesten. Die polychronen Kulturen aus dem arabischen Raum, aus Afrika, Lateinamerika oder auch Russland dagegen drücken sich lebendiger und expressiver aus. «Wenn man sich das vor dem Kontakt klar macht, hat man schon einen Hinweis darauf, wie man sich am besten verhält», sagt Matschnig. 
 

Zur Person

Monika Matschnig ist Expertin für Körpersprache und Autorin mehrerer Bestseller. Seit fast 20 Jahren ist sie als Keynote Speakerin, Trainerin und Coach international tätig. Monika Matschnig ist über info@speakers-excellence.ch für Veranstaltungen buchbar. 

 

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