Wo Schweigen kein Gold ist
Wer denkt, beim Geschäftsessen dreht sich alles nur um Fakten und um rein geschäftliche Themen, der irrt. Der Smalltalk ist die hohe Kunst des Tischgespräches. Einige Themen sollte man dabei jedoch aussen vor lassen: Sowohl Klatsch als auch Politik haben bei Tisch nichts zu suchen.
«Das sollten wir bei einem Essen besprechen», ein Satz, den man im Geschäftsleben häufig hört. Täglich sitzen Geschäftsleute auf der ganzen Welt zusammen, essen gemeinsam und besprechen dabei Projekte oder feiern einen Geschäftsabschluss. Dabei sind gerade die scheinbar kleinen, belanglosen Gespräche ein wichtiger Türöffner – wenn man weiss wie.
Die grosse Kunst des kleinen Gesprächs Der berühmte Smalltalk stellt die Brücke zu grossen Themen dar und ist ein Eisbrecher für jedes Gespräch und jeden Beziehungsaufbau. Dabei sollte man keine Angst vor Banalitäten haben. «Smalltalk ist der Einstieg für ein Verhandlungs- oder Fachgespräch oder um einfach Kontakte zu knüpfen», sagt Smalltalk-Coache Ilona Quick. «Das Thema Wetter ist zwar extrem abgedroschen, doch lässt sich von gutem Wetter schnell auf Themen wie Ferienplanung & Hobbys überleiten.» Man sollte jedoch stets darauf achten, nicht zu indiskret zu werden. Fragen nach der Familiensituation können aufdringlich wirken. «Antworten Sie auf persönliche Fragen ruhig offen und ehrlich, geben Sie jedoch nicht alles von sich preis», meint Ilona Quick. «Sie leben in Scheidung? Erwähnen dürfen Sie das, falls nach Ihrem Familienstand gefragt wird, Details aber möchte niemand wissen.»
Reichhaltiges Themenspektrum Doch was ist die richtige Themenwahl für ein Geschäftsessen? Sport ist zum Beispiel ein ausgezeichnetes Smalltalk-Thema. Vor allem, wenn sich die Gesprächspartner für dieselbe Sportart begeistern. Gleiches gilt für Reisen, Städte, Musik, Filme und Bücher oder die Qualität des Essens – Wichtig ist: Kommentieren Sie jedoch stets positiv. Nörgler kommen nicht gut an. Sollten Sie mit dem Geschmack des Gesprächspartners nichts anfangen können, empfiehlt sich, das Thema zu wechseln – starten Sie grundsätzlich keine Diskussionen während eines Geschäftsessens. «Es ist immer vorteilhaft, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die allen Gesprächspartnern gefallen», weiss Leonie Kastner. Zudem rät sie, einen grossen Bogen um Themen wie Politik, Religion, Weltanschauungen, Krankheiten, Gebrechen, Tod und Kritik an anderen Personen zu machen. Und anders als viele denken, sind auch Geschäftsthemen bei Geschäftsessen meist fehl am Platze. «Welcher professionelle Unternehmer würde schon Vertrauliches oder Betriebsinternes in einem öffentlichen Rahmen besprechen wollen? Vielmehr dient das Geschäftsessen dem ersten Beschnuppern bzw. besserem Kennenlernen und «stimmt bereits hier die Chemie zwischen den Gesprächspartnern nicht, stehen weitere Zusammenarbeiten unter einem denkbar schlechten Stern», so Ilona Quick.
«Solange man selbst redet, erfährt man nichts.»
Marie von Ebner-Eschenbach
Übung macht den Meister
Wer im Smalltalk ungeübt ist, sollte sich bereits vor dem Termin Gedanken über zwei bis drei mögliche Themen machen. Um sich auf das Tischgespräch vorzubereiten, sollte man sich einige W-Fragen zurechtlegen: «Was könnte mich am Gesprächspartner interessieren?», «Was weiss ich bereits vom Gesprächspartner?», «Welche Themen könnten passen?» und «Wie findet er ...?» Oder wie Anke Willberg in ihrem Business-Knigge verrät: «Achten Sie stets darauf, dass ein Dialog und kein Monolog entsteht. Am einfachsten entsteht dieser, wenn offene Fragen gestellt werden.» Geübte Smalltalker werfen sich gegenseitig Bälle zu, damit das Gespräch nicht in einer Sackgasse endet. Reden Sie jedoch nur über Fakten, die Ihnen vertraut sind. Versuchen Sie nicht, sich als Laie auf einem Themengebiet zu bewegen, von dem Sie allenfalls bisher nur am Rande etwas mitbekommen haben. Das könnte zu einer Blamage führen. Und sollte der Gesprächspartner Anstalten machen, das Gesprächsthema wechseln zu wollen, gehen Sie möglichst schnell darauf ein. Vermeiden sollte man ausserdem, zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Laut lachen ist in Ordnung, mit jemandem am anderen Ende der Tafel lautstark zu kommunizieren nicht. Befindet man sich in einer Dinner-Runde, sollte man während des Abends versuchen, mit beiden Sitznachbarn zu kommunizieren.
Meckern verboten Auch wenn die Kartoffeln zu kalt sind, das Fleisch ist zäh, die Suppe versalzen und bei der Bestellung etwas schief gelaufen ist. Erwähnen Sie das nicht. Was immer Sie tun, meckern Sie nicht: Weder über das Essen noch über andere Dinge wie das Wetter, die Arbeit oder über Kollegen. Selbst wenn Sie gefragt werden, ob es Ihnen geschmeckt hat, sprechen Sie notfalls über die Komponente des Essens, die lobenswert sind. Wenige lobende Worte reichen im Zweifel aus. Und selbst wenn es gar nicht schmeckt: Etwa drei Viertel des Essens sollten Sie trotzdem verspeisen. Den Rest können Sie auf Ihrem Teller liegenlassen.
Stil-Experten können nicht oft genug betonen, niemals mit vollem Mund zu sprechen. Doof nur, wenn sich das zu grosszügig abgeschnittene Stück Fleisch partout nicht runterschlucken lässt oder man gefühlt ewig am Salatblatt kaut. Für Ilona Quick ist das gar kein Problem: «Haben Sie den Mut zur Pause. Pausen lassen Sie ohnehin souveräner wirken.» Wenn Gesprächspausen entstehen, muss man nicht krampfhaft versuchen, das Gespräch aufrechtzuerhalten. Versuchen Sie stattdessen, das bisher Gesagte im Kopf zu resümieren und über ein anknüpfendes Thema nachzudenken. Allzu langes Kauen lässt sich jedoch durch kleine Portionen auf der Gabel vermeiden. Generell sollten keine Fragen gestellt werden, solange der Tischnachbar den Mund voll hat. Zuhören und reden sollten alle Beteiligten ungefähr gleich viel.
Schau mir in die Augen & Wohlfühlmomente
«Gelungen ist Smalltalk dann, wenn alle Geschäftspartner sich während der Unterhaltung wohlfühlen und das gemeinsame Essen mit einem guten Gefühl verlassen. Sorgt man mit der lockeren Plauderei dafür, dass sich das Gegenüber wohlfühlt, bleibt man in positiver Erinnerung», meint Leonie Kastner in ihrem Kommunikationsratgeber. «Dazu sollte man immer auf die eigene Körpersprache achten, signalisieren Sie Ihrem Gesprächspartner Aufmerksamkeit, halten Sie jedoch gleichzeitig genügend Abstand – sprich, beugen Sie sich nicht zu weit zu Ihrem Gesprächspartner hinüber», mahnt die Kommunikationsberaterin weiter. «Eine offene Körpersprache und Blickkontakt signalisieren Gesprächsbereitschaft, wirken aufgeschlossen und selbstbewusst», weiss auch Stillexpertin Elisabeth Bonneau. Wer etwas erreichen will, sollte seinen Mitmenschen also in die Augen schauen und ihnen bereits bei der Begrüssung das Gefühl vermitteln, ganz bei ihnen zu sein.
«Ein Lächeln ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen», sagt ein chinesisches Sprichwort. Und das stimmt. Lächeln verbindet, weckt positive Gefühle und schafft auf Anhieb eine angenehme Atmosphäre. Wohingegen verschränkte Arme vor der Brust immer ein Zeichen für Ablehnung sind – egal, ob im Stehen oder Sitzen. Der erste Eindruck entsteht unbewusst in einer Zehntelsekunde, hält sich jedoch hartnäckig. Auch nach einem längeren Gespräch ändert sich der erste Eindruck in der Regel nicht. Der erste persönliche Kontakt beginnt mit der Begrüssung, für die der Blickkontakt entscheidend ist. Wer anderen in die Augen schaut, wirkt offen und aufgeschlossen. Bei fehlendem Blickkontakt schliesst das Gegenüber auf mangelndes Selbstbewusstsein oder Desinteresse.
Bitte mit Begleitung Hin und wieder kommt es vor, dass Geschäftspartner mit Begleitung einladen. In diesem Fall gilt ganz klar: «Fachjargon, fachliche Debatten und Insider-Themen, die Aussenstehende nicht verstehen, sind tabu!» so weiss es Bonneau. «Gesprächsthemen werden stets so gewählt, dass Begleitpersonen von der Unterhaltung nicht ausgeschlossen sind; geschäftliche Gesprächspunkte können wenn überhaupt nach dem Dessert kurz geklärt werden.» Und Agnes Anna Jarosch, Chefredakteurin «Der grosse Knigge» sowie Leiterin des «Deutschen KniggeRats», rät gar: «Halten Sie sich als Gast mit fachspezifischen Debatten zurück. Kritische oder unangenehme Themen schlagen auf den Magen. Klären Sie diese stets im Besprechungszimmer und nicht im Restaurant. Nur wenn der Gastgeber von sich aus einen geschäftlichen Gesprächspunkt anschneidet, dürfen Sie kurz darauf eingehen.»
Guten Tag und Auf Wiedersehn!
Freudestrahlend auf sein Gegenüber zu stürmen und ihm die Hand zu reichen, mag hingegen im Privatleben ein netter Zug. Beim Geschäftsessen mit Geschäftspartnern oder Kunden gibt es jedoch strenge Regeln, und diese legen fest, dass der Ranghöchste (bei gleichem Rang der ältere) den Begrüssungsmodus vorgibt. Schüttelt er den Geschäftspartnern die Hand, sollten die Anwesenden es ihm gleichtun. Belässt er es bei einem freundlichen Willkommensgruss in die Runde, ist dieser für die anderen verbindlich. Die Karriere-Berater Jürgen Hesse und Hans Christian Schrade fassen es folgendermassen zusammen: «Der Gastgeber ergreift immer die Initiative zur Begrüssung. Er begrüsst zuerst die ranghöhere, dann die rangniedere Person. Begleitpersonen «erben» den Rang ihres Partners. Sofern der Gastgeber die Begleitung kennt, gilt stets «Ladies first. Kennt der Gastgeber die Begleitung nicht, muss sie vorgestellt werden.» Im Geschäftsleben gilt zudem immer: Stehen Sie zur Begrüssung auf – das gilt auch für Frauen!
Ebenso wichtig wie die Begrüssung ist die Verabschiedung. Nach einem gelungenen Businessdinner vergessen Sie nicht, sich rechtzeitig wieder zu verabschieden, denn «nichts ist schlimmer als Gäste, die kein Ende finden», so Elisabeth Bonneau. Nach dem Kaffee ist der richtige Moment, um ggf. noch kurz ein geschäftliches Thema anzusprechen. Als guter Gast wissen Sie zudem, dass etwa 15 Minuten nach dem Kaffee die Zeit zum Aufbruch gekommen ist. Der Gastgeber wird sich für Ihr Kommen bedanken und die Tafel aufheben. Zieht sich der Abend nach dem Kaffee noch weiter in die Länge, dürfen Sie auch als Gast die Initiative zum Aufbruch ergreifen. Vergessen Sie nicht, sich für das Essen zu bedanken. Das können Sie schon am Abend tun. Je nachdem, in welchem Verhältnis Sie zu dem Gastgeber stehen, können Sie am nächsten Tag auch eine kurze E-Mail schicken und sich darin für den schönen Abend und das gute Essen bedanken.
Der kurzweilige Plausch
Beim Smalltalk geht es nicht um das nächste grosse Projekt oder ein wichtiges anstehendes Erlebnis, sondern um alltägliche Kleinigkeiten. Die Gespräche besitzen wenig Tiefgang, bleiben an der Oberfläche. Er ist jedoch zu unterscheiden von:
- Klatsch, dem Austausch von Gerüchten über nicht anwesende Personen
- Palaver, einem langwierigen, inhaltsleeren Gespräch
- phatischer Kommunikation wie beim Austausch «Schönes Wetter heute! «Ja!».