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Was ist überhaupt… Scrum
Ein Projekt steht an. Das Know-how ist da, Manpower auch. Dann wird geplant, getüftelt und gearbeitet – und nach Monaten ist klar: Das Ergebnis ist ein Flop. Mit der agilen Projektmanagement-Methode Scrum wäre das wahrscheinlich nicht passiert.
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Worum geht’s?
Beim Projektmanagement mit Scrum liegt der Schwerpunkt nicht wie bei statischen Methoden auf der ausführlichen Planung zu Beginn des Projekts und einer strengen Kontrolle durch einen Projektleiter. Stattdessen setzt Scrum auf ein erfahrenes Team, das ein Projekt selbstorganisiert durchzieht, Fortschritte und Schwierigkeiten immer transparent im Blick hat und flexibel auf Veränderungen reagiert.
Wo kommt’s her?
Der Begriff «Scrum» bedeutet auf Deutsch «Gedränge» und stammt eigentlich aus dem Rugby. Er bezeichnet einen Spielzug, bei dem der Ball wieder ins Spiel gebracht werden muss und beide Teams sich um ihn herum drängen, um ihn zu bekommen. Dieses Bild wurde auf das Projektmanagement übertragen.
Wofür wird’s benutzt?
Scrum wurde ursprünglich in der IT, genauer in der Softwareentwicklung, eingeführt und genutzt. Mittlerweile hat sich die Methode weiterentwickelt und ihre Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig geworden. Sie kommt bei der Entwicklung von Produkten ebenso zum Einsatz wie bei der von Dienstleistungen, und auch Organisationsprozesse lassen sich damit neu erfinden oder verbessern. «Mit Edu-Scrum hat die Methode sogar an Schulen Einzug gehalten», sagt Kai Simons, Scrum Coach bei Das Scrum Team.
Wie funktioniert’s?
«Scrum an sich ist eine extrem simple Methode», sagt Simons. Man braucht nur ein Team mit drei Rollen, ein Product-Backlog, vier Rituale und fünf Werte. Und dann kann’s losgehen.
Die Rollen
1. Der Product-Owner: «Er ist quasi der Steve Jobs eines Projekts», sagt Simons. Ein Visionär mit einer klaren Idee also, der ein Ziel im Auge hat und die Entwicklung steuert.
2. Das Entwicklungsteam: ein interdisziplinäres und möglichst heterogenes Team, das sich selbst organisiert und das Projekt entwickelt.
3. Der Scrum-Master: «Er ist Moderator, Coach und eine Art Sozialarbeiter fürs Team», sagt Simons mit einem Augenzwinkern. Als Spezialist für die Methode sorgt er dafür, dass alle gut zusammenarbeiten und der Scrum-Prozess an sich funktioniert. Er braucht keinen fachlichen Bezug zum Projekt selbst.
Das Product-Backlog
Zu Beginn eines jeden Scrum-Prozesses erstellen Team und Product-Owner ein Product-Backlog, in dem alle Anforderungen an das Produkt oder die Dienstleistung festgehalten werden. Im Gegensatz zu klassischen Projektmanagement-Methoden ist das Backlog aber nicht statisch. «Es kann und soll sich im Verlauf des Projekts ändern», sagt Simons.
Die Rituale
Beim Scrum-Prozess wird das Projekt vom Team in Teilstücke, sogenannte Sprints, unterteilt. Die Dauer der Sprints ist festgelegt, sie laufen nicht länger als vier Wochen. Die vier Rituale sind fester Bestandteil eines jeden Sprints.
1. Die Sprintplanung: Das Team entscheidet, was von den Punkten auf dem Backlog in den nächsten Sprint passt und was von wem erledigt wird. Es legt damit auch das Sprintziel fest, das immer aus einem vorzeigbaren Ergebnis besteht.
2. Daily-Scrum: Das Team trifft sich täglich jeweils 15 Minuten lang zur Abstimmung. «Hier werden Fortschritte und Probleme besprochen, sodass jeder weiss, wo der andere gerade steht», sagt Simons.
3. Review: Am Ende eines jeden Sprints wird das Ergebnis einer Gruppe von Externen präsentiert. «Durch das regelmässige Feedback in relativ kurzen Zeitabständen ist schnell klar, ob sich ein Projekt in eine brauchbare Richtung entwickelt oder nicht», sagt Simons. Die Ergebnisse aus dem Review verändern dann gegebenenfalls das Product-Backlog.
4. Retrospektive: Regelmässig nach jedem Sprint trifft sich das Team und tauscht sich über den Prozess selbst aus. Was lief gut in der Zusammenarbeit, wo hakte es? Da kann dann der Scrum-Master ansetzen und Veränderungen herbeiführen. «Wichtig ist, dass das Team dafür einen sicheren Raum hat, damit alles auf den Tisch kommen kann», sagt Simons.
Die Werte
«Scrum kreiert bestimmte Werte und setzt gleichzeitig auf sie», erklärt Simons.
1. Offenheit: Fortschritte werden ebenso wie Probleme schnell erkannt und öffentlich.
2. Fokus: Scrum lebt durch die Konzentration auf die relevanten Dinge. Was man nicht braucht, wird weggelassen.
3. Mut: Veränderungen gehören zum Scrum-Prozess dazu und müssen akzeptiert werden.
4. Respekt: Gerade in interdisziplinären Teams treffen viele unterschiedliche Sichtweisen zusammen, die von jedem Einzelnen toleriert werden müssen.
5. Commitment: Im Scrum haben die Mitglieder des Teams viel mehr Verantwortung als in normalen Strukturen. Das müssen sie wollen. «Genauso muss ihnen die Führungsriege das auch zugestehen und den Teams vertrauen», sagt Simons.
Was bringt’s?
Einige der grossen Vorteile von Scrum sind die ständige Sichtbarkeit des Projektfortschritts sowie die Möglichkeit der sofortigen Reaktion und Veränderung. «Da Entwicklungen in die falsche Richtung schnell erkannt und gestoppt werden können, sinkt die Zeit bis zur Markeinführung neuer Produkte», sagt Simons. Einen weiteren Vorteil sieht der Experte in der Zufriedenheit der Mitarbeitenden, denn deren Motivation steigt meistens, wenn Scrum angewendet wird. «Mehr Verantwortung, Selbstorganisation und Eigenständigkeit scheinen den meisten zu gefallen», sagt Simons.
Macht’s auch Probleme?
Unsere bisherigen Arbeitsstrukturen sind hierarchisch aufgebaut. «Die Führungsspitze organisiert und strukturiert, die Arbeiter führen aus», fasst Simons sie zusammen. Und das System war lange Zeit sehr erfolgreich. «Scrum funktioniert aber ganz anders», sagt Simons. Klassische Strukturen werden aufgebrochen, die Rollen neu verteilt. Gerade Führungskräfte der mittleren Ebene verlieren einen grossen Teil ihrer Aufgaben, denn die Teams organisieren sich und ihre Arbeit im Scrum-Prozess ja weitestgehend alleine. «Da fragen sich dann einige, wo sie sich positionieren sollen», sagt Simons.
Daneben ist bei Scrum auch keineswegs klar, ob das ursprünglich im Sinn gehabte Produkt tatsächlich entwickelt wird. Es kann ja sein, dass während des Prozesses etwas ganz Anderes entsteht. Das mag gewollt sein, fordert aber Menschen mit dem Wunsch nach langfristiger Planung heraus. «Scrum liefert immer, die Frage ist nur was», sagt Simons.
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