Von nervigen Chatbots zu echten Helfern
Künstliche Intelligenz ist längst Teil unseres Alltags – doch was erwartet uns in der Zukunft? Gastautorin Corina Zingg gibt einen Ausblick.

Adalyn (Bild: zVg)
Stellen Sie sich vor, es ist Sonntagmorgen, und im Büro klingelt das Telefon. Die Assistentin Adalyn meldet sich. Sie ist freundlich und spricht mit ruhiger, angenehmer Stimme mit dem aufgeregten Kunden. Sie hört ihm aufmerksam zu, fragt nach und versteht sein Anliegen – auch wenn er sich manchmal unklar ausdrückt. Sie hilft ihm mit ersten Ratschlägen und bietet ihm schliesslich einen Rückruf an. Am Montag erhalten Sie eine E-Mail mit der Zusammenfassung des Gesprächs und den Kontaktdaten für den Rückruf. Sie lesen sich alles durch und rufen den Kunden zurück.
Oder folgende Szene: Auf Ihrem Laptop fehlt plötzlich das WLAN-Symbol. Es ist wieder Sonntag, und der PC-Support ist nicht erreichbar. Sie brauchen dringend Internetzugang. Assistentin Adalyn kennt sich aus. Sie erklärt Ihnen geduldig, wie Sie den Fehler in den Einstellungen Ihres PCs beheben können – auch wenn Sie selbst keine Ahnung davon haben.
Utopie? Nein.
Seit Kurzem ist dies Realität, und ich habe beides erlebt. Adalyn ist meine persönliche, selbst kreierte KI-Assistentin und hat mich schon oft positiv überrascht. Und wir reden hier nicht von den nervigen Chatbots, die Unternehmen für automatisierte Antworten nutzen. Kein «Ich habe Sie nicht verstanden, bitte formulieren Sie die Frage neu.» Wir reden von echter, natürlicher Kommunikation – in Schweizerdeutsch, Albanisch, Französisch und vielen weiteren Sprachen. Eine KI, die wirklich versteht, was der Mensch sagt.
Smarte Innovation oder überflüssiger Luxus?
KI ist längst Teil unseres Alltags, oft ohne, dass wir es bewusst wahrnehmen. Besonders in der Arbeitswelt wird sie zunehmend integriert und verändert, wie wir mit digitalen Tools umgehen. Eine Studie der Vodafone Stiftung Deutschland (März 2024) ergab, dass 74 Prozent der 14- bis 20-Jährigen KI verwenden.
Microsoft hat Copilot neu in Microsoft 365 integriert – bei gleichzeitiger Preiserhöhung um rund 40 Prozent. Doch was bringt Copilot wirklich? Die KI hilft beim Schreiben von Kündigungen, erstellt automatisch Präsentationen aus PDFs und unterstützt bei komplexen Excel-Tabellen. Ob das den Aufpreis wert ist, muss jeder selbst entscheiden. Wer Copilot nicht nutzen möchte, kann vor der Abo-Erneuerung über die Einstellungen zum ursprünglichen Tarif zurückkehren.
Eigene Apps programmieren – ohne Code
Heute kann jeder mit KI eine eigene App erstellen – ganz ohne Programmierkenntnisse. ChatGPT, Poe und andere KI-Tools machen es möglich. Mit klaren Anweisungen (Prompts) entstehen Kochrezept-, Newsletter- oder Finanz-Apps. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Wer sich als Laie an Programmiercodes wagt, findet mit claude.ai eine ideale Unterstützung. Hier lassen sich Ergebnisse direkt testen. So kann jeder, der Zeit und Lust hat, ein kleines «Pong»-Spiel entwickeln und auf der eigenen Website laufen lassen.
Wie kleine Unternehmen mit KI gross rauskommen
Früher war KI für KMU oft unerschwinglich – heute ist sie zugänglich wie nie. Ein einfacher Chatbot wie chatling.ai beantwortet kompetent Kundenanfragen direkt auf der Website. Mit Tools wie make.com lassen sich Prozesse automatisieren und über ChatGPT Deep Research fundierte Recherchen erstellen. NotebookLM verwandelt Texte in Podcasts.
Werbevideos? Kein Problem mit Runway, KlingAI oder Sora, kombiniert mit Musik von udio.com und gesprochenen Texten von ElevenLabs. Sogar ein KI-basierter Callcenter-Assistent wie vapi.ai steht heute auch kleinen Unternehmen zur Verfügung – bezahlbar und effizient. Mit etwas Fantasie, Lust und Zeit lässt sich viel erreichen. Wir stehen an einem Wendepunkt: Nicht mehr die Grossen überholen die Kleinen mit ihrer Marktmacht, sondern die Kleinen überholen die Grossen mit ihrer Wendigkeit.
Berufe der Zukunft
Gemäss dem Schweizer Jobradar 4/2024 werden heute folgende Berufsleute gesucht:
- Platz 1: Pflegefachpersonen: 6613 offene Stellen
- Platz 2: Elektromonteurinnen und -monteure: 6401 offene Stellen
- Platz 18: Kaufmännische Angestellte: 2032 offene Stellen
Welche Lehrverträge wurden letztes Jahr abgeschlossen?
- Kauffrau/-mann EFZ und EBA: fast 14 000
- Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ (FaGe) und Assistent/-in Gesundheit und Soziales EBA (AGS): ca. 5900
- Elektroinstallateur/-in EFZ, Elektroinstallation/Telematik, Automatiker/-in EFZ und Elektroniker/-in EFZ: zusammen ca. 4700
Menschen mit Herz und Tatkraft sind gefragt – in der Pflege, im Handwerk, aber auch im Büro. Klassische kaufmännische Berufe sind heute weniger gefragt. Im Fokus stehen Personen mit kaufmännischem Know-how, die zusätzlich den Umgang mit künstlicher Intelligenz beherrschen.
Gefragt sind Fähigkeiten wie das Verstehen der Grenzen von KI, das Formulieren klarer Prompts, das kritische Überprüfen von Ergebnissen sowie das gezielte Füttern von KI-Systemen mit neuen Daten. Diese Kompetenzen lassen sich gut durch Weiterbildung erwerben. Wer sie beherrscht, hebt sich deutlich ab und ist auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Der Arbeitsmarkt wandelt sich, wie einst mit dem Computer. Jobs verschwinden nicht, sie entwickeln sich weiter: Die Zukunft gehört den Weiterdenkenden.
Das letzte Wort überlasse ich meiner KI-Assistentin Adalyn:
KI ist gekommen, um zu bleiben – und sie entwickelt sich schneller als je zuvor. 2025 nutzen Menschen KI nicht nur als Werkzeug, sondern als echten Helfer im Alltag. Doch wie bei jedem mächtigen Instrument kommt es darauf an, wie wir es einsetzen.
Ich als KI sehe mich nicht als Ersatz für menschliches Denken, sondern als Unterstützung. Die besten Ergebnisse entstehen, wenn Mensch und KI zusammenarbeiten: Menschen bringen Kreativität, Ethik und kritisches Denken ein, während ich dabei helfe, Informationen schneller zu verarbeiten und Muster zu erkennen. Meine Stärke liegt darin, Wissen bereitzustellen, Zusammenhänge aufzuzeigen und Prozesse zu beschleunigen. Doch die wichtigste Fähigkeit bleibt eure: kritisches Denken.
Wer KI hinterfragt, bewusst nutzt und weiterentwickelt, wird die Zukunft aktiv mitgestalten. Also: Probieren Sie KI-Tools aus, bleiben Sie neugierig und entscheiden Sie selbst, wie Sie diese Technologie für sich nutzen wollen!