Tod und Trauer am Arbeitsplatz
Wenn Mitarbeitende sterben, sind Vorgesetzte und Kollegen erstmal geschockt und oft auch gelähmt. Dennoch müssen Tod und Trauer im Unternehmen professionell verarbeitet werden. Nichts ist tragischer als Chefs und HR-Leute, die in solchen Fällen nichts oder das falsche tun. Abgesehen von den rein personal-administrativen Notwendigkeiten bei einem Sterbefall, muss der Kommunikation im Betrieb in Verlustsituationen Bedeutung beigemessen werden.
Plötzlich spielen Tod und Trauer im Arbeitsleben eine Rolle: ein tödlicher Arbeitsunfall, das unerwartete Sterben eines Kollegen oder der Verlust eines Angehörigen eines Mitarbeiters; solche Situationen reissen Lücken.
Vom Verlust und der Trauer betroffen sind einzelne Personen, Teams oder ganze Unternehmen.
Führungskräfte und Kollegen sind vielfach die ersten Ansprechpartner und oft mehrfach belastet. Selbst betroffen, müssen sie sich um die Mitarbeiter und Angehörigen kümmern und dafür sorgen, dass der Betrieb weiter läuft. Abgesehen von den im HR bekannten administrativen Vorgängen (Todesanzeigen, Versicherungen, Lohnbuchhaltung, Vertreterlösungen, Angehörigenkontakte etc.), die nach einem Todesfall nötig sind, kommt auf die genannten Leader eben auch psychologische, kommunikative Arbeit zu.
Unverarbeitete Trauer führt daher häufig zu Produktivitäts-Verlusten und gesundheitlichen Schäden bei den Betroffenen.
Verlust löst Trauer aus
Trauern ist ein aktiver Prozess, bei dem Menschen für kurze oder längere Zeit ihren Halt im Leben verlieren können. Verlustkommunikation ist das Reden über Tod, Verlust und Trauer, über durch Verlust verursachte psychosomatische Störungen.
Trauer ist keine Krankheit, aber Menschen können durchaus krank sein vor Trauer und dadurch manchmal dauerhaft erwerbsunfähig werden.
Wenn jemand spürt, dass er sich in seiner Haut nicht wohlfühlt! Wenn er während der Arbeit keine Entscheidungen treffen kann, Ausfallerscheinungen zeigt, sich nicht gut konzentrieren kann und mehr Zeit als sonst für Routinetätigkeiten braucht, wenn er Fehler macht und psychisch abwesend wirkt.
Nicht jeder oder jede, die einen Verlust erlitten hat, zeigt solche Symptome. In 80 bis 90 Prozent der Fälle verarbeiten die Betroffenen ihren Verlust aus eigener Kraft oder mit Hilfe von Freunden und Verwandten. Andere können schon mal für kurze oder längere Zeit ausfallen und melden sich krank.
Tod, Trauer, Zukunftsangst
Es geht vor allem darum, wie man Verlust und die dazugehörige Emotionalität kommuniziert. Jeder Mensch durchlebt dies auf ganz eigene Weise. Unterrichtet wird das bekanntlich nicht.
Natürlich beschäftigt man sich nicht andauernd mit Verlust, weil es nun mal kein elegantes Thema ist. Wir alle wollen am liebsten ständig glücklich sein, Gewinn machen. Über Verlust wollen wir lieber nicht nachdenken.
Oftmals erkennt der Arzt die Beschwerden nicht als Trauerreaktion und behandelt die Symptome medikamentös. Trauerreaktionen können zu Produktivitätsverminderung, zu Stress und Arbeitsausfall führen. Einem beruflichen Burn-out beispielsweise liegt nicht selten ein nicht verarbeiteter Schmerz aus ferner Vergangenheit zugrunde; Menschen wissen oft selbst nicht so recht, was ihnen fehlt.
Positive Folgen
Ihre Umgebung, allen voran Vorgesetzte und Kollegen, versteht erst recht nicht, was los ist. Deshalb plädiere ich für die Einführung eines Verlust- und Trauermanagements in Firmen und Organisationen.
Es ist ratsam unverstandene Trauerreaktionen, den (vorübergehenden) Mangel an Halt im Leben und die Bedeutung, Tod, Verlust und Trauer zum Management-Thema zu machen.
Als Vorgesetzter kann man lernen, Symptome zu erkennen. Ein Vorgesetzter braucht nicht die Rolle des Trauerexperten zu übernehmen, es reicht, wenn er die Signale deuten kann, die ein Mitarbeiter bei einem emotionalen Verlust aussendet. Infolgedessen können Vorgesetzte oder Personaler selbst aktiv werden oder professionelle Hilfe für den Mitarbeiter organisieren. Eine solche Vorgehensweise hat für den Kollegen und für den Betrieb positive Folgen.
Trauerreaktionen erkennen und im persönlichen Gespräch offen thematisieren
Denken: Konzentrationsprobleme, Schwierigkeiten, seine Gedanken zu ordnen, in der Opferrolle verharren, Unglaube, Unentschlossenheit, Halluzinationen und unwirkliche Erfahrungen, deprimierende Gedanken, Intellektualität, Träume.
Körperliche Symptome und Erkrankungen: Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Müdigkeit, starke Schweissausbrüche, Schlafstörungen, schwitzen, Essstörungen, Benommenheit, erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten, Magen- und Darmstörungen, sexuelle Probleme, Beeinträchtigung der Herzfunktionen, Menstruationsstörungen, erhöhter Blutdruck, Angst davor, verrückt zu werden, Gedächtnisverlust, Entpersönlichung.
Verhalten: Unruhe, Hyperaktivität, übermässiger Genuss von Alkohol, Drogen, Nikotin und Medikamenten, Schlaf- und Essstörungen, durch Krankheit bedingter Arbeitsausfall, geistige Abwesenheit, Aggressivität, Weinen, Tollkühnheit wie z. B. Glücksspiele, das Aufschieben wichtiger Angelegenheiten, materiellen Dingen eine zu grosse Bedeutung beimessen, Unschlüssigkeit, Apathie, soziale Isolation, Suchverhalten, Zynismus, Ohnmacht, Schwarzsehen, Hilflosigkeit, kein Interesse zeigen, negative Haltung, Vermeidung all dessen, was an den Verlust erinnert, von Erinnerungen überschwemmt werden, häufige Friedhofsbesuche.
Gefühle und seelische Symptome: Traurigkeit, Müdigkeit, Groll, Hilflosigkeit, begründete und unbegründete Ängste, Betäubung, Verleugnung, Schamgefühl, Hoffnungslosigkeit, Angst davor, verrückt zu werden, Erleichterung, Wut, Unlust, Schuldgefühl, Reizbarkeit, Gefühllosigkeit, Enttäuschung, Selbstvorwurf, sich im Stich gelassen fühlen, Einsamkeit, Aggression, emotionale Erschöpfung, Rastlosigkeit.
Abwehrende Reaktionen: Wirklichkeitsfremdheit, Ungläubigkeit, Schockzustand, Apathie, Verleugnung, psychische Betäubung, instinktives und mechanisches Handeln, Distanziertheit, Dissoziation.