So vermeidet man Missverständnisse
Sie sind lästig, verursachen jede Menge Ärger und kosten am Ende viel Geld – trotzdem gehören Kommunikationspannen zum Alltag jedes Unternehmens. Und auch wenn sie manchmal unvermeidlich sind, wichtig sind klare Ansagen.
Dichter Nebel über dem Flughafen Zürich, hinzu kommen tückische Seitenwinde. Der zweistrahlige Airbus A350-1000 mit 400 Passagieren an Bord nähert sich zum Landeanflug. Die Stimmung im Cockpit ist ruhig und konzentriert. Der Copilot ruft den Tower und identifiziert sich. Der Tower ruft zurück, und erteilt die Landeerlaubnis, versehen mit knappen Angaben zur Landebahn. Wenige Minuten später ist der Flieger sicher gelandet und die Servicefahrzeuge schwärmen aus.
Auch in der Kommunikation der Arbeitswelt herrscht manchmal dichter Nebel, besser gesagt, dicke Luft. Vor allem dann, wenn Projekte schieflaufen und die Gefahr einer Bruchlandung besteht. In vielen Fällen liegt dies an Missverständnissen, die im Vorfeld zwischen den Beteiligten entstanden sind. Da wünscht sich manch einer, die Kommunikation im Büro wäre ebenso eindeutig wie im Cockpit.
Gräfin Anja von Kanitz ist Autorin zahlreicher Bücher zum Thema Kommunikation und berät seit vielen Jahren Unternehmen zu Themen wie Gesprächsführung oder Verhandlungsführung. Sie sagt: «Missverständnisse lassen sich nie ganz vermeiden, sie gehören zur Kommunikation dazu.» Das klingt nicht wirklich hilfreich, doch «wenn man das weiss, wird man nicht gleich böse, wenn etwas nicht klappt, sondern versucht, das aufzuklären», erklärt Gräfin von Kanitz.
Eile und Ungeduld produzieren Missverständnisse
Die Kommunikationsexpertin hat dabei Tipps parat, wie man solche Pannen vermeidet: «Oft sind es verkürzte, hingeworfene Sätze, die zu Missverständnissen führen.» Eile und Ungeduld führen in der Kommunikation selten zu guten Ergebnissen. Je wichtiger der Inhalt, desto wichtiger ist, dass man sich Zeit für das Gespräch nimmt. Achten Sie auch darauf, ob der Gesprächspartner in der Situation konzentriert und aufnahmefähig ist. Wer sich gerade auf die anstehende Videokonferenz vorbereitet, dem fehlt diese Aufnahmefähigkeit. Besser ist es also, einen Zeitpunkt zu wählen, in dem beide Partner einander die volle Aufmerksamkeit schenken können.
Vergessen sollte man dabei nicht die alte Regel, dass Zuhören wichtig ist. Zuhören bedeutet dabei nicht zu warten, bis der andere ausgeredet hat und dann drauflos zu reden. Es bedeutet immer auch, den Versuch, zu verstehen, was der andere wirklich meint.
Probleme und Missverständnisse entstehen auch, weil Menschen typischerweise ganz unterschiedliche Assoziationen mit einem Thema verbinden. Wenn der Firmenchef also sagt, man solle für den nächsten Messeauftritt «eine schöne Broschüre mit neuen Fotos» produzieren, dann versteht der Angesprochene darunter vielleicht, ein paar neue Fotos aus dem Archiv zu kramen und besseres Papier zu verwenden. Gemeint hatte der Chef aber: neue Texte, neues Layout, besseres Konzept und von einem Profi-Fotografen geschossene Bilder.
Hier hilft es oft, das Besprochene anschliessend schriftlich festzuhalten. In vielen Unternehmen ist es sowieso üblich, nach dem Gespräch noch ein Mail hinterherzuschicken, in der die wichtigsten Punkte zusammengefasst sind. Sinnvoll ist es auch, sich durch Rückfragen zu versichern, ob der Gesprächspartner verstanden hat, was man gesagt hat. Genauer gesagt, ob er das verstanden hat, was man meint, gesagt zu haben. Denn auch das ist nicht immer dasselbe, wie Kommunikationsexperten wissen.
E-Mails sorgfältig formulieren
Zu besonderer Vorsicht rät Gräfin von Kanitz bei E-Mails. Schriftlichkeit schützt nicht unbedingt vor Missverständnissen. «E-Mail-Kommunikation führt gerade bei strittigen Themen schnell zur Eskalation. Man fasst sich kurz, um nicht so viel schreiben zu müssen. Der andere denkt sich den Rest dazu und kommt vielleicht zu einem ganz anderen Schluss als der Schreiber.» Dagegen hilft nur, sich auch die Zeit zu nehmen, sorgfältig und eindeutig zu formulieren.
Wer will, dass seine Botschaft klar und unmissverständlich ankommt, sollte vermeiden, wichtige und unwichtige Aspekte miteinander zu vermischen. Das gilt nicht nur für das E-Mail, sondern ebenso für die Kommunikation im Meeting. Geht es beispielsweise darum, den anstehenden Pitch beim Neukunden zu konzipieren, sollte man sich zunächst nur darauf konzentrieren und nicht gleich im nächsten Satz diskutieren, ob die Anreise per Zug oder Auto erfolgen sollte.
Wenn Höflichkeit schadet
Klar und eindeutig kommunizieren, das empfehlen viele Ratgeber. Wenn es nur so einfach wäre. Weil der Mensch ein soziales Wesen ist, und jeder seine eigenen Gefühle, Assoziationen und Erfahrungen einbringt, gelingt das selten so perfekt wie die Kommunikation im Flugzeug-Cockpit. Allerdings kann man einiges aus dem Funkverkehr lernen. Beispielsweise, dass die allseits erwünschte Höflichkeit im Gespräch mitunter zu Missverständnissen führen kann. Dann nämlich, wenn man es aus lauter Höflichkeit versäumt, Informationen klar und sachlich auszusprechen. Der Tower begrüsst das Flugzeug im Landeanflug auch nicht mit blumigen Floskeln à la «Hallo, schön, dass Sie da sind, würde Ihnen eventuell die Landebahn fünf zusagen?». Wer eine wichtige Information übermitteln will, tut das also lieber nicht so: «Wäre super, wenn Sie das bis nächsten Dienstag hinkriegen könnten. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.» Sondern besser so: «Ich brauche die Ergebnisse bis spätestens Dienstag, 16 Uhr.» Die Blümchen der Höflichkeit können Sie immer noch darum herum streuen.
Sind all die Fallstricke umgangen, all die Regeln beachtet, sind die Voraussetzungen gut, dass ärgerliche Kommunikationspannen auf ein Minimum reduziert werden. Und dann legt hoffentlich auch das geplante Projekt wie der Messeauftritt oder die Produktbroschüre eine perfekte Punktlandung hin – genau wie der Flieger im Nebel von Zürich.