Voneinander lernen

Plädoyer für das Mentoring in Assistenz-Funktionen

In der Assistenz-Welt wird Mentoring noch viel zu wenig genutzt. Wie man von Mentoring profitieren kann und weshalb es dafür Eigeninitiative braucht, erklärt Beate-Christin Hastedt, Gründerin und Coach bei Coaching Fabrik.

Gibt es Mentoring-Angebote für Assistenz-Funktionen? Eine Blitz-Umfrage im Netzwerk ergibt ein eher nüchternes Bild: Mentoring-Angebote werden oft als Unterstützungsinstrument für Karrieren angesehen und somit als Bonbon für High Potentials. Weniger oft gibt es strukturierte Angebote in kleineren KMU oder für die vielen, die mit ihrer Arbeit das Rückgrat eines funktionierenden Unternehmens oder einer Institution bilden.

Dabei steigen die Anforderungen an Assistenzen immer weiter: Durch die zunehmende Digitalisierung wird zwar die Kommunikation und Vernetzung vereinfacht, aber die wachsende Unabhängigkeit von Zeit und Ort erfordert bewusste Team-Zusammenarbeit. Neue Managementkonzepte führen zudem zu grösseren Handlungs-Spielräumen und erfordern ausgeprägte Selbstorganisation sowie deutliche kognitive, kommunikative und kooperative Fähigkeiten. Ein Mentoring, gegebenenfalls  auch firmen- oder branchenübergreifender Austausch, der über eine blosse Einarbeitung hinausgeht, kann wertvolle Unterstützung bieten. 

Formen des Mentoring

Es gibt das institutionalisierte oder strukturierte Mentoring, dass entweder intern durch Personalabteilungen, Chefs und extern durch Anbieterinnen, Netzwerk-Institutionen oder Vermittler organisiert wird. Hier wird also durch eine dritte Person der Mentor mit einem Mentee zusammengespannt, etwa um einen «alten Hasen» mit einem Berufseinsteiger zu verbinden.

Daneben gibt es das informelle Mentoring. Hier entsteht der Kontakt meist zufällig, oft eher gesteuert durch Sympathie und die Möglichkeit als durch Bedarf. Das Mentoring-Verhältnis ist nicht unbedingt bekannt. 

Im Reverse Mentoring funktioniert das Mentoring andersherum: Die Junior-Assistenz coacht die Senior-Assistenz auf jenen Themengebieten, die Jung besser kann als Alt. Solch ein Rollentausch erfordert etwas Mut, kann aber lohnend sein für beide. Da erzählen beispielsweise Digital Natives von den Feinheiten der digitalen Medienlandschaft. Der Dialog zwischen Jung und Alt über Generationen und Hierarchien hinweg kann die Unternehmenskultur und das Verständnis füreinander verbessern.
Wichtig ist in jedem Fall des Mentorings, dass keine Weisungsbefugnisse oder andere Abhängigkeiten bestehen zwischen Mentor und Mentee. Ebenso muss das Mentoring freiwillig erfolgen und die Chemie der beiden Partner muss natürlich stimmen. Die Dauer eines Mentorings sollte mindestens sechs Monate betragen, so dass es nach der Kennenlernphase eine hinreichende Anzahl an Austauschmöglichkeiten gibt. Manche Mentoring-Verhältnisse bestehen über Jahre hinweg.

Wer von einem Mentoring profitiert

Strukturierte Mentoring-Angebote existieren eher für High Potentials und meist in grösseren Unternehmungen. Aber auch in kleineren Unternehmungen profitieren Arbeitgebende wie auch Assistenz gleichermassen davon. So kann sich eine in einem Fachgebiet noch unerfahrene jüngere Person durch eine gesteuerte Unterstützung in vordefinierten Bereichen schnell und ohne Umwege weiterentwickeln. Erfolgt das Mentoring strukturiert, kann der Arbeitgebende unter Umständen auch Einfluss auf das Profil des Mentors nehmen. Gerade bei kleineren KMU ist ein passender Mentor vermutlich eher ausserhalb zu finden.  

Ein nicht gesteuertes, aber durch den Arbeitgebenden unterstütztes Mentoring (zum Beispiel Zeit zur Verfügung stellen für den Austausch) ist ebenso ein wertvoller Beitrag. 

Mentoren wiederrum profitieren ebenfalls von einem Mentoring. Zum einen ist es eine Form der Wertschätzung von Wissen und Erfahrung. Zum anderen schafft es Transparenz und Verständnis sowohl branchenübergreifend als auch firmenintern für Bedürfnisse und Herausforderungen der nachfolgenden Generationen. 

Wie findet sich ein Mentor oder eine Mentorin?

Ausserhalb eines strukturierten Mentoring lässt sich ein Mentor oder eine Mentorin durch eine gute Portion Intuition finden. Das gepaart mit den eigenen Herausforderungen, findet sich vielleicht ein Vorbild in der aktuellen Unternehmung, dass sich als Mentor eignen würde. Oder es gab eine herausragende Assistentin in einer vorherigen Unternehmung? Möglicherweise gibt es im berufsspezifischen Netzwerk auch eine erfolgreiche und qualifizierte Assistentin, die sich als Mentorin eignen können? Oder wie so oft: Kennt jemand jemanden, der jemanden kennt?
Es lohnt sich, auf die jeweilige Person zuzugehen und anzufragen. Die meisten Personen sind gerne bereit, für einen gewissen Zeitraum unterstützend zur Verfügung zu stehen. Möglich wären Treffen in einem vier bis sechs-wöchigen Turnus. So lassen sich alle Fragen und Probleme besprechen, die aktuell relevant sind. Darüber hinaus kann es auch spannend sein, zu erfahren, welche Hindernisse dem Gegenüber im Laufe der eigenen Karriere begegnet sind und wie diese bewältigt wurden. 
In allen Fällen muss die Chemie zwischen beiden stimmen und ein Ausstieg immer möglich sein. Ebenso sollte ein Mentoring aber auch verbindlich sein. In vielen Fällen wird eine Art Vertrag zwischen beiden Partnern besprochen und verschriftlicht, der eine Verbindlichkeit schafft zu Themen, Vertraulichkeit, Hol- und Bringschuld. 

Plädoyer für Eigeninitiative

Wenn es nun kein firmeninternes Angebot gibt, lohnt es sich in jedem Fall bei Vorgesetztem oder Personalabteilung nachzufragen, ob so etwas vorstellbar wäre oder zumindest mit einem zeitlichen Zugeständnis innerhalb der Arbeitszeit unterstützt werden würde. Die Vorteile überwiegen und ein vertrauensvoller Austausch kann neben der Begleitung im täglichen Arbeitsalltag auch ein Karriere-Booster sein, der Zugang zu Netzwerken schafft und Horizonte erweitern kann. 
 

Mentoring kann …

  • individuelle Orientierung bieten beim Start in einer Firma/Institution oder bei einem Branchenwechsel;
  • eine pragmatische Unterstützung bei konkreten Fragestellungen geben;
  • Raum für vertraulichen Austausch und Rat bieten;
  • den Zugang zu Netzwerken oder wertvolle Kontakte für den Aufbau eines eigenen Netzwerkes offerieren.
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Beate-Christin Hastedt ist Gründerin und Coach bei der Coaching Fabrik sowie Senior Consultant bei von Rundstedt Switzerland und gründete 2020 zudem eine Schule für Yoga und Achtsamkeit in Baden.
coaching-fabrik.ch

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