Pioniergeist schnuppern im Hochtal
Vielleicht liegts an der dünnen Luft im höchstgelegenen bewohnten Tal Europas. Oder am häufigen Sonnenschein, der die Bewohner verwöhnt. Auf jeden Fall sind St. Moritz und das Oberengadin früh durch Innovationen aufgefallen – besonders für seine Gäste
Johannes Badrutt wusste, was seine Heimat zu bieten hat. Sonst hätte er kaum so hoch gepokert bei seinem Wetteinsatz. Und der Wintertourismus wäre vielleicht erst Jahre später erfunden worden. Badrutt nämlich, der 1856 mit der Eröffnung des Kulm, angeblich dem ersten Luxushotel der Alpen, bereits eine Pioniertat vollbracht hatte, wollte sich nicht auf die Sommersaison beschränken, wie es damals im Engadin üblich war. Im Herbst 1864 versprach er darum ein paar seiner englischen Gäste, dass sie bei ihm auch im Winter hemdsärmlig und ohne Hut auf der Terrasse sitzen können. Er lud sie ein, während der kalten Jahreszeit kostenlos so lange zu bleiben, wie sie wollten. Könne er sein Versprechen nicht halten, würde er auch die Ausgaben für die Hin- und Rückreise von England ins Engadin übernehmen. So weit kam es nicht. Die Engländer kamen um Weihnachten und reisten erst nach Ostern wieder ab. Braungebrannt und frisch erholt waren sie nach dem nassen, trüben und kalten Winter in England beste Botschafter für Winterferien im Oberengadin. Eine neue Tourismussaison war geboren.
Wohnen wie in der Belle Époque
Badrutt warb mit den überdurchschnittlich vielen Sonnentagen, die das Engadin geniesst. Und er wusste um den Zauber, den die weissen Gipfel, die zugefrorenen Seen und die unter der Last des Schnees gebeugten Wälder verströmen. Er sollte Recht behalten. Die Landschaft des Oberengadins, des 57 Kilometer langen Hochtals zwischen Zernez und Maloja, verzaubert die Menschen bis heute, ob im Sommer oder im Winter. Es ist das höchstgelegene bewohnte Tal Europas. Weil es weit ist, wirken die eindrücklichen Berggipfel, manche sind über 4000 Meter hoch, nie beengend. Aber sie bilden eine schöne Kulisse, den Kontrast zu den lieblichen Arven- und Lärchenwäldern, welche die Engadiner Seenplatte umrahmen. Wie an einer Kette aufgereiht liegen St. Moritzersee, Lej da Champfèr, Silvaplanersee und Silsersee hintereinander im Tal. Der Begriff malerisch ist hier für einmal angebracht.
Unterkünfte und Kongresszentren
Kongress- und Kulturzentrum Rondo, Pontresina
Am Fusse des Roseggletschers gelegen und von gewaltigen Gipfeln umgeben, kann das Kongress- und Kulturzentrum Rondo in Pontresina unter anderem auch mit seiner Aussicht toppen. Klar, das vom grossen Plenarsaal über die sieben Seminarräume bis zu den drei Foyers alle Räume über Tageslicht verfügen und den Blick in die Engadiner Bergwelt freigeben. Im Plenarsaal finden rund 500 Personen Platz. www.kongresszentrum-pontresina.ch
Badrutt’s Palace, St. Moritz
Historisches Luxushotel an bester Lage in St. Moritz. Das Fünf--Sterne-Haus lässt keine Wünsche offen – auch im Bereich Events und Seminare nicht. Herzstück ist der Embassy Ballroom mit Platz für bis zu 360 Personen.
Zimmer: 159; Saal: 1; Seminarräume: 6; Plus: Der multifunktionale Embassy Ballroom wurde im Stil eines Theaters gebaut. Eine Bühne ist vorhanden, ein Catwalk und verschiedene Lichtquellen können auf Wunsch bestellt werden. Der Saal lässt sich vielseitig gestalten. www.badruttspalace.com
Kulm Hotel, St. Moritz
Das Kulm Hotel wurde vor über 150 Jahren von Johannes Badrutt eröffnet und galt als erstes Luxushotel der Alpen. Es ist bis heute eine der bekanntesten Adressen in St. Moritz im Fünf-Sterne-Segment.
Zimmer: 179; Säle: 3 (für bis zu 500 Personen); Seminarräume: 6; Plus: die edle Atmosphäre und das nostalgische Flair. www.kulm.com
Waldhaus Sils
Das Waldhaus Sils oberhalb von Sils-Maria wird bereits in fünfter Generation als Familienunternehmen geführt. Vieles ist im Fünf-Sterne-Hotel heute noch so, wie es bei der Eröffnung 1908 vorgesehen war.
Zimmer: 140; Saal: 1 (bis zu 170 Personen); Seminarräume: 5; Plus: Die Zeit scheint stillgestanden zu sein im idyllischen Haus zwischen Wald und See, das sehr persönlich geführt wird. www.waldhaus-sils.ch
Nira Alpina, Silvaplana
Erst vor dreieinhalb Jahren eröffnet, ist das Nira Alpina ein junges Mitglied des Hotelangebotes im Oberengadin. Das Vier-Sterne-Hotel überzeugt mit modernem Design und direktem Zugang zur Corvatschbahn. Der Seminarraum bietet Platz für 45 Personen.
Zimmer: 70; Seminarraum: 1; Plus: Als Ski-in-Ski-out-Hotel ideal für alle, die schnell auf der Piste sein wollen. www.niraalpina.com
Hotel Castell, Zuoz
Kunstvoll inspiriert: Im Vier-Sterne-Hotel Castell verschmelzen Kunst, Architektur, Kulinarik, Natur und Well-being zu einem besonderen Erlebnis. Im ganzen Haus sind Werke unter anderem von Roman Signer, Fischli-Weiss, Pipilotti Rist, Carsten Höller und Martin Kippenberger ausgestellt.
Zimmer: 68; Seminarräume: 4 (Platz für maximal 50 Personen); Plus: das hauseigene Kino und das Hamam. www.hotelcastell.ch
Berghaus Diavolezza, Pontresina
Auf knapp 3000 Metern über Meer bietet das Berghaus Diavolezza Abgeschiedenheit inmitten der Natur. Das liebevoll urchig eingerichtete Haus ist ein idealer Startpunkt für Skitouren oder eine Gletscherwanderung.
Zimmer: 25 (mit Gruppenunterkünften, Dreier-, Vierer- und Doppelzimmern); Seminarraum: 1 (maximal 200 Personen); Plus: die heimelige Atmosphäre, das Gletscherpanorama und die Abgeschiedenheit. www.diavolezza.ch
Diese Schönheit hat der Region früh Touristen aus der ganzen Welt beschert. Für sie wurden in St. Moritz, aber auch in Pontresina, Samedan und Sils edle Hotels gebaut. Heute noch thronen diese noblen Häuser auf den -Hügeln über den Seen und verströmen den Charme der Belle Époque. Mit den Jahren sind neue Hotels dazugekommen, und insgesamt hat das Oberengadin so eine beeindruckende Dichte an erstklassigen Unterkünften zu bieten. Auch für Seminare und Incentives hat sich die Region einen Namen gemacht. Rund 32 Seminarhotels vom Drei-Sterne-Haus bis zur Fünf-Sterne-Superior-Anlage machen die Wahl zur Qual. Qualität wird grossgeschrieben, in der Hotellerie, in der Gastronomie und in den Unterhaltungsangeboten. Dieser Kombination aus eindrücklichem Panorama und bestem Service verdankt die Region ihren Weltruf.
Schillernd und abwechslungsreich
Der internationale Jetset trifft sich hier und geniesst die mondäne Atmosphäre vor allem in St. Moritz. Aber nicht nur auf die Schönen und Reichen übt das Oberengadin eine Anziehung aus. Auch Sportler jeder Gattung finden hier ein Paradies vor. Vom Segeln auf einem der Seen über Fliegen bis zu Gletscherwanderungen ist fast alles möglich. Das Leben spielt sich oft draussen ab. Jedes Jahr finden verschiedene schillernde Topevents wie zum Beispiel das St. Moritz Polo, das White Turf, der FIS Alpine Ski World Cup oder das British Classic Car Meeting statt.
Ausflüge
Schön reisen
St. Moritz liegt in der Mitte der RhB-Bahnstrecke zwischen Thusis und Tirano, die als Unesco-Welterbe ausgezeichnet wurde. Ein bahntechnisches Meisterstück über den Albula- und den Berninapass. So wird schon die Anreise zu einem Erlebnis. www.rhb.ch
Dinieren, wo sonst Kühe wiederkäuen
Das Bergrestaurant Kuhstall mitten auf der Skipiste ist im Sommer das Heim von Kühen. Nur im Winter, wenn die Vierbeiner im Tal sind, sind Gäste geladen. Dann aber mit besonders exquisiten Menüs (13 Gault-Millau-Punkte). Ein ideales Lokal für spezielle Events und Nachtessen. Auf Wunsch wird der Raum mit Fackeln ausgeleuchtet. Das Restaurant ist zu Fuss in ca. 30 Minuten erreichbar. Für den Heimweg eignen sich Schlitten. www.corvatsch.ch – Gastronomie – Bergrestaurants
Mountain Dining über den Seen
Die Standseilbahn Muottas Muragl hat Nachtbetrieb und löscht täglich erst um 23 Uhr die Lichter. So können nicht nur die Gäste des Romantik-Hotels auf dem Berg das wohl schönste Panorama im Oberengadin geniessen, sondern auch Besucher für ein Mountain Dining ins hübsche Restaurant kommen. Tagsüber lockt bei Sonnenschein die schöne Terrasse für ein Cüpli oder ein Bündner Plättli, abends wird im Restaurant drinnen aufgetischt. Wer auch den Sonnenaufgang hoch über den Gipfeln geniessen will, bucht das Zimmer im Hotel gleich mit. Sogar ein Seminarraum für 20 Personen ist vorhanden. www.muottasmuragl.ch
Speed-Spass im Eiskanal
Wer seinem Team einen wahren Adrenalinschub verpassen will, bucht am besten Gästefahrten auf der Bobbahn. 130 km/h und die legendäre Horse-Shoe-Kurve lassen niemanden kalt. Der Olympia Bob Run St. Moritz–Celerina ist die älteste Bobbahn der Welt und der einzige Natureiskanal überhaupt. Zweimal wurden hier die Olympischen Winterspiele ausgetragen und schon 24 Weltmeisterschaften. (Gästefahrten sind nur unter der Woche möglich.) www.olympia-bobrun.ch
Frau Holle kennenlernen
Auf Corviglia ist ein Blick hinter die Kulisse des Winterbetriebes möglich: Auf einem Rundgang lernen Teilnehmer unter anderem, woher der Schnee heute wirklich kommt, und sie können selber einen Pistenbully durch einen Parcours fahren. www.crystal-events.ch
Schottisch sportlich
Als der Tourismuspionier Johannes Badrutt nach einer alternativen Winterbeschäftigung für seine Hotelgäste suchte, muss ihn ein Schotte inspiriert haben. 1880 wurde in St. Moritz zum ersten Mal Curling gespielt. Bis heute ist das Engadin für Curling beliebt: Hier gibt es Eisgarantie unter freiem Himmel. Um die perfekte Eisqualität kümmern sich mehrere Curlingclubs.
Mit Snowboard und Drachen über den See
Snowkiten wurde quasi auf dem Silvaplanersee erfunden. Seit 1994 prägt die Kitesailing-Schule die Entwicklung des Trendsportes. Mit Drachen und Skis oder Snowboards jagen die Sportler über den gefrorenen See. Wer auf der Piste daheim ist, heissts, wird es schnell lernen. Ein Anfängerkurs wird aber dringend empfohlen. www.kitesailing.ch
Romantisch ins Val Roseg
Warm eingepackt in dicke Felle durch die verschneite Winterlandschaft (oder die grünen Auen im Sommer) kutschiert zu werden, weckt Cinderella-Gefühle. Mehrmals täglich fährt der Pferdeomnibus von Pontresina die sieben Kilometer ins Val Roseg. Dort warten im Restaurant Roseg ein legendäres Dessertbuffet und eine einmalige Sicht auf die umliegenden Gletscher und Gipfel des Bernina--Massivs. Selbstverständlich können auch Privatkutschen gemietet werden. www.engadin--kutschen.ch
Klettersteig Piz Trovat
Klettersteig ist nicht gleich Klettersteig. Bei der Anlage auf dem Piz Trovat ist auch die einfachere Variante nichts für schwache Nerven. Wer es schafft, die schwindelerregende Seilbrücke zu überqueren, und auf dem Steig nicht aufgibt, wird mit einer eindrücklichen Aussicht belohnt. www.pontresina.ch – Sport – Hochtouren & Klettern – Klettersteige
Hauptsache Outdoor
Die Natur und die schöne Kulisse laden ein, sich so oft wie möglich draussen aufzuhalten. Das relativ flache Tal des Oberengadins eignet sich hervorragend zum Langlaufen. Rund 200 Kilometer Loipen sollten reichen, um Langeweile auszuschliessen. Wer lieber steile Hänge mag, hat rund 350 Pistenkilometer zur Auswahl. Wer den Schnee im Sommer vermisst, kann eine Gletscherwanderung unternehmen. Durch die güns-tigen Winde und die vielen Seen reisen auch Segler, Surfer und Kiter gerne ins Engadin. Fast kein Sport, der hier nicht ausgeübt werden kann. Zernez ist zudem das Tor zum einzigen Nationalpark der Schweiz.
Die Engadiner haben sich seit je viel einfallen lassen, um ihre Region noch attraktiver zu machen, und können eine stolze Liste von -Innovationen und Pionierleistungen vorweisen. Hier fanden zum Beispiel 1882 die ersten Eislauf--Europameisterschaften statt oder 1987 die ersten Snowboard--Weltmeister-schaften auf dem Kontinent. Hier gabs die erste Skischule der Schweiz und die ersten Experimente mit Skeleton--Schlitten. Die jüngste Innovation ist wohl das erste Plus-energie-Hotel der Alpen. Diese Auszeichnung geht an das Romantik Hotel Muottas Muragl, von dessen Terrasse aus man übrigens die schönste Aussicht auf die Seenplatte hat.
Auch Johannes Badrutt blieb sein Leben lang ein Visionär. Er brachte das Curling auf den Kontinent und ist für den Cresta Run mitverantwortlich. Und an Weihnachten 1878 brannte in der Schweiz zum ersten Mal elek-trisches Licht – im Speisesaal von Badrutts Hotel Kulm natürlich.