Nicht ohne mein Netzwerk
Wer Publikum fürchtet, bleibt unentdeckt. Eigenmarketing braucht Zuschauer. Im Idealfall sind diese einflussreich. Wer sich auch strategisch Verbündete sucht und nicht nur die Beziehung zur netten Kollegin von -nebenan pflegt, kommt weiter. Kein Grund, verbissen zu werden. Aber ein Aufruf für ein bisschen mehr Spass am Wettbewerb.
Selbstmarketing klingt nach Einzelkampf. Das muss nicht sein. Vielmehr ist eine wichtige Komponente von gutem Eigenmarketing, sich sinnvoll zu vernetzen und grad auch im Unternehmen Verbündete aufzubauen. Leider eine Schwäche von Frauen, wie Studien immer wieder zeigen: Frauen vernetzen sich weniger strategisch als Männer, weshalb sie in den Unternehmen oft übergangen werden.
«Es lohnt sich zu netzwerken», betont Dr. Karin Jeker Weber, Dozentin, Marketingexpertin und Gründerin der Seminarreihe Female Business Seminars: «Netzwerke sind wichtig, weil man so die eigenen Ideen verbreiten und persönliche Beziehungen aufbauen kann. Auf diese kann dann im Bedarfsfall für Unterstützung zurückgegriffen werden.»
Nicht allein auf weiter Flur
Jeker fällt schon länger auf, dass Frauen sich im Berufsalltag oft alleine auf weiter Flur fühlen. Um dem entgegenzuwirken, suchen sie am ehesten Kontakt zu anderen Frauen, meist zu solchen mit ähnlichen Problemen. Zwar werden Frauen dann eher verstanden, sie schaffen aber kaum Abhilfe für mögliche Interaktionsprobleme im eigenen Unternehmen. Besser wäre, sich an starke Vorbilder zu wenden – auch männliche. «Frauennetzwerke sind gut, oft spielt die Musik aber in gemischten Netzwerken», sagt die Marketingexpertin. Das heisst jetzt nicht, dass Frauen sich auf Teufel komm raus in Männernetzwerken bewegen müssen, aber die Ergänzung um gemischte Netzwerke ist wichtig. «Das Ziel muss sein, nachhaltig und businessorientiert zu netzwerken, mit Frauen und Männern.» Doch wie findet man solche Netzwerke? Am einfachsten, indem man öfters einmal die Komfortzone verlässt und an verschiedenen Netzwerk-Veranstaltungen teilnimmt. «Auch tagsüber, ohne schlechtes Gewissen», fügt Jeker an. Der Grundsatz beim Netzwerken lautet «geben vor nehmen». Wer anderen mit einer Info oder einem Kontakt weiterhilft, kann im Laufe der Zeit eher erwarten, dass auch mal etwas zurückkommt.
Netzwerke können ausserhalb des eigenen Unternehmens sein, aber auch innerhalb der eigenen Firma ist es wichtig, sich Verbündete zu suchen und etwas bekannter zu werden. «Beziehungsmanagement», nennt Jeker das. Im privaten Umfeld sind Frauen Meisterinnen darin, im Büro scheinen viele dieses Talent vor der Türe abzugeben. «Dabei sind Beziehungen und Freunde auch im Unternehmen zentral», ist Jeker überzeugt. Wer ständig im stillen Kämmerlein sitzt, wird nicht gesehen. Wer sich hingegen clever im Unternehmen einbringt, bekommt meist nicht nur neue Herausforderungen, sondern auch spannende Kontakte. Die Expertin empfiehlt: «Übernehmen Sie auch einmal ein freiwilliges Amt, wie zum Beispiel den Einsitz in eine Kommission, stellen Sie eine Sportmannschaft zusammen oder organisieren Sie einen Team-Abend. Damit erreichen Sie auch männliche Kollegen.»
Mit Ehrlichkeit und Transparenz
Sind die Kontakte erst einmal geknüpft, geht es darum, sie sinnvoll zu nutzen. Die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen, ist dabei ein wichtiger Punkt. «Frauen sollten ihre Ambitionen klar auf den Tisch bringen und deutlich platzieren, was sie wollen und wo sie hin möchten», findet Karin Jeker. Ehrlichkeit sowie Transparenz hinsichtlich eigener Ambitionen und Ziele ist wichtig. Ebenso das richtige Timing. Frauen wollen ihre Anliegen oft sofort gelöst haben. Geduld ist angesagt, denn vor allem beim Chef kann es sich lohnen, den taktisch richtigen Zeitpunkt abzuwarten, um Wünsche oder auch Kritik anzubringen. Zudem können die neuen Kontakte dazu genutzt werden, um ein ehrliches Feedback abzuholen. Interessant ist dabei vor allem die Frage: Wie wirke ich auf andere? «Selbstmarketing bedeutet auch zu wissen, was andere über einen denken, sagen und schreiben», sagt Jeker. Das erfordert manchmal vielleicht eine etwas dickere Haut, ist aber eine gute Übung, um die Frustrationstoleranz zu erhöhen, wie Jeker erklärt: «Also auch einmal etwas nicht ganz so persönlich zu nehmen und abperlen zu lassen.» Auch vor der Abhängigkeit von zu viel Lob warnt sie. Das Motto sollte eher sein: Mach das, was du tust, für dich und niemand anderen.
Dieser Grundsatz gilt auch für das gesamte Selbstmarketing. Es geht nicht darum, irgendwelche Kriterien zu erfüllen oder eine Checkliste abzuhaken, sondern darum, sich auszuprobieren, mutig zu sein, den Wettbewerb innerhalb des Unternehmens sportlich zu nehmen, Spass daran zu entwickeln und vor allem auch Freude am eigenen Erfolg zu haben. Erfolge müssen laut Jeker übrigens immer gefeiert werden. Ausgiebig.
Karin Jeker ist Inhaberin der Seminarplattform Female Business Seminars und gibt selbst Seminare zum Thema Selbstmarketing. femalebusinessseminars.ch