DJ Bobo hat Jasmin Volkart überrascht. Positiv und in mehrfacher Hinsicht. Zuerst vor dem Konzert, als sie erfahren hat, dass der Star überhaupt im KKL Luzern auftritt. Sie hatte Zweifel, wie seine Musik im Konzertsaal wirken würde. Dann das zweite Mal während der Show, weil Bobo es schaffte, eine so gute Atmosphäre in den Saal zu zaubern, dass kein einziger Besucher auf seinem Stuhl sitzen blieb – nicht einmal sie selbst. «Dabei bin ich nicht gerade ein Fan», gibt sie an diesem kalten Morgen auf der Terrasse des KKL zu und lacht. Sie ist nicht der Typ für schlechte Worte. Schon gar nicht, wenn das Thema im Zusammenhang mit ihrer Arbeit steht.
Seit April 2016 arbeitet Jasmin Volkart bei der KKL Luzern Management AG. Angefangen hat sie als Assistentin der Geschäftsleitung, seit Oktober ist sie aufgrund einer Umstrukturierung Assistentin des Direktors. Mit dem Konzert von DJ Bobo hatte sie nicht direkt zu tun, aber es steht exemplarisch für das, was sie am KKL Luzern am liebsten mag: die Vielfältigkeit. «Von Kinderkonzerten über Kammerorchester und Jazzabende bis zu Popgrössen, Lunch-Sessions und Aufführungen des 21st Century Symphony Orchestra, das während Filmvorstellungen live den Soundtrack spielt – unser Programm ist sehr breit und reicht weit über die klassische Musik hinaus, mit der uns viele in Verbindung bringen», sagt die 26-Jährige. Das Konzert von DJ Bobo hat also durchaus ins KKL gepasst und einmal mehr bewiesen, dass das Versprechen des Hauses, eine perfekte Akustik für das gesamte Musikrepertoire vom Mittelalter bis in die Moderne zu bieten, erfüllt wird.
«Für ein Unternehmen, wie wir es sind, ist eine offene Zusammenarbeit absolut notwendig.»
Geschaffen hat dieses Wunder der New Yorker Akustiker Russell Johnson. Er hat den grossen Konzertsaal nach dem sogenannten Schuhkarton-Prinzip gebaut, also im Verhältnis 1:1:2. In Echt ist der Saal 22 Meter hoch, 22 Meter breit und 46 Meter lang. Das so erzeugte Volumen von 19 000 Kubikmetern gibt dem Klang genügend Raum, um sich zu entfalten. Zusätzlich brechen die Schallwellen von Bobos Beats oder den Klängen eines Kammerorchesters an 24 000 quadratischen Gipsreliefs mit einer Kantenlänge von exakt 22 Zentimetern. Diese multiplizieren die Schallwellen und verteilen sie in alle Richtungen. Angeblich ist das Klangerlebnis im Konzertsaal auf allen 1898 Plätzen gleich gut.
Noch ist Jasmin Volkart nicht auf jedem Platz gesessen. «Aber ich besuche gerne Konzerte und bin auch in meiner Freizeit oft hier.» Wenn sie von der Vielfalt schwärmt, meint sie nicht nur das abwechslungsreiche kulturelle Angebot. «Für mich umfasst das auch die unterschiedlichen Gäste, unsere vielen Abteilungen und die Anforderungen, die sich jeden Tag dem gesamten Team stellen.» Rund 400 Mitarbeitende arbeiten im KKL Luzern, einige davon im Stundenlohn. Als Kulturbetrieb braucht es auch Arbeitskräfte an der Front: Garderoben, Sicherheitspersonal, Veranstaltungsbetreuer und Aushilfen im gastronomischen Bereich. Letzterer macht einen grossen Teil des Unternehmens aus, wie Volkart erklärt: «Wir haben mit dem Restaurant RED, dem World Café, der Seebar, der Konzertbar, der Winterbar Pirouette, der Sommerbar Dock 14 und dem seit vergangenem Jahr zu uns gehörenden Café im Kunstmuseum sieben Gaststätten und decken damit den gesamten Bedarf inklusive Veranstaltungscaterings ab.»
Im Jean-Nouvel-Büro
Das World Café hat die Assistentin jeden Morgen im Blick, wenn sie in einem der schönsten Gebäude Luzerns ihr Pult ansteuert. Auch ihr Büro ist, wie das ganze Gebäude, vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfen worden. Es ist aber weit weniger spektakulär als der Rest des Hauses. Weder spiegeln Aluplatten den aufgeräumten Schreibtisch so wie das Dach das Geschehen auf dem Europaplatz noch fliesst Seewasser um die Tischbeine wie in den Kanälen im Foyer. Diese wurden Besuchern früher übrigens ab und zu zum Verhängnis: Es kam mehr als einmal vor, dass «Herrschaften» in Abendrobe ins Wasser stolperten. Heute schützen kniehohe Abschrankungen – natürlich nach Absprache mit Meister Nouvel – vor einem solchen Malheur.
Zur Person
Jasmin Volkart (26) ist auf dem Land in Schwarzenberg im Kanton Luzern aufgewachsen. Das KV hat sie in einem Treuhandbüro absolviert, dann aber schnell gemerkt, dass ihr das nicht sehr entspricht. Sie wechselte in die Holzbranche, wo sie für die Firma Herzog-Elmiger AG Marketingtätigkeiten übernahm. Den Sprung in die Assistenz vollführte sie bei der Infront Sports & Media AG, wo sie als administrative Assistentin unter anderem an FIFA-Anlässen, der Sportmesse Sportel in Monaco sowie der Fussball-WM in Brasilien tätig war. Das internationale Umfeld hat ihr gefallen, trotzdem hat sie die freie Stelle im KKL Luzern mehr gereizt. Jasmin Volkart lebt in Hochdorf bei Luzern und spielt in ihrer Freizeit leidenschaftlich gerne Gesellschaftsspiele, am liebsten Brändi Dog.
An den Veranstaltungen arbeitet Jasmin Volkart nicht. Sie erledigt in ihrem Büro klassische Assistenzaufgaben, führt die Agenda ihres Chefs, organisiert Termine, bereitet Entscheidungsgrundlagen und Geschäftsleitungssitzungen vor, an denen sie dann Protokoll führt. Wie ihre Arbeitstage in Zukunft im Detail aussehen werden, weiss sie allerdings im Moment selber noch nicht, denn sie bekommt einen neuen Vorgesetzten: Im April 2017 wird Philipp Keller neuer Direktor des KKL Luzern. Fest steht, dass auch er sich vor allem mit strategischen Fragen und der operativen Führung des Unternehmens beschäftigen wird. «Die künstlerische Leitung liegt nicht beim Direktor und ist darum auch nicht mein Arbeitsfeld», erklärt Volkart. Spezifisch für ihre Stelle ist jedoch das Feedback-Management, für das sie verantwortlich ist. Briefe, Mails und (selten) Telefonate von Gästen mit Beschwerden, Kritik oder Anregungen landen alle auf Volkarts Tisch. Die meisten Schreiben kritisieren, dass verspäteten Gästen noch Einlass gewährt wurde – oder eben nicht. Andere schreiben, dass die Preise in der Bar zu hoch seien oder der Husten eines Sitznachbars während des Konzertes gestört habe. Nach Rücksprache mit den betroffenen Bereichsleitern beantwortet die Assistentin alle Mails.
Ausser Dienst
Das wollte ich als Kind werden: Kindergärtnerin.
Das hat mich viel Mut gekostet: Vom Fünfmeterbrett springen – einmal und nie wieder.
Mit dieser Person würde ich gerne einmal essen: Mit dem schottischen Schauspieler Gerard Butler.
Das bringt mich zum Lachen: Dem Kabarettisten «Veri» in der vordersten Reihe zuzuhören.
Das stimmt mich traurig: Wenn man in schnelllebigen Zeiten wie heute das Wesentliche vergisst.
Das macht mich wütend: Wenn mir beim Kochen (wie immer, wenn Besuch kommt) etwas misslingt.
Das würde ich gerne können: Fliessend Französisch und Italienisch sprechen.
«Ich mag diesen Kontakt mit den Besuchern. Zudem stehe ich durch diese Aufgabe in engem Austausch mit unseren verschiedenen Abteilungen. Das gefällt mir. Für ein Unternehmen, wie wir es sind, ist eine offene Zusammenarbeit absolut notwendig.» Ein «Gärtlidenken» funktioniere bei einem Betrieb mit rund 500 verschiedenen Veranstaltungen im Jahr nicht. «Es braucht Empathie, Offenheit, Verständnis und Rücksicht, damit alle gut aneinander vorbei kommen – mehr als in anderen Betrieben. Ich denke, das unterscheidet diese Stelle von anderen Jobs in der Assistenz.» Ebenfalls typisch ist der rege Austausch mit der Stadt Luzern. «Das KKL wird von der Stadt unterstützt und gehört der Trägerstiftung Kultur- und Kongresszentrum am See, für die ich eine der Ansprechpersonen bin.»