Meine Erfahrung

Alessandra Cabiallavetta, welche Erfahrungen aus Ihrer Zeit als Assistentin im Gesundheitswesen sind hilfreich für Ihre ­Tätigkeit als selbstständige «Admin-Spitex»?

«In die Administration durfte ich zum ersten Mal hineinschnuppern, da war ich noch eine Teenagerin. Mein Götti hatte eine Arztpraxis und in den Schulferien durfte ich dort jeweils aushelfen. So konnte ich etwas Sackgeld verdienen. Mir gefiel die Arbeit sehr. Ich erhielt aber den Rat, einen anderen Weg einzuschlagen, denn damals war der Beruf der medizinischen Praxisassistentin MPA karrieretechnisch noch eine Sackgasse, man konnte sich nicht weiterentwickeln wie heute zum Beispiel zur Praxismanagerin. Ich hatte zwei Lehrstellenangebote, eine zur MPA und eine andere zur Fachfrau Gesundheit (FaGe). Ich entschied mich für letztere Ausbildung, weil ich darin die grössere Chance auf eine spannende Laufbahn sah.

Während der FaGe-Ausbildung durfte ich praktische Erfahrung sammeln und in den Pflegealltag hineinschnuppern. Für ein paar Wochen war ich sogar in der Küche und in der Wäscherei. Doch es war einmal mehr die Administration, die mich packte: Ich fand die Arbeit im Kliniksekretariat einfach wahnsinnig spannend. Zu jenem Zeitpunkt war ich jedoch schon auf dem Weg zur technischen Operationsfachfrau. Während des Praktikums merkte ich aber, dass das überhaupt nicht meine Welt war, den ganzen Tag in dunklen Räumen zu verbringen und ständig Maske, Schutzbrille und Schutzkleidung zu tragen. Also habe ich noch eine Weile als FaGe gearbeitet, aber währenddessen eine Weiterbildung im Bereich der Administration gemacht. Das befähigte mich, als Assistentin im Spital zu arbeiten. Was ich dann für viele Jahre tat, und zwar in verschiedenen Funktionen wie Chefarztsekretärin oder Direktionsassistentin.

Die Arbeit in der Administration eines Spitals ist sehr vielfältig. Spannend fand ich, wie die Abläufe zusammenhängen, von der Patientenaufnahme über die Abrechnungen bis zum Beschwerdemanagement. Ich hatte auch Kontakt zu den Patienten, was mir gefiel, aber er war nicht ganz so nahe wie auf einer Pflegestation. Die Tätigkeit selbst beinhaltete einen kunterbunten Strauss an Aufgaben, zum Beispiel Sprechstunden- oder Operationsberichte schreiben für den Chef, Anrufe entgegennehmen, Termine vereinbaren, Unterlagen zusammenstellen, E-Mails im Auftrag des Vorgesetzten beantworten, die Dienstplanung für die Ärzte oder die Administration erstellen, schauen, dass man die Arbeitszeit richtig erfasste, damit die Löhne korrekt ausbezahlt wurden, und vieles andere mehr. Auch habe ich immer wieder bei kleinen Klinikprojekten mitgearbeitet oder zuletzt ein Team geführt in meiner Rolle als Verantwortliche für die Klinikadministration.

Wenn ich mit meiner Dienstleistung dafür sorgen kann, dass Menschen so lange wie möglich autonom bleiben können, hat meine Arbeit einen Sinn.

Doch irgendwann fand ich, dass es Zeit für etwas Eigenes wurde. Es reizte mich, etwas auf die Beine zu stellen, die volle Verantwortung zu tragen, aber auch dem Ganzen die Richtung zu geben, die meinen Wertvorstellungen entsprach. Im Februar dieses Jahres habe ich mich deshalb selbstständig gemacht und unterstütze seither Praxen oder Spitaladministrationen, wenn sie etwa Personalengpässe haben, oder berate überlastete Administrationen zu Themen wie Zeitmanagement, Führung oder Kommunikation.

Aber ich bin auch für Menschen da, die eine schwere Diagnose bekommen haben. Insofern ist Admin-Spitex gar nicht falsch: Diese Menschen sind so von ihrer Krankheit absorbiert, dass sie oft keine Kraft haben, sich um den Papierkram zu kümmern, den eine solche Situation mit sich bringt. Wenn sie dann kein Umfeld haben, das ihnen unter die Arme greift, kommen sie nicht zu ihren Unterstützungsgeldern. Hier kann ich mein ganzes Fachwissen und meine Kenntnisse hinsichtlich Versicherungen oder Behörden einbringen, die ich mir über die Jahre in meinen verschiedenen Tätigkeiten in der Spitaladministration angeeignet habe. Dann gibt es viele Familien mit einem schwerkranken Kind, die oft so stark am Limit sind, dass sie ebenfalls kaum dazu kommen, mit Ämtern und Versicherungen zu sprechen, geschweige denn Zeit für sich selbst haben. Diesen Menschen nehme ich punktuell administrative Sachen ab, damit sie zwischendurch einen Moment für sich haben können.

Auch Senioren, die nicht mehr mobil sind, gehören zu meiner Klientel. So gehe ich zum Beispiel regelmässig bei einer älteren Dame vorbei. Für sie erledige ich einmal im Monat vor Ort ihre Rechnungen und die Korrespondenz. Viele alte Menschen werden von ihren Kindern oder Enkelkindern unterstützt. Aber genauso stehen viele Leute im Alter ganz alleine da. Das finde ich tragisch. Wenn ich mit meiner Dienstleistung dafür sorgen kann, dass diese Menschen so lange wie möglich autonom bleiben können, hat meine Arbeit – und meine Erfahrung aus der Zeit als Assistentin im Gesundheitswesen – einen Sinn.»m

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Jelena Martinelli ist selbstständige Texterin bei martinellitext. Sie schreibt leidenschaftlich gerne Blogs und Publireportagen und auch sonst alles, was mit Online-Marketing zu tun hat.

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