«Mein Chef musste sich dran gewöhnen»
Obwohl Führungskräfte oft hundertfünfzig Prozent oder mehr arbeiten, muss das für eine Assistentin noch lange nicht so sein. Drei Beispiele zeigen, wie man sich auch mit einem Teilzeitpensum organisieren kann.
Assistentin im Jobsharing: Antonella Pfander, Assistentin der Geschäftsleitung bei «20 Minuten»
Ich teile mir den Job mit einer Kollegin, sie arbeitet 60 Prozent und ich 70 Prozent. Ich bin 2 Tage im Büro anwesend und 1 1/2 Tage arbeite ich im Home Office. Dort bin ich natürlich dann mehr oder weniger den ganzen Tag erreichbar. Man muss flexibel sein, aber für mich passt das Modell so perfekt. Ich kann mir selbst einteilen, wann ich was mache, und kann das gut mit meiner Familie koordinieren. Ausserdem gibt es in meinem Aufgabengebiet kaum etwas, das ich nicht von zu Hause aus erledigen kann.
Mit meiner Kollegin habe ich mir die Arbeit so aufgeteilt, dass jede ihren Bereich hat: Sie kümmert sich um den Bereich Personal, während ich mich um Finanzaspekte und weitere administrative Angelegenheiten kümmere. Wir sind aber so organisiert, dass wir uns in allen Bereichen stellvertreten können.
Mit meiner Jobsharing-Kollegin tausche ich mich eher informell über die anfallenden Aufgaben aus. Jeweils jeden zweiten Donnerstag sind wir gemeinsam im Büro. Mit unserem Chef ist es so vereinbart, dass wir ihn bezüglich Verfügbarkeit «führen» und ihm sagen, wann er sich Zeit für uns nehmen muss.
Natürlich fallen bei einem Jobsharing auch hie und da mal kleinere Informationen unter den Tisch. Es kommt uns entgegen, dass «20 Minuten» kein überorganisiertes Unternehmen und eher «freestyle» unterwegs ist. Ich leiste gerne viel, ohne auf die Uhr zu schauen, und bin auch gern gefordert. Insgesamt sind aber Geben und Nehmen im Einklang.
Assistentin in Teilzeit mit Kindern: Graziella Coscia-Russo, Assistentin der Geschäftsleitung bei Erdgas Ostschweiz AG
Ich habe eine Familie und arbeite darum 70 Prozent. Meine Kinder sind 16 und 14 Jahre alt. Auch wenn sie nicht mehr so viel Betreuung brauchen, gibt es noch einiges zu organisieren. Ausserdem geniesse ich es auch sehr, Zeit für mich zu haben, und kann mir im Moment nicht vorstellen, mehr zu arbeiten. Meiner Work-Life-Balance kommt das sehr entgegen, da ich mehr oder weniger ausreichend Zeit für Familie, Sport und Freunde habe.
Mit diesem Pensum eingestellt hat mich mein vorheriger Chef vor rund eineinhalb Jahren. Er war auch nicht an jedem Tag anwesend und so ging das gut auf.
Seit Juni 2013 habe ich einen neuen Chef. Er musste sich zuerst daran gewöhnen, dass ich nicht immer da bin. Ab und zu wünschte ich mir aber etwas mehr Zeit für meine Aufgaben oder Unterstützung. Gerade weil ich nicht nur ihn, sondern auch drei Mitglieder der Geschäftsleitung und die HR-Leiterin unterstütze. Doch wenn ich zu Spitzenzeiten mal etwas mehr arbeiten muss, kann ich das zu anderen Zeiten wieder abbauen.
Jobsharing stelle ich mir eher schwierig vor. Dafür muss man sich mit der Kollegin schon sehr gut ergänzen und extrem gut absprechen. Ich denke, das geht nicht immer. Vor allem wenn beide schulpflichtige Kinder haben. Da muss man schon sehr flexibel sein, gerade was die Ferienplanung anbelangt.
Assistentin in Teilzeit ohne Kind: Simone Stephan, Bank Vontobel AG, Assistentin Spartenleiter Private Banking
Ich arbeite schon seit acht Jahren 80 Prozent. Etwas anderes kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Natürlich ist das auf einem höheren Level der Assistenz schwierig. Als ich auf Stellensuche war, hatte ich auch keine Angebote als Assistentin eines CEOs oder bei einem höheren GL-Mitglied. Dort sind 100 Prozent Standard – und in der Realität sind das meist 120 Prozent. Eine Zeit lang habe ich bei einer Consultingfirma sogar nur
60 Prozent gearbeitet – das war der Himmel auf Erden und aus meiner Sicht der Idealzustand. Aber bei nur drei Tagen im Büro inhaltlich immer auf dem aktuellen Stand zu sein, ging nicht gut. Die Antwort «Da muss ich mich erst schlaumachen» ist für einen Chef meist inakzeptabel.
Meine Vorgängerin hat meinen aktuellen Job auch in 100 Prozent gemacht; die Arbeit jetzt in weniger Zeit zu schaffen, liegt in meiner Verantwortung. Wenn ich mal an meinem freien Tag arbeiten müsste, könnte ich das zwar theoretisch schon kompensieren, aber in der Praxis ist das natürlich nicht ganz einfach, denn die vier Tage in der Woche brauche ich wirklich im Büro. Insgesamt bin ich aber sehr zufrieden: Der zusätzliche freie Tag verschafft mir viel mehr Lebensqualität und ich gehe viel entspannter durchs Leben.