Jenseits vom Büro
Wir können heute theoretisch von überall aus arbeiten. Und immer mehr Menschen tun dies auch. Manche haben nicht einmal mehr einen festen Platz im Büro. Doch diese Form des ortsunabhängigen Arbeitens hat auch rechtliche Auswirkungen. Was es zu beachten gilt.
Mobile Arbeitsformen sind auf dem Vormarsch. Immer mehr Mitarbeitende können dank IT und Internet von zu Hause aus, von unterwegs und beim Kunden arbeiten. Manchmal haben sie nicht einmal mehr einen festen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber und müssen sich je nachdem flexibel ein neues Büro oder einen neuen Schreibtisch suchen.
Im Folgenden wird ausgeführt, welche rechtlichen Folgen dies für Mitarbeitende im Angestelltenverhältnis hat. Ähnliche Überlegungen gibt es auch für Selbstständigerwerbende, die im Werkvertrag oder im Auftrag für eine Unternehmung tätig sind.
Arbeitszeit
Im Einzelarbeitsvertrag sind Arbeitnehmende verpflichtet, der Arbeitgeberin für die vereinbarte Arbeitszeit zur Verfügung zu stehen und gemäss den vereinbarten Pflichten sorgfältig der Arbeit nachzugehen (vgl. Art. 321a OR). Wird mobil gearbeitet und die Arbeitszeit immer mehr unterwegs, zu Hause oder bei Kunden verbracht, muss vertraglich genau vereinbart werden, wo Arbeitnehmende den vereinbarten Arbeitsstunden nachgehen und nachgehen können. Die Arbeitgeberin ist befugt, allgemeine Anordnungen oder Weisungen, welche vom Arbeitnehmenden gemäss Art. 321d OR zu befolgen sind, zu erlassen. Zum Beispiel muss die Art und Weise des Rapportierens dieser Arbeitsstunden vereinbart werden. Schwierig kann sich der Umgang mit Überstunden gestalten. Arbeitnehmende sind in diesem Fall stärker dafür verantwortlich, ihre eigene Arbeitszeit zu kontrollieren und möglicherweise auch der Arbeitgeberin mitzuteilen, wenn sich Überstunden anhäufen. Eine direkte Kontrolle der Arbeitnehmenden, ob sie tatsächlich auch arbeiten, ist nur indirekt über die Quantität / Qualität der Arbeit und eventuell verknüpft mit Kontrollen über IT (Benutzung und Zugänge) möglich.
Inhaltliche Führung
Die Arbeitgeberin muss ihre Angestellten sowohl instruieren als auch überwachen. Nur so kann sie sich selbst von der Verantwortlichkeit entlasten, falls ihre Angestellten einen Schaden verursachen und sie dafür verantwortlich gemacht wird (vgl. Art. 55 OR und Art. 101 OR). Die inhaltliche Führung durch den Betrieb, wie zum Beispiel die Instruktion der Mitarbeitenden, gestaltet sich bei den vielen Abwesenheiten natürlich schwieriger. Regelmässiger Kontakt über E-Mail oder per Telefon und regelmässige Meetings im Unternehmen helfen dabei, den Überblick zu behalten. Dennoch: Mitarbeitende werden zu einem grossen Teil sich selber überlassen und haben die Pflicht, sich bei Problemen aktiv zu melden. Somit vergrössert sich die Verantwortung der Mitarbeitenden im Vergleich zu denjenigen Arbeitnehmenden, die im Betrieb eingebunden sind.
Datenschutz
Wenn die Mitarbeitenden Informationen ausserhalb des Unternehmens bearbeiten, besteht ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für Datenunfälle jeglicher Art. In diesen Kontext fällt auch die Diskussion über das Thema «bring your own device» (siehe auch Artikel «bring your own device – in law» im Informatikspektrum Heft 6/2011). Wenn Mitarbeitende zum Beispiel (auch nur teilweise) zu Hause arbeiten, ist es möglich, dass Familienmitglieder oder Dritte auf die mobilen Endgeräte Zugriff haben und so in vertrauliche Unternehmensdaten Einsicht nehmen oder vielleicht (sogar unbeabsichtigt) solche Daten in deren Arbeitsumgebung mitnehmen können. Die Mitarbeitenden müssen genau darüber unterrichtet werden, welche Informationen auf welchen Datenträgern aus den Büroräumlichkeiten heraus dürfen und wie damit umgegangen werden soll.
Grundsätzlich sind Arbeitnehmende gemäss Art. 328b OR und Datenschutzgesetz verpflichtet, Daten nur im Rahmen des Arbeitsvertrags aufzubewahren, zu verwenden, bekanntzugeben usw. Dazu gehören auch die Wahrung der Geschäftsgeheimnisse und die Einhaltung des Datenschutzes. Die Arbeitgeberin muss die Arbeitnehmenden noch speziell darauf hinweisen, was dies im Rahmen von mobilem Arbeiten bedeutet und wie damit konkret umzugehen ist. Zum Beispiel könnte eine Zugangsbeschränkung auf dem mobilen Arbeitsgerät installiert werden, wodurch ausschliesslich der Arbeitnehmende selbst Zugang zu gewissen Daten hat.
Kosten
Grundsätzlich hat die Arbeitgeberin gemäss Art. 327 Abs. 1 OR den Arbeitnehmenden mit Geräten und Material, die zur Arbeit nötig sind, auszurüsten. Stellt der Arbeitnehmende im Einverständnis mit dem Arbeitgebenden selbst Geräte oder Material zur Verfügung, so hat der Arbeitgebende ohne anderweitige Vereinbarungen den Arbeitnehmenden zu entschädigen (Art. 327 Abs. 2 OR). Mobiles Arbeiten ist möglicherweise mit zusätzlichen Kosten für den Angestellten verbunden. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, ob dieser zu Hause einen eigenen Arbeitsplatz einrichten muss, was mit Raum- und IT-Infrastruktur-Kosten verbunden ist. Zudem fallen unter Umständen zusätzliche Transportkosten für die erhöhte Mobilität an. Hingegen kann es sein, dass sich bei der Arbeitgeberin gewisse Infrastruktur-Kosten reduzieren, weil eben nicht mehr für alle Mitarbeitenden ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Kosten der Mitarbeitenden müssen thematisiert und klar sowie rechtsgleich geregelt werden. Andernfalls greifen die gesetzlichen Regelungen, wonach die Arbeitgeberin die Kosten zu tragen hat.
Fürsorgepflicht
Die Arbeitgeberin hat gegenüber den Arbeitnehmenden eine Fürsorgepflicht. Anders ausgedrückt, muss sie alles unternehmen, damit es den Arbeitnehmenden bei ihrer Arbeitserfüllung wohl ist und sie zum Beispiel nicht gesundheitlich gefährdet werden. Gemäss Art. 328 OR hat sie zum Beispiel Massnahmen zu treffen, welche die Gesundheit, die persönliche Integrität und das Leben der Arbeitnehmenden schützen. Die sich nun entwickelnden Formen von modernem Arbeiten sind aber nicht für alle Mitarbeitenden gleich bekömmlich. Mobiles Arbeiten wird zum Teil auch als Grund für die steigenden Burnout-Zahlen genannt. In diesem Kontext sind die Unternehmen gut beraten, die Mitarbeitenden für diese Situationen zu sensibilisieren und bei der Auswahl der Mitarbeitenden darauf zu achten, ob sie sich für diese Art von Arbeit tatsächlich eignen. Eventuell können auch flankierende Massnahmen ergriffen werden, wie regelmässige Treffen, Ansprechpartner für Probleme im Betrieb wie Ombudsstellen etc.