Es ist ein infames Gerücht, dass Angestellte gerne nahe zusammen sitzen, verdichtetes Layout die Kommunikation fördert, die Effizienz steigert und die Transparenz erhöht. In die Welt gesetzt wurde es von einer Schar irregeleiteter, misanthropischer Manager auf Führungsebene, die aus ihren 40-Quadratmeter-Einzelbüros heraus diese Lüge in die Geschäftswelt trugen und sie von Horden opportunistischer Architekten ad absurdum umsetzen liessen. Mal ehrlich: Wenn man zwischen einem Einzelbüro in der Grösse eines Schuhkartons und einem standardisierten Schreibtisch in einem Grossraumbüro wählen könnte, dann wäre jeder Assistentin sofort klar, wofür sie sich entscheiden würde. Her mit der Schachtel!
Es geht hier nicht nur darum, dass man sich auch mal einen abgebrochenen Fingernagel gerade feilen will, ohne sich die infantilen Vorzimmer-Tussi-Sprüche der Kollegen anhören zu müssen. Abgebrochen – übrigens beim Entfernen des Papierstaus am Kopierer, der freundlicherweise von einem Mitarbeiter verursacht wurde, der es vorzog, anonym zu bleiben. Es geht auch nicht darum, dass man im eigenen Büro die Strumpfhose ungestört zurechtzupfen will, weil sie vom ewigen Sprint zum Drucker am Knie unschöne Falten wirft. Der Drucker steht nämlich aus Effizienzgründen am anderen Ende des Raumes, und man teilt ihn sich mit 50 batteriehaltungsgeschädigten Büroinsassen. Nein, es geht darum, dass ein Sekretariat ein Vertrauensposten ist, und da braucht es nun mal Privatsphäre.
Ein eigenes Büro – auch im Taschenformat – schafft Klarheit, Respekt und Abstand. Da kommt keiner rein und rückt einem so nah auf die Pelle, dass man seine Nasenhaare zittern sieht. Ausserdem schaut niemand unverblümt auf den Bildschirm, zeigt mit dem Finger auf den Terminkalender und statuiert, es sei gar nicht wahr, dass der Chef keine Zeit habe, da seien ja noch volle fünf Minuten unverbuchte Zeit zu sehen. Auch muss man sich nicht unversehens und mit ganzem Körpereinsatz über vertrauliche Dokumente werfen, die der schnell herannahende Prokurist nicht sehen sollte. Ebenfalls erübrigen sich dann die in konspirativem Tonfall und kryptischen Sätzen geführten Telefongespräche, die von den Kollegen als drohende Restrukturierungsmassnahmen interpretiert werden, sich aber um Überraschungs-Team-Events zur Steigerung der Mitarbeitermoral drehen.
Was Haltern von Geflügel schon längst verboten wurde, gilt im modernen Businessleben als fortschrittliches, kostenoptimiertes und transparentes Arbeitsplatzmodell. In Tat und Wahrheit ist es ein unpraktischer, lärmiger, schlecht klimatisierter Ort, der im Winter Dutzende Grippeopfer fordert. Das muss aufhören! Die Zeiten, in denen Führungskräfte Transparenz predigten und dann im Porsche mit getönten Scheiben ins Einzelbüro fuhren, sind längst vorbei. Wir fordern Individualität für alle und für die Sekretärin ein nettes Eckbüro mit George-Clooney-Maschine und Prosecco-Spender!