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Wenn Change Manager auf die Belegschaft losgelassen werden, bleibt kein Stein auf dem anderen. (Foto: 123rf)
Veränderungen sind toll. Ach, was sage ich! Sie sind grossartig! Sie beflügeln und motivieren uns. Einige Umwälzungen können ein bisschen Angst machen, aber die Freude über die neuen Umstände überwiegt. Neue Ufer anzusteuern, bedeutet, dass sich das Leben zum Positiven verändert, dass die Zukunft rosig aussieht und man sich mit Elan der neuen Herausforderung stellt. Neue Wohnung, Hochzeit, neuer Job, frisch renovierte Küche, ein Baby – alles gute Gründe, zu froh-locken und in Jubelgeschrei auszubrechen. Selbstgewählte Veränderungen verlangen geradezu danach, mit viel Champagner begossen zu werden. Auch wenn man bei einigen weiss, dass sie wahrscheinlich irgendwann aufhören zu prickeln und nur noch nach schalem Bier oder Milchsäure riechen werden.
Aber darum geht es hier ja gar nicht. Es geht um unfreiwillige Veränderungen, von denen man von Anfang an zu glauben meint, dass sie schiefgehen oder einen negativen Effekt haben werden. Nicht selten wird man mit solchen Umwälzungen im Job konfrontiert. Ganze Abteilungen werden in Billiglohnländer ausge-lagert, neue Arbeitsplatzkonzepte eingeführt, noch nie dagewesene Strategien verfolgt oder neue, heilsversprechende Tools implementiert. Von den Mitarbeitern wird erwartet, dass sie grosses Verständnis aufbringen und Veränderung mit Freude annehmen. Um die verordnete Begeisterung sicherzustellen, werden Horden von Theoretikern mit der produktiv klingenden Bezeichnung «Change Manager» auf die Belegschaft losgelassen. Ihr Ziel ist es, die Gläubigen zu belohnen, die Skeptiker auf den rechten Weg zu bringen und die Abtrünnigen auszusondern. Eine mittelalterliche Methode, reloaded für das digitale Zeitalter.
Was also macht so ein Change Manager? Primär geht es darum, den Leuten rosarote Brillen zu verteilen und ihnen klarzumachen, dass Wolke sieben angesagt ist. Gerne wird dafür mal ein Workshop einberufen. Dort sitzt man dann im Kreis und versucht mit angestrengtem Lächeln, anhand von verworrenen Datenanalysen und diffusen Flowcharts zu verstehen, warum es für alle das Beste ist, die gesamte IT nach Timbuktu auszulagern. Das Motto «Wenn du nicht überzeugen kannst, verwirre!» ist quasi die Ultima Ratio jedes Change Managers. Zu allem Übel werden bei solchen Anlässen meist nur Kaffee und Tee gereicht, obwohl der konsternierte Mitarbeiter in solchen Fällen mit bewusstseinserweiternden Substanzen wie Prosecco oder Eierlikör besser bedient wäre.
So ist es nur verständlich, dass ein mit literweise Grüntee berauschter Change Manager am Ende geradezu persönlich beleidigt ist, wenn die lokalen IT-Leute den Nutzen ihrer eigenen Entlassung im Rahmen des grossen Ganzen partout nicht einsehen wollen. Kein offenes Ohr gibt es auch für Zweifler. Es geht ja auch nicht darum, ob es effizienter ist, einen- PC in Timbuktu zu bestellen, damit dieser von einem lokalen, externen Provider für ein nicht unerhebliches Entgelt installiert wird und für eine weitere Gebühr Tage später nochmals umplatziert werden muss, weil die Leute in Timbuktu nicht mit den Begebenheiten in der Schweiz vertraut sind. Nein, darum geht es nicht. Es geht ums Prinzip! Das Prinzip der Unfehlbarkeit der Teppich-etage.
Change Manager sind die Gesandten, die in die Corporate-Welt hinausgeschickt werden, um das Wort der Mutter Oberin und ihrer sieben Zwerge zu verkünden. Oh heiliger Bimbam, bekehre die Argwöhnischen und die vom gesunden Menschenverstand Besessenen! Bring sie zurück in die Gemeinschaft der blauäugigen Optimisten, der schönschwätzenden Narzissten und devoten Opportunisten. Die Unbelehrbaren jedoch exkommuniziere!
Und wo liegt jetzt eigentlich Timbuktu noch gleich?
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