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Wenn’s knallt

Jede Diskussion braucht eine treibende Kraft, die durch pragmatische, konstruktive und positive Bilder mitzieht und so den Dialog gestaltet. Oft finden sich Assistenzen in dieser Rolle wieder.

Wir verbringen durchschnittlich 15 Prozent unserer Zeit mit der Bewältigung von Konflikten. Diese Auseinandersetzungen können zu erheblichen Kosten für Unternehmen und die Volkswirtschaft führen – Schätzungen zufolge sogar mehrere Milliarden Franken jährlich. Besonders oft finden sich Assistenzen in der Vermittlerrolle wieder, wenn es zu Spannungen im Team oder zwischen Führungskräften kommt. In solchen Situationen sind Vermittlungsgeschick und eine ruhige Hand gefragt. Tipps für ein gutes Gelingen.

Tipp 1: Intensiv auf eine Diskussion vorbereiten

Steht eine potenziell konfliktreiche Sitzung an, die Sie moderieren sollen, ist eine gute Vorbereitung das A und O. Je mehr Sie die unterschiedlichen Standpunkte der Konfliktparteien im Vorfeld kennen, desto besser können Sie sich auf die Diskussion einstellen und diese lenken. Vorbereitende Fragen können hier sein: Welche Positionen haben die Gesprächsbeteiligten zuletzt vertreten? Welche Ziele verfolgen sie?

Ausserdem kann es helfen, sich zuvor in die Gesprächsbeteiligten hineinzuversetzen: Angenommen, Sie wären nicht die neutrale Moderation, sondern würden eine bestimmte Position vertreten: Wie würden Sie argumentieren? So vermeiden Sie unangenehme Überraschungen und Unsicherheiten bereits in der Vorbereitung. Als gut vorbereitete Moderatorin oder Moderator kann man zudem mehrere Aspekte derselben Thematik ansprechen und so verhindern, dass sich die Diskussion an einem einzigen Punkt festbeisst.

Wenn beispielsweise die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens auf der Agenda steht, ist es klug, sich auf alle Dimensionen von Nachhaltigkeit vorzubereiten. Dazu gehören neben den offensichtlichen ökologischen Aspekten der Unternehmensführung auch soziale Aspekte und Governance-Themen.

Tipp 2: Die Uhr im Auge behalten

Ein effektives Zeit- und Redezeitmanagement ist eine der wichtigsten Aufgaben der Moderation. Es gilt, einen gleichen Redeanteil zwischen den Konfliktparteien sicherzustellen. Das erreichen Sie, indem Sie bereits im Vorfeld die Spielregeln bei den Rednerinnen und Rednern aktiv ansprechen und bei Bedarf charmant eingreifen, um zur anderen Person überzuleiten. Überleitende Sätze können sein: «Dazu möchte ich doch die andere Seite nochmal fragen» oder «Neben dem genannten ist ja ein weiterer wichtiger Punkt …».

Das klingt wie ein generischer Tipp, der für jegliche Art der Moderation gilt. Jedoch gerade in Konfliktsituationen kann ein konsequentes Zeitmanagement Ruhe in hitzige oder emotionale Diskussionen bringen.

Tipp 3: Mit neutralen Überleitungen Luft aus den Segeln nehmen

Gute Moderatorinnen und Moderatoren holen die Rednerinnen und Redner immer dort ab, wo sie stehen. Das bedeutet, die Kernaussage kurz mit eigenen Worten zusammenzufassen, um emotionale Formulierungen und Längen zu verhindern. Danach kann man die andere Partei nach ihren Argumenten fragen. Manchmal hilft auch eine überraschende Frage wie: «Und wie würden Sie jetzt einen Kompromiss formulieren?» oder «Welches Argument der anderen Partei gefällt Ihnen am besten?» Solche Fragen sorgen für eine kurze Verschnaufpause und etwas Heiterkeit, was die emotionale Härte verringern kann.

Tipp 4: Einen gemeinsamen Nenner finden

Um in einer Konfliktsituation zu einer konstruktiven gemein­samen Lösung zu kommen, ist es wichtig, dass die Fronten niemals verhärten. Eine faire Moderation sorgt dafür, dass alle Perspektiven zu Wort kommen, und lenkt die Diskussion auf ein gemeinsames Ziel hin. Der Moderator oder die Moderatorin bleibt dabei immer die steuernde Person.

An dieser Stelle unterscheidet sich die Moderation auf einer grossen Bühne von den Meetingräumen der Unternehmen. Auf einer Bühne wird meist kein Kompromiss live und vor Publikum erarbeitet. Vielleicht ist das aber das Ziel Ihres Meetings? Dann benennen Sie dieses Ziel direkt, sodass alle Parteien wissen, worauf sie hinarbeiten.

Manchmal weiss man jedoch schon vorher, dass sich eine Kompromissfindung über Wochen ziehen wird. Adressieren Sie auch dieses Ziel, indem Sie direkt auf eine Gesprächsreihe verweisen, aus deren Einzelergebnissen im Anschluss ein Kompromiss erarbeitet werden kann.

Tipp 5: Vielfalt ist wichtig für die Diskussion

Jeder Konflikt hat mehrere Facetten und wenn alle beteiligten Parteien ihre Sichtweise einbringen, entsteht ein umfassenderes Bild des Problems. Das hilft oft, die wahren Ursachen des Konflikts zu identifizieren und Missverständnisse zu klären.

Wenn Sie einen Konflikt moderieren, sind Sie in einer besonderen Position. Auf der einen Seite sind Sie vielleicht direkt vom Geschehen beeinflusst, weil jemand unter Strom steht und die negative Stimmung ins Team trägt. Auf der anderen Seite sind Sie jedoch auch eine neutrale Instanz, die einen Schritt zurückgehen und vermitteln kann.

Wenn Sie also zwischen den Stühlen in einer Diskussion stehen, fragen Sie sich zunächst: Kenne ich alle Perspektiven auf den Konflikt, um gekonnt vermitteln zu können?

Tipp 6: Nehmen Sie es mit Humor

Zum Beispiel: Unternehmerinnen konfrontieren Politiker gern mit sehr konkreten Detailthemen, während Politiker oft diplomatische, aber wenig konkrete Antworten geben. Das ist übertragbar auf den Arbeitsplatz: Ein Kollege hat ein sehr konkretes Problem – die Geschäftsführung antwortet aber nur mit Worthülsen. Eine Kundin möchte ein Problem gestern gelöst haben, die Produktmanager haben aber nur die Hinhaltetaktik parat.

Eine erfolgreiche Vermittlung in Konfliktsituationen kann so aussehen, dass Sie den betroffenen Parteien mit einem Augenzwinkern die Bausteine in die Hand legen, die zu einer Lösung der Spannung führen können. Als Mediatorin oder Mediator könnte eine humorvolle Bemerkung wie «Vielleicht sollten wir das Problem aufschreiben, bevor es in all den schönen Worten untergeht» der Geschäftsführung auf charmante Weise signalisieren, dass konkrete Massnahmen notwendig sind. Dies erfordert keine sofortige Lösung und dennoch weiss die oder der Mitarbeitende, dass sein Problem ernst genommen wird.

Fazit

Eine gute Vermittlung erfordert neutrale und verbindende Kommunikation, die Förderung eines gemeinsamen Ziels, die Wertschätzung vielfältiger Perspektiven und manchmal auch den Einsatz von Humor, um Spannungen zu lösen und eine konstruktive Lösung zu finden.

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Corinna Egerer ist selbstständige Moderatorin in den Bereichen Wirtschaft und Politik. Als Wirtschaftswissenschaftlerin moderiert sie seit vielen Jahren Konferenzen, und Tagungen, Podiumsdiskussionen, und  Bühnengespräche sowie Preisverleihungen für Unternehmen und Institutionen – oft an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Politik und weiteren gesellschaftlichen Bereichen. In Köln aufgewachsen, lebt sie heute mit ihrer Familie in Frankfurt und engagiert sich u.a. bei der Atlantik Brücke (Young Leader) und im Vorstand der Alumni-Vereinigung der Universität St. Gallen. Zusätzlich ist Corinna Egerer Gründerin und Veranstalterin der jährlich stattfindenden Frankfurt Digital Finance.
corinnaegerer.de

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