Gar nicht so abgehoben
Für Businessreisen einen Privatjet zu mieten, muss kein purer Luxus sein. Im Gegenteil. In manchen Fällen ist es sogar die günstigere Lösung, als mit dem Linienflug zu reisen.
Ja, es gibt sie, die riesigen Privatjets, ausgekleidet mit edlem Mahagoniholz, mit einer Sitzgruppe aus weissen Ledersofas, goldigen Wasserhähnen im geräumigen Bad und einem Kühlschrank, in dem immer eine Flasche teurer Champagner bereitsteht. Privatjets, wie wir sie aus dem Fernsehen kennen. Und sie sind auch im richtigen Leben nicht nur Scheichs und Präsidenten vorbehalten.
Doch sie sind nicht die Regel, wenn Jets für Geschäftsreisen genutzt werden. Zumindest nicht in der Schweiz. «Das Bild, das viele von Privatjets haben, ist zu pompös und luxuriös», entzaubert Tom Engelhard, Sales Direktor Europa von Air Partner. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich ist ein klassischer Jet-Broker und vermittelt Flugzeuge an Personen, die einen Jet samt Crew mieten wollen. Air Partner besitzt also keine eigene Flotte, was sie von Konkurrenten wie beispielsweise Netjets oder Jet Aviation unterscheidet. «Das bringt den Vorteil, dass wir nicht darauf angewiesen sind, unsere eigenen Maschinen in die Luft zu bringen. Wir können auf ein sehr grosses Repertoire von Flugzeugen zugreifen und sind dadurch flexibel. Einem Kunden, der zwei Passagiere transportieren will, müssen wir nicht den letzten übrig gebliebenen Siebenplätzer anbieten.»
Die Flugzeuge, die Engelhard für seine Kunden immer häufiger über die Rollfelder dieser Welt jagt, sind sogenannte Very Light Jets. «Am verbreitetsten ist der Jet-Typ, in dem sich vier Passagiere gegenübersitzen. Die Kabinenhöhe beträgt 1,37 Meter.» Toilette? Mehr oder weniger ein Klappstuhl mit Loch und nur für den absoluten Notfall gerechnet. Luxus sieht anders aus.
Revoluzzer am Himmel
Und trotzdem sind Very Light Jets sehr beliebt. Mehr noch, diese Jet-Generation hat den Luftverkehr seit ihrem Markteintritt im 2005 revolutioniert. «Very Light Jets zeichnen sich durch ihre Sparsamkeit aus. Sie sind sehr leicht, leise, empfehlen sich für eine Reichweite von rund zwei Stunden und können dank ihrer kleinen Grösse auch auf kurzen Pisten von kleineren Flughäfen landen», fasst Engelhard zusammen. Diese Eigenschaften machen sie als Lufttaxis äusserst interessant. Vor allem auch im Geschäftsreisebereich. Und längst nicht nur Grossunternehmen leisten sich ab und an einen solchen Jet.
«Wir verzeichnen vor allem einen Zuwachs bei Buchungen von KMU», sagt Engelhard. Viele investieren in Osteuropa, bauen dort Niederlassungen oder Produktionsstätten auf. Diese liegen zum Teil weit ausserhalb der Metropolen, was den Weg zum Flughafen lang und mühsam macht. Zudem gibt es keine guten Linienverbindungen nach Osteuropa. Ein klassischer Fall für den Einsatz eines gemieteten Privatjets. «Mit einem gecharterten Jet können Geschäftsleitungsmitglieder viel Zeit sparen, weil sie durch Provinzflughäfen näher zum Zielort reisen und Hin- und Rückflug selber festlegen können. Transitzeiten, lange Schlangen am Check-in, Wartezeiten am Flughafen sowie eventuelle Übernachtungen fallen weg.» Sie hätten auch schon einzelne Mechaniker mit einem Ersatzteil geflogen, weil es immer noch günstiger kam, als die Produktionsstätten für so lange Zeit zu schliessen, wie es für den konventionellen Flugweg nötig gewesen wäre, erzählt Engelhard.
Zürich–Leipzig: Der Jet-Klassiker
Engelhards Lieblingsrechenbeispiel ist die Strecke Zürich-Leipzig, am Morgen hin, am Nachmittag zurück. «Der Jet kostet in diesem Fall rund 5000 Franken. Das entspricht bei vier Personen 1250 Franken pro Person. Ein Day-Return mit der Kombination Lufthansa-Swiss kostet schnell 1000 Franken pro Person. Und die Zeit, die beim Umsteigen in München oder Frankfurt verloren geht, ist da noch nicht eingerechnet.»
Die Strecke Zürich–London aber beispielsweise rechne sich selten, weil sie mehrere Anbieter abdecken. Auch für Langstreckenflüge nach China oder in die USA lohne sich ein Privatjet höchstens, wenn eine Gruppe von rund 17 Personen fliegt, die den für eine solche Strecke nötigen Flieger füllt, und die Passagiere sonst in der First Class reisen würden.
Ein Preisvergleich lohnt sich also vor allem bei Kurzstrecken und Verbindungen, die von den Linienflugzeugen schlecht abgedeckt werden. «Very Light Jets sind kein Luxus, sondern ein Businesstool», sagt Engelhard. Damit mögen die Privatjets etwas von ihrem Glamour eingebüsst haben. Aber wie heisst’s so schön: Auch sparen ist sexy.
Ein Abo für den Jet
Air Partner hat zwei Kartenprogramme im Angebot, bei denen der Kunde zu einem im Voraus bezahlten Festpreis ein Flugstundenkontingent (zum Beispiel für 25 Stunden) erwirbt. Dieses Kontingent kann er dann flexibel nach seinen persönlichen Reise-Bedürfnissen abfliegen. Mit der Jet Card garantiert Air Partner dem Karteninhaber innerhalb von 24 Stunden die Verfügbarkeit eines Flugzeuges ab jedem gewünschten Abflughafen. Die Corporate Card hingegen ist nur für ein und denselben Abflughafen innerhalb Europas gültig. Die Corporate Card kostet mit einem Kontingent von 25 Stunden in einem Very Light Jet ab 69 000 Euro. Die Kosten für eine Jet Card zu den gleichen Konditionen belaufen sich auf 114 000 Euro.