«Für Veränderung braucht es Vorbilder»
Ein Netzwerk für Netzwerke. Wie kommt man auf eine solche Idee? Anlässlich des 15. Jubiläums von SWONET blickt Gründerin Petra Rohner auf die Entwicklung des Portals für Frauenorganisationen zurück und verrät, was die Zukunft alles für Frauen bereithält.
«Vor 15 Jahren war noch ein starkes «Gartenzaun»-Denken vorhanden», sagt Petra Rohner. Das SWONET-Portal hat seither geholfen, die Kommunikation zwischen Frauenorganisationen zu verbessern. (Bild: zVg)
Das SWONET Portal feiert sein 15. Jubiläum! Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Bei dieser Frage muss ich an die Anfänge von SWONET zurückdenken. 2007 gründete ich auf XING eine Gruppe für Frauen in der Schweiz. Es gab zwar schon online Business-Netzwerke, aber es war noch unklar, wie sich die digitale Kommunikation weiterentwickelt. Da dachte ich mir, «Frauen müssen bei dieser virtuellen Vernetzung von Anfang an dabei sein». In der XING-Gruppe kam die Frage auf, was es für Frauennetzwerke in der Schweiz überhaupt gibt. So ist die Idee entstanden, ein Portal zu gründen, dass den Schweizer Frauenorganisationen eine gemeinsame Präsenz verleiht. Wenn ich 15 Jahre zurückblicke, stelle ich fest, dass sich die Kommunikation elementar verändert hat. Innerhalb dieser wenigen Jahren digitalisierte sich unsere Kommunikation fast vollständig. Für mich ist das eine Smartphone-Revolution, die auch das Networking geprägt hat.
Anstoss für SWONET war also die Digitalisierung …
Ja, aber für mich stand das Thema Netzwerk immer im Zentrum. Netzwerke können Frauen weiterbringen, weil sie sich hier austauschen und an Projekten zusammenarbeiten können. Nach etwa einem Jahr SWONET Gruppe merkte ich, dass wir noch viel mehr erreichen, wenn sich nicht nur Frauen vernetzen, sondern sich Organisationen stärker miteinander verbinden. Es gab zwar mit Alliance F einen politischen Dachverband für Frauenorganisationen, SWONET hatte jedoch den Fokus als Kommunikationsportal die Sichtbarkeit der Netzwerke zu stärken. Deshalb war ich mit SWONET 10 Jahre im Vorstand von Alliance F.
Petra Rohner
Petra Rohner ist Gründerin und Präsidentin der Stiftung SWONET. Die Erwachsenenbildnerin SVEB bietet Schulungen für Firmen in der Outplacement-Beratung und hat ein Mandat beim Amt für Arbeit und Wirtschaft des Kanton Aargaus in der Beratung von Fach- und Führungskräften. Petra Rohner ist Autorin des Buchs «Einflussreich Netzwerken» und Gast-Dozentin zum Thema «Digitales Netzwerken».
Wie hat sich das Portal seither weiterentwickelt?
Wir haben mit vier Organisationen begonnen. Heute bieten wir 180 Frauennetzwerke eine gemeinsame Plattform. Worin sie sich unterscheiden und wie sie sich positionieren, zeigen wir auf SWONET. Anfangs ging es um die Sichtbarkeit dieser Organisationen, heute setzen wir Kommunikation in den Vordergrund. Das heisst, sie nutzen unsere Plattform, um über ihre Ziele, Projekte, Veranstaltungen und Kooperationen zu informieren. Vor 15 Jahren organisierte SWONET regelmässig regionale Events, die Verbandsunabhängig waren. Das war wichtig, weil man früher Verbandsmitglied sein musste, um an Events teilzunehmen. Die Angebote an öffentlichen Veranstaltungen sind mittlerweile so vielfältig, dass wir die SWONET-Treffen nur noch drei bis vier Mal im Jahr in der Region durchführen. Die SWONET Jahresagenda bietet einen Überblick auf die Vielfalt der nationalen Veranstaltungen.
SWONET ist ein Netzwerk für Netzwerke. Aber wieso braucht es eigentlich Frauen-Netzwerke?
Nach wie vor ist es wichtig, dass sich Personen austauschen, die ein Verständnis für die eigene Situation haben. Bei einer Berufsorganisation beispielsweise braucht es Frauen-Netzwerke, weil diese in Führungspositionen oft auf sich allein gestellt sind. Wenn man allein ist, kann man sich zwar behaupten, aber der Austausch mit anderen Frauen, die sich in derselben Situation befinden, ist enorm wertvoll. Als Unternehmerin ist Networking besonders wichtig, aber in Frauen-Netzwerken können sie Erfahrungen teilen, z.B. wie sie das Unternehmertum und Familie unter einem Hut bringen. Es gibt Gemeinsamkeiten unter Frauen, die sie rasch verbindet und Unterstützung fördert. Aber es ist verkehrt zu behaupten, dass Frauen nur unter sich bleiben sollen.
Ist das auch der Grund, wieso auf eurer Website auch Networking-Portale für Männer vorgestellt werden?
Nein, das hat einen anderen Grund. Betrachtet man die Entwicklung der Gesellschaft, können wir zwar sagen, dass Gleichstellung im Gesetz verankert ist. Aber wir wissen auch: Das Gesetz ist das eine, die Umsetzung das andere. Ein Beispiel hierfür ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Solange wir Teilzeit-Arbeit als Thema behandeln, das nur Frauen betrifft, wird sich nichts ändern. Dabei gibt es Väter, die sagen «ich möchte nur 70 Prozent arbeiten». Wenn Männer bessere Bedingung für die Teilzeit-Arbeit fordern, ist es nicht mehr nur «Frauensache». Heute entstehen deshalb immer mehr Männer-Netzwerke, die das Männerbild unserer Gesellschaft neu beleuchten – als Partner in einer Beziehung oder als Führungskraft, die auch Teilzeit arbeiten will. Hier müssten Synergien genutzt werden. Doch diese Männer-Netzwerke sind noch am Anfang und brauchen das Gleiche wie die Frauenorganisationen vor 15 Jahren, grössere Sichtbarkeit. Deshalb bieten wir auch ihnen unsere Plattform an.
Auf welche Errungenschaften seit Ihr besonders stolz?
Bezüglich Errungenschaften hilft es, wenn man sich erst einmal im Klaren ist, was das Ziel war. Ziel war, dass wir durch die gemeinsame Präsenz die Sichtbarkeit, die Kooperation und Zusammenarbeit unter den Organisationen fördern. Vor 15 Jahren war noch ein starkes «Gartenzaun»-Denken vorhanden, man hat innerhalb der eigenen Organisation gedacht. Diese Haltung konnte durchbrochen werden. Der Austausch zu Themen und Projekten zu gemeinsamen Interessen ist viel stärker geworden ist. Projekte und Veranstaltungen der Organisationen haben durch die Zusammenarbeit der letzten Jahre mehr Beachtung erhalten, was für den Erfolg relevant ist. Der Erfolg der Stiftung zeigt sich im stetigen Wachstum und dass wir inzwischen weitere Projekte anpacken können.
Stiftung SWONET
Die Stiftung SWONET – Swiss Women Network ist eine Onlineplattform für Organisationen, die sich für Frauen und Gleichstellung engagieren. SWONET verleiht damit über 190 Organisationen und ihren Projekten eine Online-Präsenz. Dazu gehört auch das Online Magazin «SWONET on Stage», das Artikel über Frauen und von Frauen bündelt und eine Rubrik mit den Schweizer Expertinnen-Datenbanken aufführt. swonet.ch
Frauen sind gesellschaftlich und wirtschaftlich immer noch nicht gleichgestellt wie Männer. Welche Anliegen stehen besonderes bei SWONET im Vordergrund?
Unsere Stiftung geht nicht selbst auf die Strasse, aber es ist uns wichtig, den unterschiedlichen Projekten von engagierten Frauen und Männern Rückenwind zu geben. Es gibt viele Themen, die gerade aktuell sind, aber zu kurz kommen. Eines davon ist die gesellschaftliche Akzeptanz von berufstätigen Müttern und Familien betreuenden Vätern. Ein wirklicher Wandel kann nicht nur durch die Politik und Wirtschaft erreicht werden.
… und wie wird der Wandel bei SWONET thematisiert?
Für Veränderung braucht es Vorbilder. An ihnen sieht man, dass ein Wandel möglich ist. Das ist auch der Grund, wieso wir das Online-Magazin «SWONET on Stage» führen. Dort sammeln wir bestehende Artikel, die entweder von einer Frau handeln oder die von Journalistinnen oder Autorinnen verfasst wurden. Darunter befindet sich die Rubrik SWONET Porträt. Viele Berufseinsteigerinnen haben das Gefühl, das Karriere immer noch eine Leiter ist, die man hochklettern muss. Vergleicht man den Werdegang von erfolgreichen Frauen, haben sie oftmals zickzack-artig zu ihrer heutigen Position gefunden. Daran sieht man, wie vielfältig eine Karriere sein kann und dass auch die Bedeutung von Karriere sehr individuell ist.
Auch im Jahr 2023 gibt es noch typische «Männerberufe» und «Frauenberufe». Mit Projekten wie «SWONET Girl» möchte SWONET Chancen und Wandel im Berufsleben frühzeitig thematisieren. Wie fördert ihr Mädchen und junge Frauen?
Es gibt verschiedene Mentoring-Programme für Berufseinsteigerinnen, aber wir müsste sie viel früher im Leben ansprechen. Dafür gibt es den Nationalen Zukunftstag, doch auch darüber hinaus besteht ein grosses Bedürfnis, sich unter dem Jahr zu informieren. Auf SWONET-Girl stellen wir sämtliche Angebote und Informationsveranstaltungen zusammen, sowohl offiziell von Bildungsinstitutionen, aber auch von Unternehmen und Berufsorganisationen. Zusätzlich vernetzen wir in unserem eigenem Mentoring-Programm erfahrene Berufsfrauen mit Mädchen, die einen konkreten Berufswunsch haben. In einem weiteren Schritt werden wir den Wandel der Berufsbilder thematisieren.
Ihr führt auch das Projekt «SWONET Digital». Was kann man sich darunter vorstellen?
Unsere Gesellschaft wird mit einem raschen Wandel konfrontiert. Unsicherheit und Bedenken über manche Aspekte der Digitalisierung prägen die Networking Gespräche. «SWONET Digital» hat das Ziel, Informationen zur Entwicklung und Forschung im Umfeld der Digitalisierung auf einer Plattform verständlich vorzustellen. Erklärt werden diese Informationen von Expertinnen. Ausserdem ist es uns wichtig aufzuzeigen, wenn die digitale Zukunft nur von Männern programmiert wird, dann werden Frauen in dieser Zukunft nicht gleichgestellt sein. Wir dürfen diesen Moment nicht verpassen und Mädchen die Türe in die Branche öffnen. SWONET organisiert auch diverse Veranstaltungen.
Worauf freuen Sie sich dieses Jahr besonders?
Ich freue mich, dass wir Jubiläum feiern! Es ist verrückt, dass es das Portal bereits seit 15 Jahren gibt. Für unsere Jubiläumstagung Business & Network Day haben wir Impulsreferate, Podium und ein aufregendes Rahmenprogramm geplant – zum Beispiel der Auftritt von Nina Burri, die Ausnahme-Tänzerin und «Schlangenfrau». Ausserdem haben wir 2023 auch Kooperationsevents geplant. Ich freue mich allgemein auf die vielen kleinen Events auf der SWONET Agenda, die bisher coronabedingt nicht stattfinden konnten.
Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?
Ich rede lieber von Zielen und Visionen. Mein Ziel ist, so viele Organisationen, Unternehmen und Personen von unseren Projekten zu begeistern und den Teilnehmenden des Business & Network Day ein einmaliges Erlebnis zu bieten.
13. SWONET Business und Networking Day
Die Tagung SWONET Business und Networking Day wurde 2009 zum ersten Mal durchgeführt mit dem Ziel, die Vernetzung zwischen Organisationen und zwischen Frauen zu fördern. Dieses Jahr wird das 15-Jahr-Jubiläum von SWONET gebührlich mit einem vielseitigem Programm gefeiert. (Männer sind herzlich willkommen) «Geschehen und geplant – 15 Jahre im Wandel», 21. April 2023. businessandnetworkday.ch