Premium Icon Flexible Arbeitsmodelle

Der Schlüssel zu langfristiger Arbeitszufriedenheit?

Teilzeit, Homeoffice oder Jobsharing sind längst keine Randphänomene mehr.  Aber welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten in der Schweiz für flexible Arbeitsmodelle? 

Das Schweizer Arbeitsrecht ist im internationalen Vergleich liberal, was flexible Arbeitsformen betrifft. Dennoch gibt es einige Regelungen, die Unternehmen und Arbeitnehmende beachten müssen. 

Teilzeitarbeit und ihre Besonderheiten 

Das Arbeitsrecht enthält keine speziellen Regelungen für Teilzeitarbeit, weshalb grundsätzlich die Bestimmungen der Art. 319 ff. des Obligationenrechts (OR) gelten. Da diese primär auf Vollzeitarbeitsverhältnisse aus­gerichtet sind, kann ihre Anwendung auf Teilzeitarbeitsverhältnisse mit Herausforderungen verbunden sein.  

Häufig arbeiten Teilzeitbeschäftigte für mehrere Arbeitgebende gleich­zeitig. Das ist grundsätzlich zulässig, solange sie damit nicht gegen Art. 321a Abs. 3 OR verstossen. Demnach dürfen Arbeitnehmende ­verschiedenen Anstellungen nicht in einer Weise kombinieren, die ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Ob für Teilzeitarbeit auch ein Konkurrenzverbot gilt, ist umstritten.  

Grundsätzlich sind Arbeitnehmende verpflichtet, notwendige Über­stunden zu leisten, sofern sie dazu in der Lage sind und dies nach Treu und Glauben zumutbar ist (Art. 321c Abs. 1 OR). Teilzeitbeschäftigte haben jedoch oft berechtigte Gründe, ihre verbleibende Zeit für andere Verpflichtungen freizuhalten, sei es für eine weitere Beschäftigung, eine Ausbildung oder familiäre Aufgaben. Deshalb können sie nur eingeschränkt zu Überstunden herangezogen werden.  

Hinsichtlich des Kündigungsschutzes geniessen Teilzeitbeschäftigte die gleichen Rechte wie Vollzeitangestellte. Sie unterliegen denselben Kün­digungsfristen und Schutzbestimmungen, etwa im Falle von Schwangerschaft, Krankheit oder Unfall.  

Die Freizeit richtet sich nach Art. 329 OR. Fällt ein Feiertag auf einen Wochentag, an dem Teilzeitbeschäftigte üblicherweise nicht arbeiten, besteht kein Anspruch auf zusätzlichen Freizeitausgleich. Umgekehrt müssen Feiertage, die auf reguläre Arbeitstage fallen, auch bei einer überproportionalen Häufung nicht nachgeholt werden. Oft ist unklar, ob auch teilzeitbeschäftige Arbeitnehmende kurzfristig von der Arbeit befreit werden können – etwa für Arzttermine, Behördengänge, Hochzeiten, einen Wohnungswechsel oder die Stellensuche. Massgeblich ist, ob es ihnen zugemutet werden kann, diese Angelegenheiten in ihrer arbeitsfreien Zeit zu erledigen. Ist ihr Zeitplan ausreichend flexibel, gilt das in der Regel als zumutbar.  

Die Mindestferienansprüche nach Art. 329a OR gelten uneingeschränkt für Teilzeitbeschäftigte. Der Ferienanspruch wird zwar proportional zum Beschäftigungsgrad berechnet. Dennoch hat auch eine Person, die nur wenige Stunden pro Woche arbeitet, Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien pro Dienstjahr.

Das Schweizer Arbeitsrecht stellt sicher, dass Teilzeitarbeitende in Bezug auf ihre Rechte und Pflichten nicht benachteiligt werden. Das trägt dazu bei, dass Teilzeitarbeit eine attraktive und rechtlich abgesicherte Beschäftigungsform bleibt.

Homeoffice – was gilt? 

In der Schweiz besteht grundsätzlich kein genereller Anspruch auf Homeoffice. Arbeitgebende sind nicht verpflichtet, ihren Mitarbeitenden die Arbeit von zu Hause aus zu ermöglichen, es sei denn, es wurde ausdrücklich vertraglich vereinbart. Fehlt eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer betrieblichen Vereinbarung, können Arbeitgebende verlangen, dass die Arbeit vor Ort erledigt wird. 

Auch im Homeoffice gelten die Bestimmungen zur Arbeitszeit. Das Arbeitsgesetz (ArG) schreibt vor, dass Arbeitszeiten grundsätzlich erfasst und eingehalten werden müssen, um Überlastung der Mitarbeitenden zu verhindern. Arbeitgebende müssen sicherstellen, dass die gesetzlichen Höchstarbeits- und Ruhezeiten auch im Homeoffice ein­gehalten werden, können hierzu jedoch auch feste Arbeitszeiten vorschreiben. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Kostenübernahme: Nutzen Arbeitnehmende im Homeoffice eigene Geräte oder entstehen ihnen zusätzliche Kosten für Strom und Internet, kann das eine finanzielle Beteiligung des Arbeitgebers erforderlich machen. Gemäss Art. 327a OR muss der Arbeitgeber solche beruflich bedingten Auslagen übernehmen, sofern keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde. Unzulässig sind Abreden, die vorsehen, dass Arbeitnehmende notwendige Auslagen ganz oder teilweise selbst tragen.   

Jobsharing – klare Regeln sind ein Muss 

Jobsharing ist eine besondere Form der Teilzeitarbeit, bei der sich mehrere Arbeitnehmende eine Stelle teilen und die Aufteilung der Arbeitszeit selbst organisieren.  

Ein wesentlicher Aspekt des Jobsharings ist die Zeitsouveränität der Mitarbeitenden. Arbeitgebende verzichten in diesem Modell auf ihr Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung, sodass die Beteiligten ihre Einsätze eigenverantwortlich koordinieren müssen. Fehlt es an einer Ersatzregelung für den Fall von Uneinigkeiten, kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers jedoch wieder greifen. 

Nicht jedes Modell, bei dem sich mehrere Personen eine Stelle teilen, fällt unter das eigentliche Jobsharing. Beim sogenannten Job-Splitting ­beispielsweise ist die Beziehung der Mitarbeitenden auf die Organisation des Arbeitsplatzes beschränkt, ohne dass eine enge Zusammenarbeit oder gegenseitige Vertretung vorgesehen ist. In diesem Fall handelt es sich um klassische Teilzeitarbeit. 

Hinsichtlich der Kündigung im Jobsharing ist je nach vertraglicher Aus­gestaltung zu differenzieren: Beim sogenannten reinen Jobsharing (oder Eigengruppe), bei dem sich Arbeitnehmende aus eigenem Entschluss zusammenschliessen, um gemeinsam eine Arbeitsleistung für Arbeit­gebende zu erbringen, können in der Regel nur alle Beteiligten gemeinsam kündigen oder entlassen werden. Im Gegensatz dazu können bei einer Betriebsgruppe (oder hybridem Jobsharing), die auf Anordnung der Arbeitgebenden gebildet wurde, die einzelnen Arbeitsverhältnisse separat beendet werden. 

Vorteile und Herausforderungen 

Flexible Arbeitsmodelle können massgeblich dazu beitragen, dass Arbeitnehmende langfristig gesund, zufrieden und motiviert bleiben. Eine ­bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben hilft, Überlastung zu vermeiden, und trägt zu einer gesteigerten Arbeitszufriedenheit sowie einer geringeren Fluktuation im Unternehmen bei.  

Allerdings bringen flexible Arbeitsmodelle auch Herausforderungen mit sich. Fehlen klare Strukturen, können die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit zunehmend verschwimmen, was zu ständiger Erreichbarkeit und potenzieller Überlastung führen kann. Besonders im Homeoffice besteht das Risiko sozialer Isolation, da der direkte Austausch mit Mitarbeitenden eingeschränkt ist. Darüber hinaus erfordert flexibles Arbeiten ein hohes Mass an Selbstdisziplin, um produktiv zu bleiben und feste Arbeitszeiten einzuhalten.  

Um die Vorteile flexibler Arbeitsmodelle bestmöglich zu nutzen, ist es daher entscheidend, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden als auch die Anforderungen des Arbeitgebers berücksichtigen.  

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Alexandra Williams-Winter ist Rechtsanwältin bei der Winterthurer Anwaltskanzlei Probst Partner AG. Sie berät und vertritt schweizerische und ausländische Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen in wirtschaftsrechtlichen Fragen. Nebst dem Gesellschafts- und dem allgemeinen Vertragsrecht ist sie spezialisiert im öffentlichen Beschaffungsrecht.
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