Dress for Success

«Es ist Zeit für mehr Weiblichkeit im Business»

In der Businessmode herrscht oft Einheitlichkeit – bei Männern und bei Frauen. Das muss nicht sein, findet Stylistin und Dresscoach Milena Kyburz. Sie plädiert für mehr Mut und erzählt, wie sie selbst im Bankensektor die Spielräume beim Dresscode für sich nutzt. 

 

Dresscodes sind im Business an der Tagesordnung. Oft sind schwarz, grau oder dunkelblau die dominierenden Farben. Bei Männern aber auch bei Frauen. Wie finden Sie als Stilberaterin diese mehr oder weniger festen Regeln? 
Ich arbeite seit vielen Jahren als Assistentin im Bankenbereich und kenne die Dresscodes gut. Als ich im 2008 von der Reisebranche ins Banking wechselte, waren die Materialien der Anzüge meist ohne Elastizität und in den gängigen dunklen Farben erhältlich. Zum Glück hat sich die Businessmode in den letzten Jahren insbesondere für uns Frauen verändert. Es gibt mehr Tragekomfort und eine breitere Farbpalette. Gerade im Herbst wirkt ein bordeauxfarbener Anzug authentischer als ein schwarzer Anzug. Dazu kommt, dass die Farbe Schwarz den wenigsten Frauen wirklich steht. 
Es braucht in der Wahl weiblicher Businessmode viel Fingerspitzengefühl und Kenntnisse der internen Dresscodes. Frauen haben vielmehr Spielraum in der Businesskleidung und das sollten wir bewusst aber auch weise nutzen.

Wie schafft man es denn trotz Dresscode mehr Weiblichkeit ins Business zu bringen? 
Auf jeden Fall mit Farben. Farben sind ein Ausdruck von Persönlichkeit. Taillierte Anzüge zum Beispiel schmeicheln der weiblichen Silhouette. Wir wirken dabei weiblich und gleichzeitig professionell. Auch ein Blazer mit einem stylischen Taillengürtel kann toll aussehen und entspricht dem Dresscode. Ich ermutige Frauen, mutiger zu sein und auch einmal etwas Neues auszuprobieren. Viele Frauen trauen sich nicht, Kleider zu tragen. Einmal angezogen, realisieren sie, wie toll sie aussehen. 

Und warum trauen wir uns das oft nicht?
Wir sind immer noch der Meinung, dass ein Anzug erfolgsversprechender ist als ein Kleid. Schauen Sie Michelle Obama oder Christine Lagarde an. Sie sind häufig in Etuikleidern oder im Deux-Pièces anzutreffen. Frauen sollten mehr weibliche Vorbilder haben. Wir assoziieren in unserer Gesellschaft Weiblichkeit immer noch mehr mit Verletzlichkeit und Zerbrechlichkeit und haben das Gefühl, dass Weiblichkeit im Widerspruch zu Professionalität steht.

Wo verläuft denn die Trennlinie zwischen diesen beiden?
Eine starre Trennlinie gibt es immer weniger. Generell verändert sich gerade viel im Business-Bereich in Bezug auf die Kleidung. 

Inwiefern? 
Durch die Pandemie hatten wir Zeit Traditionen zu hinterfragen und neue Sichtweisen einzunehmen. Beispielsweise das Arbeiten im Homeoffice hat die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf aufgebrochen. Es gibt bereits Banken, welche die Krawattenpflicht bei Männern abgeschafft haben,  

Sie arbeiten im Bankensektor. Wie navigieren Sie selbst durch die Vorgaben und Vorstellungen, die in Bezug auf Kleidung herrschen?  
Sagen wir es einmal so: Ich habe über die vielen Jahre viel über Business-Kleidung und Dresscodes gelernt und weiss heute ganz genau, wo die Grenzen sind. 
In meinem Kleiderschrank finden Sie keinen schwarzen Anzug. Im Herbst/Winter trage ich eher gedeckte Farben und im Frühling/Sommer darf es auch einmal ein wenig bunter sein. Ich mag Pastelltöne. Die sind weich und nicht aufdringlich.  
Als ich zum Beispiel das erste Mal mit meinem fliederfarbenen Anzug zur Arbeit ging, hatte ich meine Bedenken, wie das ankommt. Die Rückmeldungen waren sehr positiv. Ich mache allgemein die Erfahrung, dass man mit einem durchdachten Styling (passende Farbe und Schnitt) nahbarer auf die Mitmenschen wirkt. Im fliederfarbenen Anzug führe ich andere Gespräch als im schwarzen Anzug. Wenn ich allerdings ein Meeting mit einem sehr konservativen Vorgesetzten habe, würde ich einen dunklen Anzug tragen. Wichtig ist, sich die Frage zu stellen, mit welchem Typ Mensch man im Business zusammenarbeitet. Aber unabhängig davon: Für eine farbige Note ist immer Platz. 

Ist das Styling für die Assistenz ein wichtiger Aspekt? 
Absolut. Der Assistenzberuf ist in Veränderung. Durch das Wegfallen von Routinearbeiten und der fortschreitenden Digitalisierung wird die Assistenz in Zukunft immer mehr in Projekten mitarbeiten oder sogar selbst Projekte führen. Hier gilt es, Persönlichkeit und Selbstbewusstsein zu zeigen. Die Kleidung ist unsere Visitenkarte: 

Wie vertragen sich Ihr Assistenzjob und Ihre Tätigkeit als Stylistin und Dresscoach?  
Gerade im Assistenzberuf hat man oft nicht so grosse Freiräume und kann vieles nicht selbst entscheiden. Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg das Schneiderhandwerk gelernt und meine Kreativität dadurch wieder entdeckt. In meiner Arbeit als Stylistin kann ich sehr kreativ sein, das gefällt mir. Gleichzeitig schätze ich es aber auch, als Assistentin zu arbeiten, in einem Team eingebunden zu sein und am Puls des Geschehens die Zukunft der Assistenz mitzugestalten.

Milena Kyburz


Milena Kyburz ist Stylistin und Dresscoach. Sie begleitet Frauen und Männer und ihre Angebote sind vielfältig: Persönliche Farbberatung, Figuranalyse, Garderobencheck, Fotoshooting uvm. milenakyburz.ch


 

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