Das wichtigste zur Berufsprüfungsreform Direktionsassistenz

Der Assistenzberuf im Wandel

Das kaufmännische Berufsfeld befindet sich im Wandel. Die neue kaufmännische Grundbildung bekam bereits grünes Licht. Jetzt wird die Berufsprüfung Direktionsassistent/in mit eidg. Fachausweis reformiert. Welche Neuerungen erwarten die künftigen Prüfungskandidatinnen und -kandidaten ab 2023?

 

Klassische hierarchische Arbeitsmodelle verlieren durch die Digitalisierung seit längerem zunehmend an Bedeutung. Die neuen Arbeits­modelle und Organisationsstrukturen der Unternehmen führen zu einer Verlagerung weg von klassischen Führungsfunktionen hin zu Führungsrollen. Dies wirkt sich auch auf die Rolle einer qualifizierten Assistenz im Unternehmen aus, welche mehr Eigenverantwortung übernehmen kann. Neben Fachkompetenz werden nun auch Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenzen sowie digitale Kompetenzen wichtiger, um sich in einem zunehmend dynamischeren Arbeitsumfeld und in unterschiedlichen sozialen Konstellationen zurechtzufinden. Die kaufmännischen Tätigkeiten sind vermehrt koordinierend, analytisch und strategisch und weniger repetitiv. Entsprechend wird auch das Berufsfeld Assis­tenz interessanter und kreativer, aber insgesamt auch anspruchsvoller.

Was bleibt?

Die im Rahmen des Reformprojekts durchgeführte Berufsfeldanalyse zeigte deutlich, dass ein Grossteil der Kompetenzen der heutigen Direktionsassistentinnen und -assis­tenten mit eidg. Fachausweis auch künftig relevant bleibt. Der eidg. Fachausweis bleibt eine Auszeichnung für eine qualifizierte Unterstützung von Führungspersonen oder Teams. Die zentrale Schnittstellen- oder Drehscheibenfunktion im Unternehmen bleibt erhalten. Erhalten bleiben auch die generalistische Ausrichtung und die Mehrsprachigkeit als Alleinstellungsmerkmal in der höheren Berufsbildung. Die einzelnen Kompetenzen wurden jedoch neu gewichtet und neue Kompetenzen kommen hinzu.

Das Berufsfeld Assistenz wird interessanter, kreativer und anspruchsvoller.

Was ist neu?

Prüfung

Eine wichtige Neuerung an der Berufsprüfung ist die konsequente Umsetzung der sogenannten Kompetenzorientierung. Einerseits entspricht eine stärkere Praxisorientierung einem allgemeinen Trend auf allen Stufen im Bildungsbereich. Andererseits ist es eine Vorgabe des SBFI (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation), welches als Aufsichtsbehörde alle Aus- und Weiterbildungen mit eidgenössischem Abschluss reglementiert. Das bedeutet, dass sich die Prüfungsanforderungen an der Berufspraxis orientieren. Fokussiert wird dabei auf die Handlungsfähigkeit im Beruf, insbesondere wie gut erworbenes Fachwissen in die Praxis umgesetzt wird. Neben fachlichen Kompetenzen sind hierbei auch Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenzen ganz wichtig.

Handlungskompetenzen

Handlungskompetent ist, wer berufliche Aufgaben und Tätigkeiten eigen­initiativ, zielorientiert, fachgerecht und flexibel ausführt. Im Fokus steht neu die Handlungsfähigkeit im Beruf und nicht allein das Fachwissen. An der Berufsprüfung werden die Kandidatinnen und Kandidaten nicht abgefragt, was sie alles wissen, sondern welche beruflichen Situationen sie erfolgreich bewältigen können. Neben fachlichen Kompetenzen sind auch Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenzen ganz wichtig. Die Handlungskompetenz kann an der Berufsprüfung beispielsweise in Fallstudien oder Rollenspielen überprüft werden.

 

Die neue Berufsprüfung wird aus fünf Prüfungsteilen bestehen. Diese orientieren sich nicht mehr an Fächern, sondern an Handlungskompetenzen und Tätigkeitsfeldern. Um die Prüfungssituation kompetenzorientiert zu gestalten, sind die Prüfungsteile interdisziplinär ausgerichtet. Genauso wie im Arbeitsalltag können für die Lösung einer Aufgabe Fachwissen aus mehreren Bereichen, soziale Kompetenzen und Fremdsprachkompetenzen gleichzeitig erforderlich sein. Vernetztes Denken ist eine bedeutende Eigenschaft der künftigen Absolventinnen und Absolventen. Ebenfalls sehr wichtig ist das Selbstmanagement, insbesondere die Reflexionsfähigkeit. Im persönlichen Portfolio, welches die Kandidatinnen und Kandidaten vor der Prüfung in Form einer schriftlichen Arbeit verfassen, wird das Reflexionsvermögen überprüft. Das persönliche Portfolio gilt nicht als Prüfungsteil und wird nicht benotet, es muss aber für die Zulassung zur Berufsprüfung bestanden werden.

Persönliches Portfolio

Das persönliche Portfolio ist eine individuelle schriftliche Arbeit, welche im Vorfeld zur Prüfungsanmeldung selbstständig verfasst wird. Der Fokus liegt auf der Reflexion des persönlichen Selbstmanagements und dem Erkennen von allfälligem Handlungsbedarf. Das Bestehen des persönlichen Portfolios bildet eine Zulassungsbedingung für die Prüfung. Es besteht aus drei Werkschauen und dem Ausfüllen des Kompetenzras­ters und resultiert im Verfassen eines zusammenfassenden Berichts (Kompetenzstatus). Ein Thema könnte beispielsweise sein: «So gehe ich mit Stresssituationen im Arbeitsalltag um.»

 

Skills

Die Anforderungen an Assistenzfachkräfte werden steigen. Das Arbeitsumfeld wird dynamischer, Arbeitsmodelle werden flexibler und Hierarchien flacher. Dies fordert zwar, bietet aber auch Chancen. Das Berufsbild wird aufgewertet und unter­streicht die Eigenständigkeit und Interdisziplinarität des Assistenzberufs. Neben ausgeprägten Digital-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen haben künftige Absolventinnen und Absolventen ausgewiesene Kompetenzen im Bereich Projektmanagement und Führung und können mehr Verantwortung übernehmen. Sie werden in der Lage sein, mehr Projekte und ein kleines Team (beispielsweise Sekretariat oder Assis­tenzpool) zu leiten. Das klassische Verhältnis zwischen Assis­tenz und Führungskraft wird aufgebrochen und verschiebt sich zunehmend zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe.

Neues Skillset

Das Qualifikationsprofil der neuen Berufsprüfung ist in fünf Handlungskompetenzbereiche aufgeteilt:

A. Unterstützen von Führungskräften in deren Unternehmensfunktion
B. Führen des eigenen Geschäftsbereichs
C. Führen von Teammitarbeitenden
D. Zusammenarbeiten mit anderen Unternehmensbereichen und externen Dienstleistern
E. Gestalten des Selbstmanagements

 

Image

Die Image-Aufwertung des Berufsbildes ist ein Kernanliegen des Kaufmännischen Verbands. Der heutige Titel «Direktionsassis­tent/in mit eidg. Fachausweis» ruft eine starke Konnotation mit der historischen Herkunft und somit der Feminisierung des Assis­tenzberufs hervor. Aus diesem Grund strebt der Kaufmännische Verband als alleiniger Träger der Berufsprüfung nach einem neuen Titel. Verschiedene Umfragen unter Berufstätigen und anderen Stakeholdern stützen diesen Entscheid. Die Wahrnehmung als «Frauenberuf» führt dazu, dass die Eigenständigkeit und die hohe Qualifizierung der Absolventinnen und Absolventen oft unterschätzt werden. Es ist zudem statistisch nachweisbar, dass dadurch Karrierechancen und Lohnentwicklungen erschwert sind. Die Tatsache, dass die Titelbezeichnung seit den 1980er-Jahren unverändert ist, während sich das Berufsbild stark wandelte, trägt nicht zu einem modernen Berufsimage bei. Der Kaufmännische Verband ist derzeit mit dem SBFI in Verhandlung um einen neuen Titel. Der Genehmigungsprozess ist noch nicht abgeschlossen.

Erste Prüfungen im 2023

Die künftigen Fachausweis-Inhaberinnen und -Inhaber sind qualifizierte Fachpersonen, welche Unternehmen und Führungspersonen in ihren Managementaufgaben unterstützen. Sie übernehmen eine Drehscheibenfunktion im Unternehmen, kennen ihre Fähigkeiten und bringen diese eigenverantwortlich ein, tragen Veränderungen aktiv mit und übernehmen Verantwortung in Projekten oder als Teamleitende. Entsprechend weist die neue Berufsprüfung ein generalistisches Wissen kombiniert mit spezifischen und fachlichen Handlungskompetenzen, sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenzen mit eidgenössischer Anerkennung aus.

Der erste Prüfungstermin der neuen Berufsprüfung ist für Herbst 2023 geplant. Weiterbildungsinteressierte müssen aber nicht lange warten, die ersten Vorbereitungskurse an den Schulen starten bereits im Herbst 2021.

Weitere Infos zur Berufsprüfung und Reform finden sich unter kfmv.ch/assistenz.

Kommentieren 0 Kommentare

Corinne Marrel ist Fachverantwortliche Höhere Berufsbildung beim Kaufmännischen Verband Schweiz und Projektleiterin der Reform.

kfmv.ch

Weitere Artikel von Corinne Marrel
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT