Datenrettung

Datenretter im Grosseinsatz

Wer am PC schon einmal ein wichtiges Dokument versehentlich gelöscht hat, für den sind sie die letzte Rettung. Datenrettungs-Programme holen gelöschte Daten wieder zurück. Miss Moneypenny erklärt, wie die Software funktioniert, stellt die besten Programme vor und erklärt, wann die Datenretter versagen.

Es gibt Software, die kauft man nicht. Weil man glaubt, dass man sie nicht braucht. Wenn man sie aber doch mal braucht, ist das ziemlich doof. Diese simple Weisheit bekam Miriam Baumgartner (Name geändert), Office Managerin eines Tourismus-Unternehmens in Luzern, zu spüren. Ihr passierte, was nicht passieren darf: Sie verlor Daten. Bei einem Firmenevent hatte sie sich bereit erklärt, Fotos zu machen und die besten Bilder ins Web zu stellen. Nach dem Event kopierte sie die Fotos spätabends schnell von der Speicherkarte der Kamera auf ihr Notebook und löschte die Bilder auf der Karte. Und plötzlich war alles weg. Die Fotos auf dem Notebook waren unauffindbar, und die auf der Speicherkarte, wie gesagt, gelöscht. Gut, dass Freitagabend war. Am Wochenende suchte Miriam Baumgartner im Internet nach einer Lösung für ihr Problem – und wurde fündig. Datenrettungs-Software, auch Data Recovery genannt, kann gelöschte Dokumente aller Art aufspüren und wiederherstellen. Miriam Baumgartner probierte es aus und konnte tatsächlich fast alle Fotos von der Speicherkarte wiederherstellen.

So arbeiten die Programme

Was passiert eigentlich beim Wiederherstellen von gelöschten Daten? Für die Antwort muss man die Arbeitsweise von Windows verstehen. Das Betriebssystem speichert Dokumente nicht einfach irgendwo auf der Festplatte, sondern führt eine Art Inhaltsverzeichnis. Alle Dateien werden in einer Masterdatentabelle (Master File Table, MFT) registriert. Zudem teilt das Betriebssystem das Speichermedium schön ordentlich in Sektoren ein und legt die Daten als Datenblöcke («Cluster») darin ab.

Wenn man eine Datei mit der Taste «Entfernen» löscht, landet sie bekanntlich im Papierkorb. Über den Menüpunkt «Wiederherstellen» ist sie aber sofort wieder da. Löscht man die Datei mit der Kombination von Umschalt- und Delete-Taste, wird sie auch im Inhaltsverzeichnis entfernt und ihr Speicherplatz freigegeben. Die Datei ist verschwunden, aber wirklich gelöscht ist sie noch nicht.

Hier setzen Datenrettungs-Programme an. Sie scannen die Festplatte, spüren gelöschte Dokumente auf und zeigen diese in einer Liste an. Dann kann man die Dateien wiederherstellen lassen. Die Programme holen die Dokumente nicht nur bei Festplatten aus dem Daten-Nirwana, sie kümmern sich auch um Speicherkarten, USB-Sticks und sogar um Smartphones. Die Programme sind auch nützlich, wenn beispielsweise ein Virus den PC befallen oder ein Software-Konflikt die Daten beschädigt hat.

Knifflig wird es allerdings, wenn das Speichermedium formatiert wurde. Dann ist nämlich nicht nur der Eintrag im Inhaltsverzeichnis weg, sondern das ganze Inhaltsverzeichnis mit seiner Struktur futsch. Aber selbst dann sind die Bits und Bytes rein physisch noch vorhanden und die Datenretter haben immer noch eine Chance, die gelöschten Dokumente zu finden. Für das Scannen des Speichermediums benötigen die Programme aber einige Zeit. Je nach den gewählten Voreinstellungen kann das auch schon mal ein paar Stunden dauern.

Die praktischen Schritte

Was muss man konkret tun, wenn Dokumente versehentlich gelöscht wurden? Zuerst sollte man alle offenen Programme schliessen und die gerade in Arbeit befindlichen Dokumente auf einem externen Medium speichern. Andernfalls kann es passieren, dass Windows ein neues Dokument gerade da auf der Festplatte speichert, wo die versehentlich gelöschte Datei liegt. Diese wird dann überschrieben und ist endgültig verloren. Das ist auch der Grund, warum die Datenrettungs-Software schon auf der Festplatte installiert sein sollte, bevor ein Datenverlust eintritt. Wer die Software erst danach installiert, riskiert genau die Bereiche zu überschreiben, in denen sich gelöschte Dokumente befinden.

Diesen Mechanismus machen sich übrigens Tools zu Nutze, die Profis zum sicheren Löschen einer Festplatte verwenden. Das ist sinnvoll, wenn man beispielsweise einen PC oder ein Notebook verkauft und alle persönlichen Dokumente gründlich schreddern will. Bei diesem Verfahren wird die gesamte Festplatte mehrmals hintereinander mit Nullen und Einsen überschrieben.

Wenn alles nichts mehr hilft

Datenrettungs-Software hilft aber nicht in allen Fällen. Sie ist machtlos, wenn das Speichermedium defekt ist und gar nicht mehr anläuft. Jetzt muss ein Dienstleister her. Von denen gibt es in der Schweiz eine ganze Menge. Sie verfügen über Labore mit Reinräumen, in denen Speichermedien geöffnet und mit Speziallesegeräten ausgelesen werden. In Einzelfällen kann sogar der Inhalt von Speichermedien rekonstruiert werden, die in einem Brand beschädigt wurden.

Aber der beste Schutz vor dem Daten-GAU ist immer noch das regelmässige Sichern auf einem externen Speichermedium. Daten sichern, Datenrettungs-Tools bereithalten, das alles weiss Miriam Baumgartner seit ihrer Fotopanne. Sie hat auch schon eine professionelle Data-Recovery-Software angeschafft. Die wird sie hoffentlich nie brauchen. Aber wenn sie sie doch mal braucht, ist sie vorbereitet.

Die besten Datenretter

Bei den meisten Datenpannen kann Data-Recovery-Software versehentlich gelöschte oder beschädigte Dokumente wiederherstellen. Hier eine Auswahl von Rettern in der Datennot.

Quetek Consulting – File Scavenger

Die Version 5 des File Scavenger ist ein leistungsfähiges Datenrettungs-Tool, das für IT-Spezialisten viele Optionen bietet. Eine kostenlose Testversion kann man herunterladen.

de.quetek.com/download.htm

Avanquest – Stellar Phoenix Data Recovery

Einfach zu bedienende Datenrettungs-Software. Die Professional Edition greift bei Bedarf auch von fern (remote) auf den PC zu und stellt sogar gelöschte Mails wieder her. Die Software kostet knapp 80 Euro.

avanquest.com/Deutschland/pc-tools-pc-tuning-software/backup-data-recovery-software

O&O Software – Disk Recovery 11

0&O Software gehört zu den bekanntesten Anbietern auf dem Markt. Disk Recovery ist eine ausgereifte und leistungsfähige Datenrettungs-Software. Im Kurztest von Miss Moneypenny machte die Version 11 eine gute Figur. Die Professional Edition beinhaltet eine Arbeitsplatz-Lizenz und kostet knapp 30 Euro. In der Schweiz ist das Programm bei BRACK.CH als Downloadversion erhältlich und kostet 93 Franken.

oo-software.com/de/products/oodiskrecovery

O&O Software – Media Recovery 11

Media Recovery ist die kleine Version von Disk Recovery. Die Software beschränkt sich auf die Wiederherstellung von Multimedia-Daten wie Fotos, Grafiken oder Videos. Sie funktioniert auch bei Speicherkarten und USB-Sticks. Im Kurztest von Miss Moneypenny machte Media Recovery einen bedienerfreundlichen und durchdachten Eindruck.

oo-software.com/de/products/oomediarecovery

Piriform – Recuva

Das Data-Recovery-Programm von Piriform gibt es auch in einer Business Edition. Die Software gibt es ab etwa 20 Euro. Privatanwender nutzen die einfachere kostenlose Version, die als Download bereitsteht.

piriform.com/business/recuva-business-edition

Ease US – Data Recovery

Die Data-Recovery-Software des chinesischen Unternehmens Ease US ist in vier verschiedenen Varianten erhältlich. Die kostenlose Version für Privatanwender ist auf zwei Gigabyte beschränkt. Bei den Business-Versionen gibt es auch eine Variante für den Administrator.

de.easeus.com/data-recovery-software

Ease US Mobisaver

Mobisaver von Ease US ist auf die Rekonstruktion von versehentlich gelöschten Daten auf dem Mobiltelefon spezialisiert. Dazu wird das Mobiltelefon an den PC angeschlossen. Ausserdem muss die Option «USB Debugging» im Handy aktiviert sein. Die Software ist eher für technisch Versierte geeignet.

easeus.com/android-data-recovery-software/android-data-recovery.html

Ontrack Easy Recovery

Logisch aufgebaut und auch für Einsteiger leicht zu bedienen ist Easy Recovery von Kroll Ontrack wie der Kurztest von Miss Moneypenny zeigte. Wer die Software vor dem Kauf ausprobieren will, kann eine kostenlose Demoversion herunterladen.

datenrettung.ch/software/ontrack-easyrecovery/windows/

 

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Mehmet Toprak ist freischaffender Journalist.

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