Das Eintrittsticket für Geschäftsreisen
Spontane Geschäftsreisen können in gewissen Ländern schnell am Visum scheitern. Ist der wichtige Stempel nicht im Pass, gibt es keine Diskussion: Chef oder Mechaniker bleiben zu Hause. Hilfe bieten sogenannte Visa-Dienstleister, die oft auch noch in letzter Minute einige Hebel in Gang setzen können.
Reisen ist einfacher geworden. Die Flüge sind günstiger, die Frequenzen werden laufend erhöht, Buchungen können bequem und kurzfris-tig online gemacht werden. Die Schnelllebigkeit der modernen Welt hat auch den Reisesektor erfasst. Und mit der Globalisierung ist es auch im Geschäftsleben Alltag geworden, dass der Chef spontan in eine Produktionsstätte in Indien oder an eine Sitzung nach China fliegen muss. Doch nicht in jedem Bereich ticken die Uhren gleich schnell. Es gibt eine Komponente des Reisens, die fast ein bisschen altmodisch anmutet: das Visum.
Schärfere Bestimmungen
Schweizer brauchen heute in immerhin noch rund 130 Ländern ein Visum für Geschäftsreisen. Solche Visa unterscheiden sich wesentlich von Touristenvisa, die manchmal auch on arrival ausgestellt werden. Wenn ein Land für Touristen kein Visum verlangt, bedeutet das noch lange nicht, dass auch Geschäftsreisende ohne Papier einreisen können. Die Welt wird zwar zum Dorf, aber Businessreisende können Grenzen auch heute noch oft nicht ohne Formalitäten überschreiten. Es gibt Ausnahmen: In Europa sind Visa für EU- oder Schweizer Bürger verschwunden. Ausgenommen Russland und Weissrussland, wo noch Einreisepapiere erforderlich sind. In weiten Teilen der Welt hingegen wird die Erlaubnis im Pass noch immer verlangt. Mehr noch: «Grundsätzlich sind die Bestimmungen, um die Einreiseerlaubnis zu erhalten, schärfer geworden», sagt Martin Müller, Geschäftsführer der allvisumservice GmbH AVS in Kloten. Zusammen mit seinem Team besorgt er für Kunden alle nötigen Einreisepapiere, füllt Visumsanträge aus und bringt sie persönlich auf die Botschaften. Vor allem Unternehmen nutzen solche Dienstleistungen gerne, weil sie damit viel Zeit und Nerven sparen können. Müller kennt das Prozedere bestens. Mancherorts müssen die Reisenden Versicherungspapiere und Hotelreservierungen vorlegen, dürfen die Visa nicht zu früh anfordern oder müssen persönlich antraben. «Je nach Land und Staatsbürgerschaft wollen die Behörden schon sehr viel wissen.» Füllt beispielsweise ein nepalesischer Staatsbürger einen Visumsantrag für England aus, poppt plötzlich ein sehr viel ausführlicherer Fragekatalog auf, als ihn Kosovaren oder Thailänder beantworten müssen.
Aber auch Schweizer sind in manchen Ländern gezwungen, viel offenzulegen. Für die USA zum Beispiel Banken- und Versicherungspapiere. Zudem müssen sie, wenn sie als Arbeitskraft einreisen, je nachdem beweisen, dass ihre Arbeit nicht von einem Amerikaner durchgeführt werden kann. «Ich hatte schon Kunden, die eine Reise abgesagt haben, weil sie die Fragen in manchen Ländern zu persönlich fanden», sagt Müller. Ein anderes Thema sind Einladungsschreiben, die vorgelegt werden müssen, beispielsweise für Russland. Falls die Firma keinen Sitz in dem entsprechenden Land hat, das dieses Schreiben formulieren könnte, bieten die Visa-Dienstleister Hilfe an. «Viele Visa-Dienstleister haben offizielle Partner in solchen Ländern und können darum solche Formulare zur Verfügung stellen», sagt Michael Born, Inhaber und Geschäftsführer von Visaworld in Zug und Luzern.
Machtspielen ausgeliefert
Die Gründe für die schärferen Einreisebedingungen sind meist politischer Natur. «Jedes Land wünscht sich die Kontrolle über die Einreisen», erklärt Martin Müller. Daraus ergeben sich nicht selten Machtspiele. «Verschärft beispielsweise Europa die Einreisebestimmungen für Russen, ziehen diese sofort nach und passen ihre Anforderungen für ein Visum ebenfalls an. So kann es sein, dass es von heute auf morgen Änderungen in den Richtlinien gibt», bestätigt auch Michael Born. Ein aktuelles Beispiel ist Saudi Arabien, wo seit Kurzem jeder persönlich bei einer Agentur vorbei gehen muss, der ins Land einreisen will. Bei Japan, den USA, der Elfenbeinküste und Mexiko muss man schon länger persönlich auf der Botschaft vorbei, um seine Fingerabdrücke zu hinterlegen und ein paar Fragen zu beantworten. «Es kann sein, dass wir am Montag noch ein Visum für einen Kunden erstellen, und am Dienstag sind die Bedingungen plötzlich anders. Diese bürokratische Wechselhaftigkeit ist mit ein Grund, warum viele Leute mit Visa-Services arbeiten», erklärt Michael Born.
Das müssen Sie mitbringen:
- Grundsätzlich müssen Visa immer im Land des Wohnsitzes beantragt werden. Grenzgänger-Dokumente werden meist nicht akzeptiert.
- Für Japan, Grossbritannien, die Elfenbeinküste, Mexiko, die USA und Saudi Arabien muss der Antragssteller persönlich auf der Botschaft vorbei, um seine Fingerabdrücke zu hinterlegen (wenn ein Visum erforderlich ist).
- Eingescannte Unterschriften sind ungültig. Fotos müssen vor hellem Hintergrund gemacht sein und die geforderten Kriterien erfüllen. Alte Fotos, Fotos im falschen Format oder digitale Ausdrucke werden nicht akzeptiert.
- Achten Sie darauf, dass der Pass unterschrieben ist. Laut Visa-Dienstleister geht das sehr oft vergessen.
In vielen Fällen hilft der persönliche Kontakt, den Visadienstleister zu den Botschaften haben. «Wir kennen die Konsule, haben ihr Vertrauen und sind näher dran als Privatpersonen. So können wir manchmal noch einen Hebel in Bewegung setzen, an den Privatpersonen nicht kommen», sagt Martin Müller. Vor allem bei Ländern, deren Visabestimmungen nirgends genau festgehalten sind. «In gewissen afrikanischen Ländern ist das der Fall. Generell lässt sich sagen, je ärmer das Land, desto schwieriger ist es, an Informationen für Visa zu kommen. Algerien beispielsweise hat sicher andere Probleme als die Migration.»
Ein Chef, zwei Pässe
Dementsprechend langsam werden die Anträge mancherorts bearbeitet. «Auf ein Visum für Angola oder Algerien muss man monatelang warten», sagt Salma Shah, Geschäftsführerin vom Konsular Super Service in Bern. Kasachs-tan und Aserbaidschan seien speziell, weil das System manchmal funktioniere, manchmal nicht. «Ich würde für ein Visum in der Regel zwei Wochen einplanen. Für Indien gibt es für Schweizer Pässe einen offiziellen Express-Dienst von 24 Stunden. Für China und Russland kann, je nach Auslastung und Staatsbürgerschaft des Antragstellers, auch innerhalb von 24 Stunden ein Visum erstellt werden. Allerdings muss man dafür einiges mehr bezahlen.» Um Zeit und Aufwand zu sparen, bieten alle Visa-Dienstleister Kurierdienste an: Sie holen die Dokumente bei der Firma ab und bringen den Pass mit Visa wieder zurück – oder direkt an den Flughafen.
Trotzdem kann die Wartezeit zum Problem werden, wenn der Chef sehr viel reist und darum seinen Pass immer braucht. Solchen Personen empfiehlt Martin Müller, zwei Ausweisdokumente erstellen zu lassen. Als Schweizer könnte man sogar drei Pässe beantragen. «Das ist rechtens, solange die Person nicht mehrere Pässe gleichzeitig auf sich trägt. Das wäre strafbar.» Generell rät Müller, mit Visa- und Ausweisdokumenten sehr seriös umzugehen. «Falls Sie beispielsweise in Russ-land mit einem Touristenvisum einreisen und bei einem Meeting erwischt werden, ist das kein Bagatellfall. Sie bekommen eine Busse, dürfen für ein paar Jahre nicht mehr nach Russland einreisen, kommen eventuell in Ausschaffungshaft und bekommen einen Eintrag im Pass, der zukünftige Reisen oder die Ausstellung der Visa dafür erschweren dürfte.» Je nach Land muss darum genau deklariert werden, mit welchem Zweck eine Geschäftsreise unternommen wird. Ob es für den Besuch einer Konferenz ist, für technischen Support oder um neue Geschäftspartner zu gewinnen – es gibt in vielen Ländern verschiedene Arten von Visa.
Was sich hingegen laut Müller für Vielreisende lohnt, sind Visa nicht mit Single- sondern mit multipler Einreisemöglichkeit. «Hat ein Unternehmen einen Sitz beispielsweise in Indien, lohnt es sich zu überlegen, ein Jahresvisum, das die mehrmalige Einreise ermöglicht, zu beantragen. Allerdings muss dafür meist zuerst einmal ein Single-Entry-Visum erstellt worden sein.»
Keine gescannten Unterschriften
Über ein solches Mehrfach-Visum verfügt auch Salma Shah. Sie ist Pakistani und besucht ihre Familie drei- bis viermal im Jahr im Nordwesten Pakistans. In ihrem Job hilft es ihr, dass sie Farsi, Pakistani, arabisch und Hindi spricht. «Wir sind sehr bemüht, einen guten Kontakt zu den Botschaften zu pflegen. Da hilft die Sprache natürlich.» Meistens aber, wenn es zu Verzögerungen kommt, liegen die Fehler auf Kundenseite. «Oft fehlt die Unterschrift im Pass, das Foto hat nicht die richtige Grösse oder ist uralt. Oder die Dokumente sind nicht vollständig. Eingescannte Unterschriften werden übrigens nirgends akzeptiert.»
Sind die Dokumente komplett, funktioniert die Erstellung der Visa für gewöhnlich gut. «Mit Assistentinnen, die Visa für ihren Chef beantragen, haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht», sagt Salma Shah. «Die Chefs selber sind meist schwieriger.»
Die Bestimmungen für die
vier wichtigsten Business-Visa:
Russland: Express-Service (24 Stunden) meist möglich, sonst mindestens zwei Wochen Wartezeit. Neben Pass, Antrags- und Auftragsformular müssen Geschäftsreisende eine Einladung haben (kann beim Visa-Dienstleister bezogen werden) sowie eine Reiseversicherung mit weltweiter Deckung. Die Krankenkassen-Karte genügt dafür nicht. Nötig ist die Kopie der Police oder ein Schreiben der Versicherung mit folgenden Mindestangaben: vollständiger Name, Geburtsdatum, Versicherten-Nummer, Gültigkeitsdauer und Angabe der Gültigkeit für Russland (oder weltweit). Auch diese Papiere können beim Visadienst-leister bezogen werden.
China: Kein Express-Service für Schweizer, Niederländer, Belgier, Luxemburger, Deutsche, Spanier, Portugiesen, Dänen, Finnen, Isländer, Österreicher, Norweger, Schweden, Griechen, Tschechen, Esten, Franzosen und Amerikaner. Nötig ist neben Antrags- und Auftragsformular und dem Pass für Geschäftsreisende auch eine Einladung. Die Visa-Dienstleister können diese zur Verfügung stellen.
Indien: Frühestens drei Monate vor Abflug. Der Antrag muss in Blockschrift und mit schwarzem Stift ausgefüllt werden. Nötig sind neben dem Pass zwei originale, farbige Passfotos im Format 5 x 5 cm, Zusatzformular für alle ausser Staatsbürger aus der Schweiz oder Liechtenstein, eine Kopie des Tickets oder eine Buchungs-bestätigung, eine Einladung und ein Introduction Letter der entsendenen Firma. Express-Visa (innerhalb 24 Stunden) sind nur für Schweizer Staatsbürger und nur für sechs Monate möglich, Jahresvisa werden nur mit einer entsprechenden Ein-ladung und einem bereits ausgestellten Visum für sechs Monate erstellt.
USA: Persönliches Gespräch auf der Botschaft über die Motivation und Hintergründe der Reise, um allfällige falsche Visabeantragungen aufzudecken. Beantragt zum Beispiel jemand ein Businessvisum, bräuchte aber ein Arbeitsvisum, würden den USA Steuereinnahmen fehlen und das Visum könnte verweigert werden. Die Visa-dienstleister übernehmen die Dateneingabe und den Datenupload und informieren für das Gespräch. Foto in Farbe, 5 x 5 cm. Für den gesamten Prozess müssen fünf bis sechs Wochen eingeplant werden.
- Quelle: www.allvisumservice.ch, 19. März 2014