Das Einmaleins der Kündigungen
Gründe für eine Entlassung gibt es viele. Doch es gibt auch einige Hürden, wenn sich ein Unternehmen von einem Mitarbeiter trennen will. Wer diese kennt und beachtet, vermeidet teure Konsequenzen und schützt die eigene Reputation.
Zum wiederholten Mal kommt eine Mitarbeiterin zu spät zur Arbeit, sehr zum Missfallen ihres Vorgesetzten. Denn dieser kommt dadurch für ein bevorstehendes Meeting in Bedrängnis. In seinem Ärger überlegt er sich, wie er sich am schnellsten von der Arbeitnehmerin trennen könnte und geht sämtliche Optionen durch:
Kündigung während der Probezeit
Während der Probezeit ist es am einfachsten, ein Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ist nichts anderes schriftlich vereinbart, gilt der erste Monat des Arbeitsverhältnisses als Probezeit und eine Auflösung kann mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen erfolgen. Probezeit und Kündigungsfrist können vertraglich abgeändert werden. Die Probezeit darf jedoch die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
Ordentliche Kündigung
Der Vorgesetzte kann seiner Mitarbeiterin ordentlich kündigen, sofern dies nicht während einer sogenannten Unzeit bzw. Sperrfrist (z. B. Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, Militärdienst) erfolgt. Das Gesetz (Art. 336c OR) schreibt bestimmte Fristen vor, während derer nicht gekündigt werden kann. Tut man dies dennoch, ist die Kündigung ungültig (nichtig) und muss zwingend nach Ablauf der Sperrfrist wiederholt werden. Tritt der Grund für eine Sperrfrist erst nach erfolgter Kündigung ein, wird die Kündigungsfrist unterbrochen und setzt erst wieder ein, wenn entweder das Ereignis, das die Sperrfrist ausgelöst hat, beendet ist oder aber die vom Gesetz festgelegte Maximalfrist überschritten wird.
Während der Probezeit finden Sperrfristen übrigens keine Anwendung. Das bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis in der Probezeit auch dann gekündigt werden darf, wenn die Arbeitnehmerin krank oder schwanger ist.
Wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes schriftlich geregelt ist, gilt gemäss Art. 335c OR im ersten Anstellungsjahr eine Kündigungsfrist von einem Monat, vom zweiten bis neunten Dienstjahr sind es zwei Monate und bei einem Arbeitsverhältnis von mehr als zehn Jahren sind es drei Monate, jeweils auf das Ende eines Kalendermonats.
Missbräuchliche Kündigung
Die Fristen sind jedoch nur das eine. Zu beachten ist auch der Kündigungsgrund. Das Gesetz (Art. 336 OR) zählt zahlreiche Gründe auf, die eine Kündigung als missbräuchlich, also als sachlich ungerechtfertigt, einstufen. Nicht gekündigt werden darf z. B. wegen einer Eigenschaft, die der anderen Person kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, sofern diese nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht oder die Zusammenarbeit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt (z. B. Geschlecht, Herkunft, Rasse, körperliche Merkmale, Glaube, sexuelle Orientierung). Wiederholte Unpünktlichkeit gilt nicht als persönliche Eigenschaft und beeinträchtigt die Zusammenarbeit schliesslich auch noch wesentlich.
Ein anderer Grund wäre die Ausübung verfassungsmässiger Rechte (hier sind vor allem die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Meinungs- und Informationsfreiheit und die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit relevant, die allesamt in der Bundesverfassung aufgeführt sind), aber Zuspätkommen fällt nicht darunter. Ein weiterer missbräuchlicher Grund wäre, die Kündigung auszusprechen, um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln (z. B. einen bald fälligen Bonusanspruch) oder weil die gekündigte Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht hat (z. B. Ferien, Nachsuchen einer Lohnerhöhung, Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen). Es gibt noch weitere Gründe (z. B. Leisten von Militär- oder Zivildienst, Mitgliedschaft bei einem Arbeitnehmerverband, Teilnahme an gewerkschaftlichen Aktivitäten, Massenentlassungen ohne Konsultation). Die Auflistung im OR ist nicht abschliessend.
Hier läge keine missbräuchliche Kündigung vor, wenn wegen des Zuspätkommens das Arbeitsverhältnis aufgelöst würde. Wäre der Grund jedoch ein anderer, eben ein missbräuchlicher, wären die Konsequenzen wie folgt: Der Arbeitnehmerin müsste auf Verlangen hin eine schriftliche Begründung zugestellt werden. Dann hätte sie Zeit, bis zum Ablauf der Kündigung Einsprache beim Arbeitgeber zu erheben und schliesslich müsste sie innert 180 Tagen nach Ablauf der Kündigungsfrist Klage einreichen. Würde der Richter die Kündigung tatsächlich als missbräuchlich einstufen, könnte er der Klägerin eine Entschädigung von bis zu sechs Monatsgehältern zusprechen.
Fristlose bzw. ausserordentliche Kündigung
Eine fristlose Kündigung kann nur ausgesprochen werden, wenn wichtige Gründe vorliegen, die eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für die kündigende Partei unzumutbar machen. Dies setzt also einen wirklich krassen Verstoss gegen den Arbeitsvertrag voraus. Zu solchen wichtigen Gründe zählen z. B. das Begehen von Straftaten gegen den Arbeitgeber, die beharrliche Arbeitsverweigerung, das wiederholte Fernbleiben von der Arbeit trotz Verwarnung oder die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen.
Ein wiederholtes Zuspätkommen reicht nicht aus, um fristlos zu kündigen. Es müsste sich um ein regelmässiges Zuspätkommen handeln, welches trotz Verwarnung weiter andauert, damit eine fristlose Kündigung in Erwägung gezogen werden könnte.
Läge ein wichtiger Grund vor, müsste eine fristlose Kündigung unverzüglich ausgesprochen werden. Je länger man zuwartet, desto eher erscheint es weiterhin als zumutbar, die Zusammenarbeit mit der unliebsamen Mitarbeiterin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzuführen.
Eine ungerechtfertigte fristlose Entlassung wäre dennoch wirksam und das Arbeitsverhältnis wäre per sofort beendet. Würde im Falle eines Prozesses der Richter aber zu Gunsten der Klägerin entscheiden, würde sie so gestellt werden, als ob das Arbeitsverhältnis ordentlich beendet worden wäre. Sie bekäme somit den Lohn, den sie erhalten hätte, wenn sie bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist hätte arbeiten können (inkl. Provisionen, Verlängerung aufgrund von Sperrfristen etc.). Anrechnen lassen müsste sie sich jedoch, was sie eingespart hat, weil sie nicht hat zur Arbeit erscheinen müssen. Obendrauf kann der Richter der Gekündigten noch eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zusprechen.
Eine unbedacht ausgesprochene fristlose Kündigung kann also sehr teuer werden!
Aufhebungsvereinbarung
Es besteht immer auch die Möglichkeit, dass sich beide Parteien im gegenseitigen Einverständnis darauf einigen, den Arbeitsvertrag unabhängig von Kündigungsfristen auf einen gewissen Zeitpunkt, d. h. auch sofort aufzuheben. Dafür müsste das Gespräch gesucht werden, um die Konditionen zu besprechen (z. B. Abfindungssumme, Freistellung, Ferien- und Überstundenabgeltung).
Schlussbemerkungen
In der Schweiz herrscht grundsätzlich Kündigungsfreiheit. Es ist in unserem Land einfacher, sich von einer Arbeitnehmerin zu trennen als beispielsweise in Deutschland. Dennoch gibt es zeitliche und sachliche Hürden, die die Willkür in Sachen Kündigungen etwas einschränken. Diese gilt es unbedingt zu beachten, ansonsten es den Arbeitgeber teuer zu stehen kommen und auch ein allfälliger Reputationsschaden entstehen kann.